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,,Doch nach jedem Bergauf musste es auch Bergab gehen, oder?", fragte ich nur leise ohne eine Antwort zu erwarten. Einmal musste ich tief durchatmen, bevor ich weiter reden konnte. ,,Die Party, oder eben der Ball ging bis nach Mitternacht. Es war spät als ich noch den anderen wenigen, die nicht bis oben hin voll waren half etwas aufzuräumen und versprach am kommendem Mittag zu helfen die ganze Unordnung zu beseitigen. Daraus wurde nie etwas." Kurz blickte ich vom Sonnenuntergang zu meinem Gegenüber, welcher einen mitfühlenden und gespannten Gesichtsausdruck trug.

,,Naja.", setzte ich erneut an, ,,ich musste meinen Freund beinahe ins Auto tragen und anschnallen, damit er nicht während der Fahrt im Wagen herum krabbelte. Ich war einfach nur fertig, doch er schien noch putzmunter zu sein.", sagte ich. Das letzte mal in seinem Leben. ,,So machte ich mich mit ihm auf den Heimweg.", verließen die Worte leise meinen Mund, während ich mir schnell eine Träne aus dem Gesicht wischte, von der ich hoffte, sie würde unbemerkt bleiben. 

,,Sobald wir losfuhren drehte er die Musik auf volle Lautstärke und ich würde Lügen, würde ich behaupten, es hätte mich nicht abgelenkt. Der Weg von der Schule zu ihm nach Hause war nicht sonderlich lang, doch in dieser Nacht kam es mir so vor, als hätte er sich verzehnfacht. Unser Weg führte uns auf eine relativ stark befahrene Hauptstraße." Tief holte ich Luft und konnte meinen Freund nicht weiter ansehen. 

,,Ich versuchte mich zu konzentrieren, meinen Führerschein hatte ich erst seit einem halben Jahr. Doch er lenkte mich ab, immer und immer wieder, bis er sich schließlich abschnallte und hoffte er würde auf der Rückbank sein Handy finden. I-ich versuchte ihm einzureden er solle sich wieder anschnallen, doch er hampelte nur weiter herum.", kamen die Worte langsam aus mir heraus.  Mein Blick wanderte erneut zu meinem geduldigen Gegenüber und ich spürte wie sich Frust gefolgt von Tränen in mir sammelte. 

,,I-ich wollte doch nur das er sich wieder hinsetzt.", sagte ich leicht verzweifelt, während eine diesmal eindeutige Träne meine Wange herunter kullerte. Leicht verwundert schaute ich zu San, als dieser aufstand und sich schließlich neben mich setzte. Ich schaute zu ihm hoch und dankte es ihm, dass er mir seine nähe schenkte. Langsam legte er seine Hand auf meine und schaute mich einfühlsam an, woraufhin ich fortsetzte.

,,Er setzte sich jedoch nicht wieder hin.", sagte ich, schluckte und kramte in meinen Erinnerungen um ihm alles zu erklären. ,,Ich war aufgebracht und wollte mit meiner freien Hand sein Handy, welches wie er geahnt hatte, auf der Rückbank lag, holen. E-es passierte alles in Zeitlupe u-und ich erinnere mich an den lauten Aufprall, als mir das Lenkrad aus der Hand rutschte."

Der Gedanke an all das ließ weitere Tränen meine Wangen herunter rollen. ,,Wooyoung.", sagte San leise und schaute mir tief in die Augen, ,,das war doch nicht deine Schuld-", versuchte er zu erwidern, doch ich unterbrach ihn. ,,Nein, lass mich erst zu Ende erzählen." Er nickte und ich schluckte bevor ich weiter redete. ,, Die Airbags gingen auf, als wir auf die Fahrbahn der falschen Seite gelangten und uns einige male überschlugen. Ich dachte das wars.", sagte ich leise und nickte um meine Worte zu untermauern, ,,und ich wünschte es wäre so gekommen."

,,Sag sowas nicht.", sagte San und versuchte meine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Kurz schaute er mir in die Augen, ,,du bist noch hier und darüber solltest du mehr als nur dankbar sein." ,,Nein.", erwiderte ich, ,,könnte ich tauschen, wäre ich an seiner Stelle von uns gegangen. Mit seinem verschwinden, verschwand auch so viel in mir, weißt du?" Mit tränenden Augen schaute ich zu ihm und dachte erneut das wars. Er würde aufstehen und verschwinden, doch das tat er nicht.

Umso verwunderter war ich, als ich seine Arme spürte und meinen Kopf auf seiner Schulter ablegte, als er mich umarmte. ,,D-du verstehst das nicht, sagte ich. Ich bin für seinen Tod verantwortlich. I-ich hab ihn umgebracht.", entgegnete ich und schluchzte leise, erwiderte die Umarmung und drückte ihn an mich. ,,Nein.", sagte er, ,,der Alkohol war es, nicht du." 

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 E N D of the B E G I N N I N G || WoosanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt