Pupertät, Adoleszenz oder Selbstfindung

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Ich erinnere mich noch, da war ich etwa zwölfeinhalb. Ich war mit meinen Haaren unzufrieden. Meine Tante sagte zu mir folgendes: "Nur noch fünfeinhalb Jahre voller Selbstzweifel." Sie spielte darauf an, dass ich mit achtzehn aus der Pupertät, die ja  voller Selbstzweifel ist, dann beendet ist und ich erwachsen sei. 

Aber jeder, der zumindest 16 ist, kann das wahrscheinlich wiederlegen. Denn mit achtzehn ist man wahrscheinlich noch lange nicht "erwachsen" oder weiß nicht unbedingt was man will? Woher auch. Man macht Erfahrungen. Die einen machen schon mit fünfzehn eine Ausbildung und verlieben sich in den Beruf. Die anderen machen zwanzig Praktika. Wieder andere studieren jahrelang. Vielleicht sehen sie sich unterschiedliche Studiengänge an. 

Und klar ist es normal auch unsicher zu sein. "Ist es das was ich will?" Auch der Krach mit den Eltern hört nicht unbedingt mit dem achtzehnten Geburtstag auf. Ich kann da nur aus eigener Erfahrung sprechen. Dieses Buch ist ja kein wissenschaftlich, eher ein anekdotisch aufgebautes Buch. 

Also hier die Gegenbeispiele, dass bestimmte Sachen nicht aufhören.

ich war mit siebzehn ein Jahr in Irland. Beziehungsweise wurde ich im August siebzehn und bin elf Tage später geflogen. Dort verbrachte ich neun Monate und kehrte Anfang Juni nach Deutschland zurück. Ein Jahr im Ausland ist ein Jahr der Selbstfindung. Gerade weil es oft junge Menschen machen, hört man das immer wieder. Davor hatte ich gerade meine Mittlere Reife geschafft. Und es kam häufig zu Streit daheim. (War jetzt nicht der Grund weshalb ich ins Ausland bin. Ein Grund war hauptsächlich, dass ich mal von diesem Alltag wegkommen wollte.)

Im Ausland gab es natürlich auch Alltag. Aber das ist eine andere Geschichte. Ich freute mich am Ende auf Daheim und dachte: "Jetzt war ich weg und weiß, wie schön es daheim auch ist und jetzt kann ich daheim endlich glücklich sein!"

Aber schon am zweiten Tag gab es Streit mit  mehreren Familienmitgliedern. Zu anderen, gerade zu den jüngeren Familienmitgliedern, wie die meines Bruders oder Cousins, war die Bindung tatsächlich stärker und wir unternahmen viel.

Hinzu kam, dass ich mich in der Zeit nach dem Ausland oft einsam fühlte. Ich war zwar froh über die Freunde die ich im Ausland gefunden hatte und über die deutschen Freunde, die mir geblieben waren, aber etwas fehlte. Und so kam es regelmäßig zum Zoff in der Familie. Ich war dann auch fast achtzehn und hatte noch keinen Führerschein. Mit meinen ersten Fahrlehrer hatte ich gleich ein Problem. Ich stellte mich offenbar nicht gut genug an in seinen Augen. 

Und mit fast achtzehn empfand ich das als schrecklich, weil ich endlich mal ein bisschen selbstständiger sein wollte.

So fühlte ich mich, auch wenn es komisch klingen mag, wieder wie eine Vierzehnjährige. Oder meinetwegen auch Sechzehnjährige. Und dabei hatte ich gedacht, dass ich in diesem Jahr gereift war.

Wir halten also fest. Persönlichkeitsentwicklung ist gut, kann aber auch schnell wieder kaputt gehen, wenn sie noch nicht stabilisiert ist. In dem Jahr nach dem Auslandsjahr fand dieser Stabilisierungsprozess bei mir statt und kann jetzt sagen, dass ich mir dies nicht mehr so leicht kaputt machen lasse!


Aber warum reden wir überhaupt von Pupertät? Wenn ein Selbstfindungsprozess ja völlig normal ist? Auch noch mit Mitte 20? Ich meine manche Erwachsene finden sich mit 55 nochmal komplett selbst.

Pupertät ist lediglich der körperliche Prozess. Bartwuchs, Periode...

Und weil mit 13-14 alles erst so richtig losgeht, kommt es zu Stimmungsschwankungen. Und mit zwanzig ist man im Prinzip immer noch hormongesteuert. Nur ist man irgendwann vernüftiger. Oder geht den Stimmungsschwankungen nicht gleich nach. Ich muss zum Beispiel sagen, jetzt wo ich neunzehen bin, rege ich mich immer noch manchmal über unnötiges auf. Aber ich weiß, wenn ich ein paar Sekunden oder Minuten nicht darauf eingehe, dass es mir eigentlich egal ist. Das ist es im Prinzip, was einen sagen wir mal Achtzehnjährigen von einer Vierzehnjährigen unterscheidet.

Wobei sich hier die Frage stellt: Wenn ein zwanzigjähriger Student saufen geht, ist das nicht auch eine Aktion die ein junger Mensch macht auf dem weg zur Selbstfindung, wie wenn man mit dreizehn heimlich rausgeschlichen ist? 

Heimlich Tatoos und Piercings stechen, Haare färben, verbotene Dinge tun, auf Züge klettern...

Junge Menschen suchen oft den Kick. Adrenalin. Der Unterschied ist nur, mit achtzehn darf man die Sachen endlich machen, die einen mit sechzehn verboten wurden. Dazu zählen natürlich nicht dumme Dinge, die lebensgefährlich sind oder illegal. Oder jemand anderen schaden. Was natürlich auch einen Menschen der Anfang zwanzig ist, es besser wissen müsste, nicht davon abhält manchmal genauso gedankenlos zu handeln wie der Teenager. Gilt natürlich nicht für alle. 

Letztendlich lässt sich sagen, es lässt sich nicht so genau sagen. Aber manche Menschen sind ihr Leben lang pupertär und machen "dumme Dinge".

Die Frage danach wer man ist und Dinge auszuprobieren würde ich eher als Selbsfindung oder Persönlichkeitsentwicklung beschreiben. Ich finde dieses Thema viel zu schön um es mit der Pupertät auf einen Haufen zu werfen. Der Übergang ist fließend, aber ich würde diesen Prozess bei der 16+ Gruppe eher als Adoleszens oder Selfstfindung betiteln.

Tiefsinnige Gedanken -Wattys2020Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt