Wahrheit

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Hello!

Ich habe mal das Wochenende genutzt und was Neues für euch geschrieben. Ich hoffe, euch gefällt das Kapitel!
Wünsche euch einen guten Start in die Woche!

Kapitelname: Wahrheit

Wörterzahl: 1464

Vorkommende Personen: Richard Kruspe, Till Lindemann, Paul Landers, Oliver Riedel, Flake Lorenz, Christoph Schneider, Mareike Lindemann

Sicht: Richard


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„Was wollen wir in dem Kinderbereich?", hakt Till nach.
„Abwarten", gebe ich nur als knappe Antwort.
Mit dem Fahrstuhl fahren wir zum richtigen Stockwerk. Die Intensivstation, mittlerweile schon mein neues zu Hause.
„Warum sind wir hier, Richard? Ist vielleicht was mit Khira oder Merlin?", will Till weiterwissen.
„Abwarten", wiederhole ich nur.

Kaum haben wir die Station betreten, drehe ich mich zu meinen Jungs.
„Gleich werdet ihr den Grund sehen, warum ich nicht mehr derselbe bin. Warum ich ständig müde bin, warum ich unkonzentriert bin, warum ich mit den Nerven am Ende bin. Ich werde es euch erklären, aber ihr müsst mich erklären lassen."
Wir bleiben vor der Tür stehen. Für die bessere Überwachung ist dort eine Glasscheibe, damit man hineinsehen kann. Mein kleiner Kämpfer liegt immer noch im künstlichen Koma und wird beatmet. Aber es soll ihm wohl langsam aber sicher besser gehen, was mich sehr freut.
„Richard, was...", jetzt fehlen Till die Worte, der Rest schweigt.
„Das, Jungs, ist mein Geheimnis. Mein Sohn Jona, er ist vier Monate alt und kämpft seither um sein Leben. Jeden Abend komme ich hierher und wache die Nacht über ihn, damit er weiß, dass ich da bin und dass irgendwann hoffentlich alles gut wird", mir kommen die Tränen.
„Wieso redest du denn nicht mit uns? Das tut mir...uns so unglaublich leid", Schneider umarmt mich ganz fest und ich kann nicht anders, als in Tränen auszubrechen.
Die Dämme brechen nach so langer Zeit. Eigentlich wollte ich nicht so oft vor ihm weinen, damit er merkt, dass ich für ihn stark bin. Schneider versucht mich zu trösten, aber ihm fallen keine Worte ein.
„Es hat mehrere Gründe, warum ich nichts gesagt habe. Ich weiß doch, wie wichtig das Album ist, da wollte ich keinem noch zur Last fallen...", beginne ich zu erklären, als ich mich etwas beruhigt habe.
„Dass ist doch keine Last, Reesh. Die Familie ist weit aus wichtiger als ein Album, grade in solchen Situationen", unterbricht mich Paul.
„Kann schon sein... Ich weiß nicht, wie ich das alles schaffen soll. Ich meine, bald kommen die letzten Konzerte. Aber ich muss doch da sein für ihn. Er hat doch nur mich."
„Entschuldige, dass ich frage, aber was ist denn mit deiner Freundin, also der Mutter?", fragt Till.
„Hat uns sitzen lassen, da war Jona einen Tag alt. Sie will dieses Leben nicht, kein behindertes Kind. Sie hat ihn einfach allein gelassen", mein Blick verfinstert sich und die Wut kommt wieder hoch.
„Was ist das denn für eine Fotze? Sorry, aber das geht gar nicht."
„Da kann ich Paul nur zustimmen. Ich mein, wir haben deine Ex-Freundin nicht gekannt, aber was für ein schrecklicher Mensch muss man denn sein?", auch Flake kann es nicht begreifen.
„Was hat Jona eigentlich?", fragt Olli vorsichtig.
„Ich weiß es nicht. Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen. Es gab Komplikationen, er hat nicht geatmet. Zwischendurch war es schon besser, aber er ist einfach zu schwach. Ich hoffe einfach, dass der Arzt mir in den nächsten Tagen sagt, dass er endlich allein atmen wird. Es ist mir egal, was er dann hat. Hauptsache er lebt. Ich würde alles für ihn tun, wirklich alles."
Ich sehe durch die Scheibe und seufze leise.
„Wenn du irgendwie Hilfe brauchst, bitte sag Bescheid. Wir sind für dich da, wir alle", Paul legt eine Hand auf meine Schulter.
„Danke, ich weiß das zu schätzen. Ihr seid die ersten, denen ich von ihm erzähle und es tut gut."
Alle umarmen mich einmal fest. Doch dann kommt Dr. Malchow auf die Station.
„Herr Kruspe? Ich wusste doch, dass sie schon da sind. Ich würde gerne mit Ihnen in meinem Arztzimmer sprechen."
„Wir gehen schon. Aber sag wirklich Bescheid", erinnert Till mich noch mal, dann verlassen die Jungs die Station.

Ich hingegen folge dem Arzt in sein Zimmer. Dr. Malchow nimmt hinter dem Schreibtisch platz. Ich bin recht gespannt, was er jetzt zu sagen hat, zumal ich keine Ahnung habe, ob es was Gutes oder was Schlechtes ist.
„Ich habe Neuigkeiten für Sie. Die letzten Tage waren durchweg positiv, wir werden Jona extubieren. Ich gehe sehr stark davon aus, dass es diesmal wirklich funktionieren und ab jetzt bergauf gehen wird."
„Das ist ja super", ich muss lächeln.
Vielleicht wird jetzt doch alles gut.

