Chapter 1

35 1 2
                                    

Die Abgase stießen mir in die Nase. Menschen rannten an mir vorbei. Schreie, Gelächter übertönten das Dröhnen der Autos, die im Sekundentakt an mir vorbei fuhren. Unruhe breitete sich in mir aus. Noch nie war ich in solch einer Situation gewesen. Menschen aus allen Kulturen sahen mich genervt an und murmelten mir Worte entgegen, die wie von dem Lärm der Straßen verschluckt wurden. Hektisch war ein Adjektiv, welches diese Stadt sehr gut beschrieb. Wenige Menschen waren hier auf dem Fußweg ohne zu rennen. Die Meisten hatten es eilig oder wurden vom Strom mitgezogen. Und da stand ich, mitten auf dem Fußweg, im Strom der Menschen, verloren im Big Apple. Was führt ein 16 jähriges Mädchen ganz allein aus London nach New York? So richtig weiß ich das auch noch nicht. Das einzige was ich weiß ist, dass ich meine Eltern überreden konnte ein Auslandsjahr in New York zu machen, ohne jemanden zu kennen. Ich war jetzt komplett auf mich allein gestellt und bei diesem Gedanken füllten sich meine Augen wieder langsam mit Tränen. „Du darfst jetzt keine Schwäche zeigen Mia...", dachte ich mir und versuchte meinen Puls wieder relativ ruhig zu bekommen. Ich nahm meine zwei großen Koffer in die Hand und setzte meinen Gang wieder fort, in der Hoffnung mich hier nicht zu verlaufen. Die erste Herausforderung ist, meine Gastfamilie zu finden, in der ich jetzt für ein Jahr untergebracht bin. Das einzige was ich von ihnen weiß ist, dass es ein junges Pärchen ist, die in Brooklyn lebt und einen kleinen Hund hat. Erstmal keine schlechten Voraussetzungen. Gesprochen habe ich sie noch nie, was hoffentlich kein Problem ist. Ich bekam nur wenige Informationen über meine Gastfamilie. Sie sind beide Künstler und haben ein Atelier plus Gallerie. Hinter einer Ecke blieb ich stehen und holte mein Handy hervor um mir den Weg noch einmal anzusehen. „Noch um zwei Ecken und dann müsste es da sein.", sagt ich mir ganz leise. In einer etwas ruhigeren Straße sah ich ein rotes Backsteingebäude, welches wie ein Hochhaus aussah, nur eben aus Backsteinen. Hier in Brooklyn sehen viele Gebäude so ähnlich aus und es gefiel mir echt gut.
Je näher ich dem Eingang des Gebäudes kam wackelten meine Beine immer mehr. Mein Puls fing an zu rasen und ich merkte wie mir langsam die Spucke im Mund wegblieb. Und da stand ich nun. Vor einer dunkelgrauen Eisentür, die den Weg in das Haus versperrte. Nach einigen Blicken fielen mir nun die Klingelschilder ins Auge, die mehr waren als ich dachte. „Wie passen denn in dieses Haus so viele Menschen?", murmelte ich vor mich hin. „Brown..., Silver..., ah da sind sie ja !" Das dritte Klingelschild von oben war das meiner Gastfamilie. In schwarzen Großbuchstaben stand auf einem kleinen Schild : „FIELDS & LACK". Anscheinend sind sie nicht verheiratet. Nach zwei tiefen Atemzügen drückte ich mit zitternden Händen den Knopf herunter und ein schriller Ton erklang. Nach wenigen Sekunden, die sich meiner Meinung nach wie Minuten anfielen, ertönte eine tiefe Männerstimme. „Hallo ?.... Hallo? Ist da jemand ?" Wie in Trance nahm ich die Stimme die aus dem Lautsprecher tönte nicht so richtig war. Doch nach einigen Sekunden schüttelte ich mich kurz durch und antwortete schließlich: „Hi, ich bin Mia. Mia Roberts aus England. Hier soll meine Gastfamilie wohnen. Bin ich hier richtig?"
„Hallo Mia ! Ja, du bist hier richtig. Warte ich mache dir auf und komme nach unten. Dein Gepäck ist bestimmt schwer." Erleichtert drückte ich die Tür beim Summen des Türsensors auf. Vor mir war eine riesige Treppe und warte mal. Ist hier kein Aufzug?! Von draußen sah es so aus, als hätte dieses Gebäude mindestens 5 Stöcke... In England gab es schon bei 2-3 Stöcken einen Aufzug. Ich hörte eine Tür die sich in etwas Entfernung öffnete und geschlossen wurde. Schließlich wurden Schritte auf der Treppe immer lauter und ein großer Mann mit braunen Haaren und Dreitagebart kam um die Ecke. Er sah sehr freundlich aus und lächelte mich sofort an, was mir nochmal ein bisschen Aufregung abnahm.
