Louis' Situation verbesserte sich kaum während Harrys Abwesenheit. Ihm ging es besser, aber tief in ihm fühlte er sich noch immer schlecht, hintergangen und betrogen. Er versuchte, dass es ihm besser gehen würde und lenkte sich so gut es ging ab. Aber die Betonung lag auf "versuchte", denn jeder in seinem Umfeld merkte, dass etwas nicht stimmte.
Die Zeit ohne Harry zog sich endlos lang und es dauerte auch einige Tage, bis die ersten Briefe von Harry eintrudelten. Wie versprochen erhielt Louis jeden Tag einen Brief seines Geliebten. Am Anfang konnte er sich nicht dazu bringen die Briefe zu lesen und er sammelte sie lediglich in seinem Zimmer, aus Angst, dass sie jemand öffnen könnte.
Die Sehnsucht des Erzherzogs wuchs von Tag zu Tag, bis Charlotte ihn schließlich dazu zwang Harrys Briefe zu lesen. Sie behielt recht und Louis Zustand verbesserte sich merklich, seit er jeden Tag das Geschriebene las.
Mittlerweile war er so von den Briefen seines Geliebten gefesselt, dass er schon bevor die Post geliefert wurde, im Speisesaal saß und wartete.Die Briefe hatten immer unterschiedlichen Inhalt. In manchen schrieb Harry, wie sehr er Louis vermisste, das waren die längsten Briefe. Manchmal schrieb er, was er in England erlebte und in manchen versuchte er so viele Fragen wie möglich zu stellen, um Louis zum Antworten zu bringen. Aber der Erzherzog machte es nie.
Harry dachte deshalb, dass Louis nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. Aber er hörte trotzdem nicht auf mit dem Schreiben, den insgeheim hatte er die Hoffnung, dass Louis nur immer noch sauer und enttäuscht war.
Eigentlich schrieb der Erzherzog aber aus einem ganz anderen Grund nicht zurück. Er machte sich jeden Tag aufs neue Hoffnungen, dass Harry wiederkommen würde und seinen Brief, den er nach England schicken würde, gar nicht mehr erhielt. Und jeden Morgen wurde Louis' Hoffnung zerstört, denn Harry schrieb nicht, dass er sich bald auf den Rückweg nach Frankreich machte.Stattdessen berichtete er nur von all dem, was sein Vater ihm aufzwang zu tun und Louis konnte mittlerweile verstehen, warum Harry nicht nach England zurückkehren wollte.
Aber er hatte es trotzdem getan.
• • •
Nach einem Monat hatte sich in Frankreich kaum etwas verändert. Louis hing immer noch an Harry und trauerte ihm hinterher. Aber der Erzherzog vernachlässigte seine Pflichten nie und kümmerte isch stets um das Wohl der Bürger. Auch, wenn er etwas neben der Spur stand, wollte er ein guter Herrscher sein.
Auch an diesem Morgen saß Louis im Speisesaal und wartete auf die Ankunft des Postboten. Das gesamte Schloss hatte sich an seine Routine und an seinen Rhythmus angepasst, sodass schon viel mehr los war. Liam bereitete bereits das Frühstück vor, jedoch nur für Louis. Die Schwestern des Erzherzogs weigerten sich gegen das frühere Aufstehen und hielten vehement an ihren alten Gewohnheiten fest.
"Bonjour, monsieur", grüßte ihn der Postbote, der von zwei Wachen in den Speisesaal geleitet wurde. Louis nickte ihm zu, schenkte ihm jedoch keine weitere Aufmerksamkeit. Diese galt voll und ganz den Briefen, die der Angestellte auf den Tisch legte.
Ein Brief von Harry. Das erkannte Louis schon an dem Umschlag, in den das Papier gepackt war.
In den letzten Tagen und Wochen hatte er auch genug dieser Blätter in den Händen gehalten.Sobald der Postbote den Raum verlassen hatte und Louis wieder alleine war, öffnete er das Kuvert.
Schnell flogen die Augen des Erzherzogs über die Zeilen, in der Hoffnung gute Neuigkeiten zu bekommen.Und so kam es auch, im letzten Drittel des Geschriebenen:
Wenn du diesen Brief empfängst, bin ich schon auf dem Weg an die englische Küste. Ich werde dir erst auf dem Schiff meinen nächsten Brief schreiben können. Aber dann weiß ich auch schon näheres über meine Ankunft in Frankreich. Ich teile dir schnellstmöglich mit, wann und wo das Schiff anlegen wird.
Hoffentlich wirst du mich in Empfang nehmen, wenn ich erneut einen Fuß auf französisches Land setze. Auch, wenn es nur in Form einer Kutsche ist, die mich zurück nach Villandry bringt.
Du hast mir nie geantwortet, aber ich kann es dir auch nicht übel nehmen. Es tut mir so leid, dass ich dich verlassen habe, aber vielleicht verstehst du irgendwann, dass es notwendig war, meine Eltern zu beruhigen.
Louis fasste eine Entscheidung. Er war es Harry schuldig, ihn persönlich in Empfang zu nehmen und abzuholen.
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Villandry - l.s.
FanfictionLouis William II. ist der Erzherzog von Villandry. Einer kleinen Gegend mitten im Nirgendwo in Frankreich. Er regiert von dem Schloss aus, das schon seit seinem Bau der Familie Tomlinson gehört. Er herrscht über viele Länderein und ein Dorf, das den...