Kapitel 6

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In quälender Stille waren die letzten Minuten vergangen, in denen die beiden verlorenen Seelen scheinbar ziellos durch Freiberg geirrt waren. Auf den hoch gewachsenen Punk wirkte es, als würde das Mädchen neben ihm nicht einmal wissen, wo sie hin wollte oder musste.
Bei der nächsten Seitenstraße, an der sie hielten, er zu dem Mädchen sah und sie mit den Schultern zuckte, ehe sie beiden der engen Gasse folgten hört man ihn lautstark Luft holen.
„Du hast keine Ahnung, wo du hin willst, oder?”
Der Emo stand wie gelähmt da und starrte den Boden an.

„Hast du ein Zuhause?” erbarmte der rothaarige sich also zu erfragen und bekam ein zögerndes Nicken.
„Willst du nach Hause?” sprach er weiterhin und fasste in seine Tasche um eine seiner letzten Kippen Packungen zu entleeren.
Erst nachdem er sich die Fluppe angezündet hatte, schüttelte sie den Kopf und öffnete die schmalen Lippen um eine Antwort zu formen.
„Mein Vater ist nicht besser als der Mann von gestern.”

Kurz schaute der Punk zu ihr rüber und war nun derjenige, der nickte, ehe er an der Zigarette zog und den trockenen Rauch aus seinem Mund entkommen ließ.
„Vorurteile?”
Auf ihre knappe Frage schüttelte er nur den Kopf, ehe er sich doch für etwas detaillierteres entschied, damit keine erneute Stille auftauchen würde.
„Ich kenne nicht einmal deinen Namen, ich hab keinen Grund Vorurteile über dich zu erheben.”
Und trotz seiner Antwort entstand Stille, in der er nur an der Fluppe zog.
„Sasha. 17 Jahre alt, meine einzige Zuflucht ist mein Freund Dominik, zu dem ich keinen Kontakt haben darf von meinem Vater aus. Mutter seit klein auf tot.”

„Jacoby, 21, mein Heim ist die Straße, rede nicht über meine Eltern, trage durchgehend Steine mit mir herum.”
„Was für Steine?”
„Musst du nicht verstehen, damit muss ich selbst klar kommen.”
Und wieder folgte eine Stille.

Nachdem der Größere von beiden seine Fluppe in dem nächsten Mülleimer entsorgt hatte, gingen sie unabgesprochen gemeinsam weiter und landeten auf einer Bank am Schlossplatz. Den Punk wunderte es, dass die zerbrechliche Gestalt neben ihm, ihm ohne Fragen zu stellen gefolgt war.

Nach einem flüchtigem Blick auf die riesige Uhr am Schlossgebäude entschloss sich der Mann mit den roten und gelben Schnürsenkeln in den schweren Stiefeln dazu, Pfandgut entsorgen zu gehen und sich und seiner Begleitung etwas zu essen beschaffen zu gehen.
Mit einer kurzen Erklärung seines Vorhabens ließ er also das Mädchen auf der Bank für einige Minuten sitzen, ehe er mit einem recht ansehlichem Mittagessen in Form von zwei Dönern zurückkehrte.

„Danke Jacoby.” nuschelte der Emo nur knapp und bediente sich.
Der Angesprochene nickte knapp und aß, konnte es sich allerdings nicht zurück halten die vielen kleinen Vögel um ihn herum mit dem noch warmen Fladenbrot zu füttern.
Dass währenddessen eine Gruppe Jugendliche vorbei lief und ihn mit diversen Sprüchen beleidigten bemerkte er kaum. Das Einzige was er merkte war, wie ein weiterer Stein in seinen Rucksack wanderte, der für niemanden anderen zu sehen war und den er niemals absetzen können würde.

Hingegen das Mädchen neben ihm schien eingeschüchterter zu werden mit jedem einzelnen Schritt, welchen die Vollpubertären auf die beiden zu machten.
Das war letztendlich auch der ausschlaggebende Punkt, weshalb der hochbgewachsene, schlanke Mann sich erhob und ruhig mit schweren Schritten der kleinen Gruppe entgegen trat.
Wieso sollte er auch Angst haben vor Jugendlichen, die ihm nicht einmal bis zur Schulter reichten?

„Scheiß Zecke, verpiss dich!” pöbelten sie vor ihm dennoch.
Doch anstelle von irgendwelchen beleidigenden Worten lächelte Jacoby ein breites Lächeln, welche seine strahlend weißen Zähne entblößte und hielt seine Hand in  Höhe seiner Stirn über die Köpfe der Jugendlichen.
Deren Blicke gaben mehr Verwirrung preis, als sie wahrscheinlich sollten, was den Punk nur noch mehr amüsierte.
Mit einem gezielten auf die Füße des vorn stehenden spucken, drehte er ihnen den Rücken zu und ließ sich wieder neben Sasha nieder.

„Wieso?” fragte sie schüchtern an ihn gewandt, während er sich die letzten Stücke des Döners einverleibte.
„Wieso soll ein Sinn da sein, wenn man genauso für Verwirrung stiften kann?”
„Du sprichst in Rätseln.”
Auf ihre Bemerkung bekam die blauhaarige jedoch keine Antwort.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 26, 2021 ⏰

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