Das Wasser legte Martjes Körper in Laken. Durchsichtig und nicht zum Greifen, aber lauwarm, ergiebig und fließend, denn das Wasser hörte nie auf, sich über sie zu ergießen. Das Wasser war da.
Die Tropfen bahnten sich ihre Beine hinunter, die Martje nicht berührte. Für kurze Zeit bildete sich eine Pfütze zu ihren Füßen, die anschwellte und anschwellte, wie gebrochene Knochen und warme Wunden, die heilten, bis das Wasser in dem Abguss versickerte.
Die Tropfen bahnten sich ihre Beine hinunter, die Martje nicht berührte, bahnten sich ihren Bauch hinunter, den Martje nicht berührte, ihre Brust, die Martje nicht berührte, ihre Arme, ihre Schultern, ihr Gesicht und die Tropfen bahnten sich ihren Hals hinunter, den Martje nicht berührte. Martje blieb unberührt.Feine, lange Haare klebten an den weißen Fliesen, zu ihren Füßen und verknoteten sich miteinander, bis sie von dem Wasser und dem nicht sichtbaren Schmutz mitgerissen wurden.
Martje legte den Kopf in den Nacken. Die Wasserstrahlen prasselten in ihr Gesicht. Ihre Haut war dünn. Wie Seide. Oder der Himmel, wenn er zerriss.
Martje hätte gerne über viel nachgedacht, nun allein in diesem Badezimmer, unter der Dusche, aber sie konnte nicht. Es umwaberte sie noch, schwerfällig und klebrig, wie Nebel nach einem Gewitter. In der Ferne stürmte das Gewitter noch, ließ der Donner ihren Körper erzittern und waren viele vergangene Blitze in ihren Körper eingeschlagen. Bis tief in ihre Adern. Blau. Die Male breiteten sich auf ihrem Körper aus.
Martje berührte ihre Beine nicht, ihren Bauch, ihre Brust, ihre Arme, ihre Schultern, ihr Gesicht. Martje berührte ihren Hals nicht.
Martje blieb unberührt. Ihre Augen waren geschlossen. Martje blieb unberührt. Martje blieb unberührt.
Blau.
Die Male breiteten sich auf ihrem Körper aus.Als Martje die Dusche verließ, feuchte Fußabdrücke auf den Fliesen hinterließ und das alte, nicht mehr weiche Handtuch um sich wickelte, sah sie in den Spiegel. Er war beschlagen. Gerade so ihre Umrisse konnte sie erkennen und das Schönste überhaupt, das aller aller Schönste überhaupt, das ihr die Kraft gab an diese Illusion von Liebe und Fürsorge weiterhin zu glauben; Durch die Beschlagenheit des Spiegels sah sie ihre Wunden und Hämatome nicht. Martje sah nicht die Platzwunde an ihrer Stirn, die sie hätte nähen lassen müssen und deren blutigen Ränder so fein und gleichzeitig so zerrissen waren. Ihre Schlüsselbeine waren von dunkelgrünen Hämatomen befleckt und würde sie nun ihre Hämatome zählen, ihre Blumenwiese, dann würde sie sich fragen, ob ihre Blumen sich noch ins Schwarz verfärben würden und ihre Knochen gebrochen waren. Zertrümmert – das traf es gut.
Sie fühlte alles.
Natürlich tat sie das.
Aber mit der Zeit gewöhnte sie sich an dieses Alles, sah das krankhaft Schöne in ihrer Blumenwiese und mied alle Spiegel, die ihr begegnen sollten.
Vielleicht hätte sie sich nun gefragt, wie all das begonnen hatte, wie es geschehen konnte, doch Martje blieb stumm und so auch in ihren Gedanken, die Ausreden und Ausreden fanden. Es war wie ein magisches Konstrukt, nicht magisch, aber so komplex und verwirrend, dass alle Menschen außer Martje es als magisch betiteln könnten.Ihre langen nassen Haare tropften auf den Boden. Die Badematte unter ihren Füßen. Noch immer starrte sie in den Spiegel. Sie wehrte sich dagegen zu erahnen. Schwüler Dunst. Umwabernder Nebel.
Ihre Hände verkrampften sich um das Handtuch, das sie trug.Martje blieb unberührt.
Martje blieb unberührt.
Martje blieb unberührt.Sie verließ das Badezimmer, das nie abgeschlossen gewesen war, hinterließ keine feuchten Fußabdrücke mehr und vergass ihre nassen Haare, deren Nässe sie sonst nie vergass.
Martje vergass, dass die blauen Male sich auf ihr ausbreiteten. Sie vergass so lange, bis es sie nicht mehr gab und hätte es einen Abguss wie in der Dusche gegeben, hätte sie das Blau heruntergespült, vertrieben, mit all dem Blut und Schmutz und Schuldgedanken, denn wusste Martje, der kleine Fleck von Martje, dass es jenes Blau gab, auch wenn sie es nicht zu benennen wusste.
DU LIEST GERADE
BLAU
General FictionSie ertrank in einem Meer von Blau, es waren blaue Tränen um Mitternacht und blaue Hämatome am Morgen danach. ALL RIGHTS RESERVED! NO PUBLIC DOMAIN!