Buchstabenklangspiel

Was wäre, wenn...

Du fragst mich, was wäre, wenn ich mir niemals wieder Sorgen machen müsste, um Geld, das Leben, das Wohnen, das Existieren, wenn immer alles da wäre, was ich bräuchte, wenn ich auf nichts verzichten müsste, das notwendig ist, wenn Geld und Besitz keine Rolle spielen würden.

Und ich sage dir, dass ich es nicht weiß.

Du fragst mich, wie ich mich fühlen würde, wenn ich Unterstützung für jedwede meiner Pläne bekommen würde, wenn ich mir nie wieder Sorgen darum machen müsste, ob ich genug Ressourcen habe, um etwas zu schaffen, genug Geld, um etwas durchzuziehen, genug Rückhalt, falls ich doch verzweifle und abbrechen will.

Und ich sage dir, dass ich es nicht weiß.

Du fragst mich, was ich tun würde, wenn ich niemals scheitern könnte, wenn kein Fehler, den ich mache, je auf mich zurück fällt, wenn es keine negativen Konsequenzen haben würde, dass ich diese eine Prüfung nicht schaffe, dieses eine Projekt verhaue, diese eine schlechte Idee habe, diese eine Umsetzung komplett schief gelaufen ist, ich diese eine Entscheidung getroffen habe, die absolut nicht richtig für mich war.

Und ich sage dir wieder, dass ich es nicht weiß. Doch ich sehe, dass du merkst, dass ich eben doch etwas im Kopf habe, etwas denke, etwas liebe, von etwas träume, von dem ich nicht weiß, ob ich es wirklich je wagen könnte.

Deshalb machst du weiter.

Du fragst mich, was passieren würde, wenn kein Druck auf mir lasten würde, wenn es nicht von mir erwartet werden würde, möglichst schnell erfolgreich zu werden und immer weiter und weiter und weiter zu machen und nach oben zu steigen, bis ich nicht mehr weiter kann, wenn man nicht von mir erwarten würde, dass ich mich kaputt machen muss, um wirklich erfolgreich zu sein, wenn niemand um mich herum Erwartungen an mich hätte, von denen ich weiß, dass ich sie nicht erfüllen kann, wenn ich nie das Gefühl hätte, ich würde jemanden enttäuschen, wenn es nicht nur für mich okay wäre, so zu leben, wie ich will, sondern für alle anderen auch.

Und ich weiß, dass du mir nicht glaubst, doch trotzdem sage ich dir, dass ich es nicht weiß.

Ich sehe wie du verzweifelt versuchst, noch etwas zu finden, einen Satz, eine Frage, ein Szenario, irgendetwas, dass dazu führt, dass ich ehrlich bin, dass dazu führt, dass du herausfindest, was ich eigentlich gerne sagen würde.

Also fragst du mich ein letztes Mal.

Was wäre, wenn ich alles tun könnte, was ich jemals wollen würde?

Diese Frage klingt so einfach und ist doch so schwer. Ich weiß nicht, was du von mir erwartest. Was soll ich dir sagen? Soll ich dir meine Träume und Wünsche offen legen, obwohl ich genau weiß, dass ich diese nicht durchziehen werde? Soll ich dir das Ziel zeigen, für das ich mich nicht zu arbeiten traue, für das ich kein Risiko eingehen will, das so viele andere Leute außer mir ebenfalls verfolgen wollen würden, wenn du ihnen diese Frage stellst, das mich so unsicher macht?

Denn ich weiß, ich könnte es schaffen. Wenn ich alles hineinstecken, etwas riskieren, mein Herz und meine Seele aufopfern und ehrlich sein würde, meinen Kopf frei machen von Sorgen oder eben meine Sorgen nutzen würde, um weiter zu kommen, mich allem zu stellen, der Ungewissheit, der Unsicherheit, der Kritik und der Unzufriedenheit und dem Scheitern?

Es ist eine schöne Welt, die du mir da beschreibst, in der Hindernisse einfach zu überwinden sind, in der selbst die größten Fehler nur zum Lernen da sind und dich nie so weit zurück werfen könnten, dass du nicht wieder aufstehen kannst, in der nichts zählt, außer dem, was uns glücklich macht. Aber es ist nun einmal eine Welt, die nicht existiert, die wir niemals erreichen können. Wenn wir uns unsere Wünsche erfüllen wollen, müssen wir Risiken eingehen, müssen wir mit Druck und Erwartungen umgehen, die viel zu stark und zu hoch sind, müssen wir uns darauf einstellen, dass es eben doch nicht klappt und dass wir, wenn wir uns wirklich voll und ganz dem widmen, nichts haben, was wir noch tun können, sobald wir scheitern.

Und du willst mir wirklich vorwerfen, dass ich Angst habe?

Ich sage dir, dass ich es nicht weiß. Und dann gehe ich.