>=<

Wieder sitze ich auf diesem harten Stuhl und wieder bin ich eingenickt. Sie haben ihn extubiert, doch aufgewacht ist er noch nicht. Außerdem war ich viel zu erschöpft. Doch wie in einem Impuls erwache ich aus meinem Schlaf, kurz bevor ich etwas an meinem Finger spüre. Als wolle etwas danach greifen. Ich öffne die Augen und sehe sofort zu Jona, dessen kleine Hand meinen kleinen Finger umschlungen hat. Er wacht auf! Er wacht tatsächlich auf!
In dem Moment öffnet er seine Augen, bewegt die Hand wieder ein wenig.
„Hey mein kleiner Kämpfer. Bist du endlich wach", ich muss sofort lächeln.

Doch der Augenblick wird gestört, denn die Tür öffnet sich und Dr. Malchow kommt herein.
„Guten Morgen, Herr Kruspe. Oh, wie ich sehe, ist der kleine Mann erwacht. Wie schön", freut der Kinderarzt sich.
„Ich habe das langsam nicht mehr für möglich gehalten. Danke, Dr. Malchow."
„Sie sollten sich selbst danken, dass sie so mitgekämpft haben. Wie ich bereits sagte, es sollte jetzt langsam bergauf gehen. Jeder noch so kleine Schritt ist ein großer Erfolg. Aber jetzt sollte er Sie wirklich kennen lernen, dass haben Sie beide sich verdient. Ich schaue später noch mal nach Ihnen", der Arzt verlässt den Raum wieder.
Ich bin einfach glücklich in diesem Moment. Nichts, aber auch wirklich gar nichts könnte mir dieses Gefühl jetzt nehmen. Ich habe ein gutes Gefühl, vielleicht wird jetzt wirklich alles besser.

>=<

Leider war Jona nicht lange wach, nur wenige Minuten, dann ist er wieder eingeschlafen. Aber ich verüble es ihm auf gar keinen Fall. Vermutlich hat es ihm ziemliche Kraft gekostet. Aber ich bin mehr als erleichtert, dass es überhaupt geschehen ist.
Es klopft an der Tür, ich sehe durch die Scheibe, wer dort steht und es verwundert mich sehr. Denn es ist Mareike, Khiras Mutter.
„Herein."
Sie betritt das Zimmer mit besorgter Miene und mustert mich einige Sekunden, ehe sie den Mund aufmacht.
„Hallo Richard. Till hat mich informiert, warum du in den letzten Wochen noch weniger Zeit für Khira hattest als sowieso schon. Es tut mir so unglaublich leid, was geschehen ist. Hätte ich das gewusst... Dann hätte ich die SMS gar nicht geschrieben."
„SMS?"
„Oh, du hast sie gar nicht gelesen. Naja, du bist hast ja auch im Moment mehr als genug Sorgen. Wie geht es ihm?"
„Besser, viel besser. Er ist aufgewacht."
„Das freut mich. Ich bin eigentlich gekommen, um dir meine Hilfe anzubieten. Wann immer du mich brauchst, ich werde da sein und ich möchte, dass du das weißt. Egal was zwischen uns vorgefallen ist."
Ich muss lächeln und umarme sie fest. Eigentlich bin ich sauer auf Till, dass er Mareike, ohne meine Erlaubnis, von Jona erzählt hat. Jedoch tut diese weitere Umarmung grade ziemlich gut.
„Danke, dass ist wirklich lieb. Ich werde darauf zurückkommen."
„Geht es dir denn besser? Till sagte, du hattest wohl gestern einen Nervenzusammenbruch."
„Ehrlich gesagt habe ich gar keine Ahnung, wie es mir geht. Ich achte da nicht drauf, gibt Wichtigeres. Er ist wichtiger."
Mareike seufzt und sieht mich ernst an,
„Aber was hat er davon, wenn du dich kaputt machst? Dann hat er dich auch nicht mehr. Komm, ich fahr dich nach Hause und du ruhst dich aus, okay?"
Ich werfe einen Blick auf Jona, aber muss mir gleichzeitig eingestehen, dass sie recht hat. Also erhebe ich mich von meinem Stuhl.
„Ich komm morgen wieder, mein Kleiner."

Mit gesenktem Kopf verlasse ich das Zimmer, aber jetzt, wo ich stehe, fällt mir erst wieder auf, wie geschwächt ich doch eigentlich bin. Mareike geht neben mir her und hat ihren Arm mit meinem verschränkt, damit ich doch noch umkippe.
„Morgen sieht die Welt sicher schon viel besser aus", meint sie mit einem Lächeln.
„Ich vertraue dir da mal", gebe ich nur müde zurück.

Ich bin so müde, dass ich es nicht einmal mehr schaffe, meine Tür aufzuschließen. Mareike muss dies für mich übernehmen. Ich gehe gradewegs in mein Schlafzimmer, während Mareike sich wohl umsieht. Ich ziehe meine Kleidung aus und lasse mich auf das weiche Bett fallen. Wie lange habe ich hier drin nicht mehr geschlafen?
Ich decke mich zu und kuschle mich in Bettdecke und Kopfkissen. Direkt fühlt es sich gemütlich und entspannend an und es dauert nur eine kurze Zeit, bis ich in einen tiefen Schlaf verfalle.

A Reason To FightWhere stories live. Discover now