Paris

141 13 1
                                    

„Wirklich romantisch, nicht wahr, Brüderchen?", fragte Andres de Fonollosa.

Auf der anderen Seite der Seine erstreckte sich der Eiffelturm in den Himmel. Er stand auf dem Trocadero - Platz und sah das riesige Bauwerk beeindruckt an.

„Ganz bezaubernd...", murmelte Sergio als Antwort auf die Frage seines Bruders. Er stand mit verschränkten Armen hinter Andres und fühlte sich sichtlich unwohl. „Nur etwas voll."

Andres lachte. „ Das ist ein beliebtes Touristenziel, Sergio."

Dieser stand nun auf und trat näher an seinen Bruder heran. „Du hast mich den ganzen Weg hierher geschleppt, Andres, würdest du mir jetzt bitte sagen, was du hier vor hast? Den Eiffelturm bekommst du wohl kaum über die Grenze."

„Das wäre mal eine echte Herausforderung, findest du nicht?"

Sergio verdrehte die Augen. Touristen strömten in Richtung des Pariser Wahrzeichens, Fotoapparate knipsten und Reiseführer riefen mit erhobener Fahne nach den letzten Teilnehmern ihrer Gruppe.

„Seit Tagen gehst du immer wieder zu diesem Platz, Andres. Seit Tagen schaust du dir die Touristen an und seit Tagen sagst du mir nicht, was du vorhast."

Andres blickte zuerst auf seine Armbanduhr, dann sah er seinen Bruder an. Dann sagte er mit einem Grinsen: „Sieh nach links... zu der kleinen Bäckerei an der Ecke... In genau 30 Sekunden wird dort ein Mann vorbeilaufen. Dunkle Haare-"

„Dort sind Hunderte Menschen!", unterbrach Sergio Andres aufgebracht, wandte jedoch den Blick nicht ab.

„Lass mich ausreden... Er hat dunkle Haare, trägt eine Sonnenbrille und einen dunkelroten Mantel."

„Einen Mantel? Aber was-"

Doch Sergio verstummte plötzlich, denn in diesem Moment hatte sein Blick den Mann gefunden. Er schlängelte sich zwischen den Menschen hindurch bis zu der Bäckerei an der Ecke. Er betrat den Laden.

„Was ist mit ihm?", wollte Sergio wissen.

„Er ist ein gesuchter Verbrecher. Martin Berrote.", meinte Andres und lächelte. Sergio erkannte ein Funkeln in seinen Augen. „Ich beobachte ihn schon eine Weile und er ist absolut genial."

„Warum?"

„Er ist Argentinier, hat dort schon Raube begangen, vorwiegend kleiner Delikte, aber eines hat mich aufmerksam gemacht...Er hat Schmuck im Wert von 80.000 Euro aus einem Juwelier in Buenos Aires gestohlen", Andres machte eine bedeutende Pause „Aber ohne, dass jemand bemerkt hat, dass etwas fehlt. Erst zwei Wochen hat man das Verschwinden bemerkt."

Sergio sah seinen Bruder ungläubig an. „Bitte sag mir nicht, dass wir wegen ihm in Paris sind..."

„Oh doch, das sind wir. Er hat einen neuen Plan und ich will wissen, was er beinhaltet. Ich denke wir beide können noch viel von ihm lernen, geliebter Bruder."

„Dann geh und sprich mit ihm."

„Berrote ist ein gebildeter Mann, er lässt nicht jeden an sich heran. Nur schlau, wenn du mich fragst. Könnte sein, jemand will Details über ihn und seine Aktivitäten erfahren."

„Wie kommst du dann darauf, dass er dich in seine Nähe lässt, geschweige denn, dass du ihm bei seinem Plan helfen darfst?"

Seine Neugier...Er hat längst bemerkt, dass ich ihn beobachte, glaub mir..."

Sergio sah zu der Bäckerei und sah, wie Martin Berrote mit einem Kaffee in der Hand heraustrat und über die Straße zum Trocadero Platz lief. Er nippte an dem Pappbecher und nur für den Bruchteil einer Sekunde sah Berotte zu der selben Stelle, an der Andres und Sergio standen.

Irgendetwas an ihm störte Sergio sofort, er konnte nur nicht sagen, was. Eigentlich konnte er sich keine Meinung bilden, schließlich sah er nur eine mehr oder weniger vermummte Gestalt in einem warmen Mantel an einem lächerlich heißen Tag.

Sergio verfolgte ihn mit seinem Blick, ebenso wie Andres. Doch nach einem Augenschlag war er in der Menge verschwunden. „Wo ist er?", fragte Sergio.

„Weg", sagte Andres nur feixend. „Vermutlich gefällt ihm nicht, dass ich dich mitgebracht habe... Er wird heute nachmittag an der Champs - Elysee auftauchen, sich dort auf eine Bank setzen und das Treiben beobachten. Allerdings habe ich keine Ahnung, was er genau beobachtet..."

„Andres, ich hoffe du hast einen guten Grund so einen Narren an ihm gefressen zu haben."

„Das werde ich hoffentlich heute Abend erfahren."

„Heute Abend?"

„Ja, ich werde heute Abend auswärts essen, lieber Bruder." Andres gab ihm einen Klaps auf den Rücken. „Warte nicht auf mich."

„Woher weiß ich, dass er dich nicht umbringt?", fragte Sergio und Andres lachte auf.

„Tja, das weiß keiner so genau, oder?"

FallingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt