𝖨𝖱𝖦𝖤𝖭𝖣𝖶𝖠𝖭𝖭. | 𝑱𝑨𝑴𝑼𝑳𝑬.

𝖨𝗋𝗀𝖾𝗇𝖽𝗐𝖺𝗇𝗇 𝟤𝟢𝟣𝟨 . .

Irgendwann 2016. Mitten im Herzen von Essen.

Jamal und seine Jungs laufen wie gewohnt durch die kühle Nacht im späten September. Fast jeder von ihnen hat eine Zigarette in der Hand. Fast jeder von ihnen eine Flasche Bier.

Sein Blick geht um her. Er schaut jede der Häuserfassaden genauestens an. Mittlerweile kennt er die Stadt besser denn je. Aufgewachsen in Kray - doch fast jeden Tag im Hauptzentrum.

Zu solch einer Uhrzeit ist fast keiner mehr unterwegs. Nur die Partygänger - die ihren Weg in die Kneipen, Bars oder Clubs einschlagen - sind zu sehen. Viele junge Frauen, aufgetakelt in ihren kurzen Röcken und Kleidern. Junge Männer tragen Hemd oder einwandfreie T-Shirts.

Doch Serrano ist keiner von ihnen.

Er trägt eine graue Jogginghose, einen weißen Pullover und weiße Nike Air Force. Seine Sneaker sind nagelneu und so behandelt er sie auch. Ein dreckiger Fleck und er sucht nur nach Putzmaterial.

„Ey, sollen wir auch feiern gehen?", ruft einer seiner Jungs, welcher weiter vorne läuft und dreht sich zu ihnen um. „Hab gehört Essence hat eine Veranstaltung."

„Bruder", lacht ein anderer von hinten. Man merkt ihm an, dass er schon einige Flaschen zu viel getrunken hat. „Guck uns mal an, wir kommen nicht mal rein, selbst wenn wir passend angezogen wären."

Und er hat Recht. Sie sind zu viele und keine Frau würde sie mit reinnehmen. Egal, wie sehr sie auch betteln würden. Heutzutage empfinden Frauen dies als Anmache.

„Kommt schon", versucht er wieder und so fängt eine Diskussion an. Beide argumentieren alles, was ihnen einfällt. Die anderen drei hören ihnen nur stumm zu.

Wahrscheinlich haben Jamal und die drei nicht einmal Lust auf feiern gehen. Auch wenn Essence eines der besten Clubs hier im Ruhrpott ist - sie haben den Raum nur ein paar Mal von innen gesehen.

„Wir können zu mir", schlägt dann Osman vor. „Also in den Keller, ihr wisst schon."

Und diesen Vorschlag nimmt auch jeder ohne Widerworte an.

Gemeinsam machen sie sich auf den Weg zum Hauptbahnhof, um von dort aus den Bus zu Osman zu nehmen. Er wohnt ebenfalls in Kray. Genau so wie der Rest der Jungs. Alle außer Mo und David. Denn Mo lebt in Altendorf. Dort wo auch einer der Rapper - und auch Schauspieler stammt - Veysel. Und David ist aus Düsseldorf, schläft aber heute bei Jamal.

„Ey", ruft Osman zu den Jungs, welche schon um die Ecke am Hauptbahnhof zu den Bussen laufen wollen. Er und Jamal bleiben vor der amerikanischen Fast Food Kette mit dem neongelben M stehen. „Geht ihr schon mal vor, ich hab Hunger auf Chickenburger."

Kurz sehen Mo, David und Dren zum braunhaarigen Jungen, der neben Osman steht. „Gehst du mit?", stellt Dren ihm die Frage, die sich alle denken.

„Hab Bock auf ein Milkshake", antwortet er ihnen dann schulterzuckend.

Somit trennen sich ihre Wege für einen Moment.

Osman und Jamal stehen bereits seit zehn Minuten an der Kasse und warten auf ihre Bestellung. Jamal schaut sich immer wieder mal um. Ein paar Mal blickt er auch auf sein altes iPhone 6s, um nach der Uhrzeit zu sehen. Ihr Bus würde in weniger als zehn Minuten an der Haltestelle sein und los fahren.

„Geht das nicht etwas schneller?", brummt Issa Serrano ungeduldig auf und lehnt sich gegen den Tresen der Kasse ab. Geduld ist noch nie eine seiner Stärken gewesen. Und das weiß jeder.

Osman sieht ihn amüsiert an und schüttelt kurz mit dem Kopf. Keine Minute später bekommen beide auch eine große Tüte und ein Becher Milkshake vor ihnen gestellt.