„Hallo Mia. Schön, dass du da bist. Kessy und ich sind schon die ganze Zeit aufgeregt. Ich bin John und herzlich willkommen in New York. Bist du gut angekommen?" Er fing sofort an mit mir zu reden und hatte gar keine Scheu, was mir sehr gefiel. Ich fühlte mich gleich willkommen. „Hallo ich bin Mia. Der Flug war sehr lang, aber ganz entspannt. Es gab keine Turbulenzen." „Das ist doch schön. Komm, ich helf seit erstmal den Koffer hoch zu tragen. Dann stell ich dir Kessy vor und wir zeigen dir das Apartment. Okay?" Mit einem Lächeln übergab ich ihm meinen Koffer und nickte nur. Den Rucksack und die Kulturtasche nahm ich und folgte ihm. Ich hatte das Gefühl die Stufen würden niemals enden. Es wurden immer mehr. Wieder um die Ecke und noch mehr Stufen. Es war alles noch viel größer, als ich es von außen gedacht habe. Mittlerweile habe ich aufgehört zu zählen und fing an immer schneller zu atmen.
„So, da sind wir. Herzlich willkommen im 7. Stock in unserer bescheidenen Wohnung. Ich hoffe es gefällt dir." Er nahm einen Schlüssel aus seiner Hosentasche und schloss die Tür auf. Ich hatte das Gefühl alles würde in Zeitlupe ablaufen. Nur, ich konnte es einfach nicht mehr abwarten. Schließlich kam das Apartment zum Vorschein und ich hatte das Gefühl ich wär in einem Film oder in einer Serie. Ich war noch nie zufrieden in New York und kannte nur alles aus Filmen oder Serien. Es war wie in Gossip Girl und Friends. Es war eine Mischung und ich liebte es. Er hielt mir die Tür auf und ich trat ein. Auf der anderen Seite des Flures stand eine Frau mit langen blonden Haaren, die in zwei lockere Flechte Zöpfe geflochten waren. Dazu trug sie eine typische blaue Jeans Latzhose, die ihr super stand. Sie strahlte mich mit einem perfekten Lächeln an. „Du musst Kessy sein richtig ? Ich bin Mia." Ich ging zu ihr hin und wollte ihr gerade die Hand schütteln, da umarmte sie nicht und antwortete: „Ja, richtig. Schön, dass du da bist. Ich freue mich schon seit Ewigkeiten dich kennenzulernen. Stell erstmal deine Sachen ab und ich zeig dir erstmal alles." Ich platzierte Rucksack und Kulturtasche neben der Garderobe, die sich rechts neben der Eingangstür befand und folgte ihr voller Spannung. Die Decken waren ungewöhnlich hoch, was ich sonst nur von Villen kannte. Selbst in den Haus gab es manche Wände, die von den roten Backsteinen geschmückt waren. Für zwei Leute war dieses Apartment recht groß. Plötzlich hörte ich Hundegebell und da fiel mir ein, dass sie ja einen kleinen Hund hatten. Das Bellen wurde immer lauter und da kam mir plötzlich ein kleiner weiß-brauner Hund entgegen der mich sofort ansprang. „Hallo, wer bist du denn?" Ich selber habe zu Hause auch einen Hund, den ich jetzt schon bei dem Anblick dieses Hundes vermisse. „Das ist unser kleiner Hund Schelcy. Sie ist ganz lieb, aber immer aufgeregt wenn ein neuer Gast bei uns ist. Mach dir also keine Gedanken. in einer halben Stunde ist sie nicht mehr so nervös." Wir gingen von einem Raum zum Anderen. Ich war sehr gespannt wo ich schlafen werde. Ob ich wohl einen eigenen Raum habe? Ich hoffe mal, weil ich denke, dass es für ein Jahr seh eng werden könnte, wenn ich nur auf dem Sofa oder so schlafe. „Bis jetzt haben wir alles gesehen, aber du bist bestimmt gespannt wo du schläfst oder?" Kann Kessy meine Gedanken lese? „Ja, ich bin schon ein bisschen nervös... Schlafe ich auf der Couch?" Ich war noch nicht fertig mit erzählen, da brach Kessy in Gelächter aus. „Nein! Du hast ein eigenes Zimmer. Sonst hätten wir das gar nich gemacht. Es ist unsere Gästezimmer, wo sonst immer unsere Familien drinnen schlafen, wenn uns jemand besucht. jetzt ist es dein eigenes kleines Zimmer. Es ist nich groß, aber hat eine kleine Kommode, wo du deine Sachen reinpacken kannst." Wir gingen weiter und im Inneren war ich erleichtert, was ich mir aber nicht nach Außen anmerken ließ. Am Ende des Flures war eine Tür, die wir bis jetzt noch nicht geöffnet haben. Wir standen davor und mein Herz fang wieder an etwas schneller zu schlagen. Ich nahm die Klinge in die Hand und drückte sie runter...

One Year Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt