Von Familien und Freundschaften

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Ich blickte auf die Uhr. Kurz nach Mitternacht. Stöhnend stand ich auf, zog mir meinen Morgenmantel über, schnappte mir mein Buch und ging hinunter in den Gemeinschaftsraum. Das tat ich öfters wenn ich nicht schlafen konnte. Dort konnte ich in ruhe lesen und weckte meine Freundinnen nicht auf. Doch als ich mich auf eines der Sofas setzen wollte, bemerkte ich, dass dort schon jemand saß.

Sirius?!, fragte ich erstaunt und beim Klang meiner Stimme sah er erschrocken auf. Ich konnte gerade noch die Tränenspuren auf seinen Wangen erkennen, bevor er sich mit der Hand über das Gesicht fuhr. Merlin, ich kannte Sirius jetzt seit mehr als fünf Jahren, doch nie zuvor hatte ich ihn weinen gesehen. Wir hatten uns zwar nie sonderlich nahe gestanden – eigentlich fast gar nicht – doch ich hatte immer geglaubt Sirius sei jemand, der seine Gefühle unterdrückte.

Alles in Ordnung?, fragte ich. Sirius räusperte sich kurz und nickte dann.

Alles bestens, schob er mit brüchiger Stimme hinterher. Ich seufzte und setzte mich neben ihn auf das Sofa.

Es sieht aber nicht nach nichts aus, sagte ich ruhig und sah ihn an. Wenn wenn etwas ist, dann kannst du ruhig mit mir reden. Ich weiß, dass das ziemlich verrückt klingen musste, immerhin verbrachte ich sonst die meiste Zeit damit ihn anzuschreien. Aber dies war etwas anderes. Sirius hatte offenbar ein Problem oder ihm lag etwas auf dem Herzen und da half es nun mal wenn man darüber redet. An seinem Gesichtsausdruck konnte ich ablesen, dass er das selbe gedacht haben musste, da er von verwirrt zu verzweifelt wechselte. Schließlich seufzte er und reichte mir einen Brief, den er in den Händen gehalten hatte.

Während ich ihn zögernd annahm sagte er: Du hast bestimmt mitbekommen, dass ich in den letzten Ferien zu James gezogen bin, weil ich von zuhause abgehauen bin. Schuld sind meine Eltern. Sie behandeln mich schlecht, da ich ihre Meinungen nicht vertrete. Er machte eine kurze Pause und deutete dann auf den Brief. Solche Briefe bekomme ich das ganze Jahr über. Meistens ignoriere ich sie oder lese sie erst gar nicht. Aber der hier -, er brach ab und schüttelte den Kopf. Da er keine Anstalten machte weiter zu reden, begann ich den Brief zu entfalten. Davon, dass Sirius bei Ja-Potter eingezogen war, hatte ich schon gehört und auch davon, dass er und seine Eltern nicht einer Meinung waren.

Doch dieser Brief schockierte selbst mich. Sirius' Eltern – konnte man sie noch so nennen?- hatten ihn zuerst beschimpft und ihm dann mitgeteilt, er bräuchte sich nie wieder bei ihnen blicken lassen, da er enterbt wäre und somit nicht mehr zur Familie gehöre. Entsetzt starrte ich auf das Papier. Soe etwas teilt man einem doch nicht in einem Brief mit! Und überhaupt, welche Eltern waren so grausam? Fassungslos schüttelte ich den Kopf und blickte dann wieder zu Sirius, der Geistesabwesend ins Leere starrte. So etwas hatte er nicht verdient.

Komm her, sagte ich und breitete meine Arme aus. Sirius sah mich an und verstand sofort. Ich legte ihn behutsam die Hände auf den Rücken und bereits nach kurzer Zeit begann er leise zu schluchzen. Ich nahm ihn noch fester in den Arm und flüsterte (hoffentlich) beruhigende Worte.

Tschuldige, murmelte er, als er sich wieder beruhigt hatte.

Schon gut, antwortete ich und Sirius löste sich aus der Umarmung. Er wischte sich wieder kurz über die Augen.

Es ist nur so, dass ich jetzt niemanden habe. Ich bin auf mich allein gestellt, dabei bin ich gerade einmal Volljährig!, sagte er verzweifelt.

Das stimmt nicht! Du hast doch deine Freunde und James' Eltern, erwiderte ich.

Die Wissen doch hiervon noch nichts!, rief Sirius und deutete auf den Brief. Das erstaunte mich. Hatte Sirius mir gerade als erstes gesagt was los war? Irgendwie machte ihn das mir gegenüber sympathischer.

Na und?, fragte ich. Sie werden deswegen immer noch auf deiner Seite stehen – wenn nicht sogar noch mehr

Meinst du?, fragte Sirius und klang wirklich verzweifelt.

Rumtreiber/ Harry Potter OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt