Ohne Plan verführt

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Jetzt oder nie. Das hier ist meine einmalige Chance, und die werde ich nutzen! Wer hat schon das Glück, seine persönliche Sexfantasie plötzlich auf dem Silbertablett dargereicht zu bekommen? Wenn mir das heute Nachmittag jemand prophezeit hätte, dann hätte ich ihm einen Vogel gezeigt und gesagt, er solle aufhören rumzuspinnen. Und jetzt stehe ich hier. Im wahrsten Sinne des Wortes. Diese Gelegenheit ungenutzt verstreichen zu lassen, ist definitiv keine Option. 

Nur gut, dass Spontanität sozusagen mein zweiter Vorname ist. Keine Ahnung, wie oft mich diese Charaktereigenschaft in der Vergangenheit schon in die Bredouille gebracht hat. Wie oft habe ich geflucht, dass ich nicht wenigstens ein kleines Stück weit mehr wie mein bester Kumpel Max sein kann? Der geht alles was er tut in Gedanken mindestens dreimal komplett durch und wägt fünfmal sämtliches Für und Wider ab, bevor er endlich mal in die Gänge kommt. Ich kann das nicht. Mir reißt schon wenn ich es bei ihm mitbekomme regelmäßig mein Geduldsfaden. 

Jetzt im Augenblick ist es definitiv von Vorteil, dass ich nicht wie Max bin. Denn wenn ich jetzt anfinge, intensiver darüber nachzudenken, was ich gerade vor habe, und was es für Konsequenzen nach sich ziehen könnte, dann würde ich wahrscheinlich ziemlich nervös werden. Und Nervosität kann ich gerade echt nicht gebrauchen. Die würde den Erfolg meines Unterfangens arg gefährden. 

Ich, Julian Weyers, werde heute die beste Nacht meiner bisherigen siebzehn Jahre erleben! Meine absolute Traumfrau und ich werden uns gleich in unmissverständlich eindeutiger Absicht gemeinsam in ihr Schlafzimmer begeben. Wow. So ganz habe ich das gerade selbst noch nicht realisiert. Weil es bei realistischer Betrachtung immer total fernab von jeglicher Wahrscheinlichkeit lag, dass dieser Fall tatsächlich einmal eintritt. Deshalb habe ich mir auch ehrlich gesagt noch nie wirklich konkrete Gedanken darüber gemacht, was genau ich jetzt eigentlich tun soll. 

Brini spielt zwar schon seit über drei Jahren die Hauptrolle in meinen privaten Sexträumen und ist seitdem die unangefochtene Erstbesetzung in sämtlichen Varianten. Aber bis heute bin ich davon ausgegangen, dass meine Sexträume genau das bleiben, was sie sind. Träume nämlich. Nicht in die Tat umsetzbare Wünsche und Fantasien. 

Mein Repertoire ist zweifelsfrei riesig. Ich habe halt ein enorm reichhaltiges Vorstellungsvermögen. Aber genau das ist leider gerade auch der Knackpunkt. Meine Erfahrung darüber, was sich gleich in diesem Schlafzimmer genau abspielen soll, beschränkt sich bisher leider auf ein rein theoretisches Wissen. Der praktische Aspekt ist in meinen bisherigen Studien unglücklicherweise etwas zu kurz gekommen. Am meinerseits bereitgestellten Material lag es nicht, das möchte ich an dieser Stelle noch anmerken.

Wie auch immer, mein Defizit gilt es vor Brini geheim zu halten. Sie darf auf keinen Fall bemerken, das ich null praktische Erfahrung habe. Sie ist Max' Schwester. Seine ältere Schwester. Sie ist sechs Jahre älter als Max, und damit fast auf den Tag genau fünf Jahre älter als ich. Zweiundzwanzig. Und sie ist kein spätreifer Teenager, sondern wirklich ziemlich erwachsen.

Und so wie ich sie kenne, wird sie morgen früh ein tierisch schlechtes Gewissen haben, dass sie was mit dem besten Kumpel ihres kleinen Bruders gestartet hat. Jetzt im Moment ist es ihr egal, weil sie Alkohol getrunken hat.

Nein, sie musste sich mich nicht schön trinken. Das ist nicht der Punkt zwischen uns. Ich bin mir sicher, dass sie mich insgeheim ebenfalls ziemlich gut findet. 

Aber morgen früh beim Aufwachen wird sie trotzdem anders darüber denken. Dann fällt ihr wieder ein, dass ich minderjährig bin. Minderjährig. Als ob mich das irgendwie minderwertig machen würde. Jedenfalls, wenn sie darüber hinaus noch mitbekommt, dass das heute mein erstes Mal ist, dann macht sie morgen erst recht Drama darum.

Außerdem will ich nicht, dass sie mich für unreif hält. Sie soll endlich mal diesen lästigen Altersunterschied zwischen uns vergessen und mich als Mann sehen. Dafür würde ich weit mehr auf mich nehmen, als die simple Herausforderung, ihr gegenüber einen auf sexuell erfahren zu machen.