Teil 1

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Wenn du die Zeit zurück drehen könntest, wo würdest du landen? In einer besseren Welt ohne Schuld und Verbrechen? Würdest du deine Entscheidung bereuen? Ich kann die Zeit nicht verändern, aber eines kann ich dir sagen: Ich bin weder ein Mörder noch bekenne ich mich irgendeiner Schuld. ich habe lediglich das getan, was mir zusteht und das schon seit Jahren. Ich werde dir erzählen, was ich getan habe. Doch vorab bekommst du eine Info: Ich bereue nicht!

Wir schreiben den 28. November 1999. Das alte Jahr hat noch ein paar Wochen, bis es endgültig ausgelöscht ist. Es ging schnell um, als wäre man eingeschlafen und wenn man aufwacht, ist ein Jahr futsch. Ein Jahr in dem so viel hätte passieren können. Ein Jahr, das mir eine Wendung versprechen sollte. Doch bis jetzt ist alles was ich erreicht habe, die Waschmaschine meiner Vermieterin zu schrotten und die überflüssige Zeitung abzubestellen.

Ich runzelte die Stirn und bemerkte erst jetzt, dass im diesjährigen November noch einiges steckte. Ich erhob mich von meinem alten Küchenstuhl, der mit jeder Bewegung knarrte als würde er gleich zusammenbrechen. Klapprig trat ich ans Fenster und starrte auf die Straße. Es störte mich nicht, dass die Welt vor meinen Augen zu ertrinken schien. Ruhig und ausgeglichen spürte ich meinen Atem auf der Fensterscheibe, bis mir ein milchiger Film die Sicht versperrte. Mein altes Tastenhandy lies mich aufhorchen. Mein Puls stieg gerade auf 180, da ich seit Monaten diesen grässlichen Sirenenton nicht abgestellt bekam. Umkippen wäre mir jetzt lieber gewesen. Ich erkannte einen Namen auf dem Display. Warum sollte mich in meiner jetzigen Verfassung jemand sprechen wollen? Ich verbarrikadierte mich schon seit Tagen in meiner kleinen Wohnung, die weder besonders groß noch aufgeräumt war. Auch auf Licht musste ich verzichten, da mir die Sicherung raus geflogen war und mit meinem Talent das haus binnen 5 Sekunden nicht mehr stehen würde. Und dann, wenn man einmal einen Techniker braucht, heißt es:

,,Unser Betrieb Möllers Technikservice ist bis zum 27. Dezember leider nicht erreichbar. Wir bitten Sie, uns nach dem genannten Datum erneut zu kontaktieren. Vielen Dank." Und so etwas nennt sich Großunternehmen! Aber all das machte mir nichts aus, denn das Kerzenlicht in meiner Wohnung reichte aus, um das zu sehen, was ich sehen musste.

,,Aubrey?" Ihren Namen entdeckte ich auf dem Display. Meine Finger ergriffen den Hörer, zögerten kurz doch dann drückte ich sie weg. Ich wollte gerade mit niemandem reden oder mir irgendwelche sulzigen oder mitleidenden Worte meiner Cousine anhören. Sie hatte ein Talent dafür. Jahrelang lässt sie nichts von sich hören und dann wenn man sie nicht braucht, steht sie plötzlich auf deiner Matte. Ich seufzte. Nach dem was ich ihr und unserer Familie angetan hatte, werde ich ihr nie wieder in die Augen schauen können. Nie wieder...

Ich bereue nichts!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt