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Pov: Kostas

Es war ein ganz normaler Mittwoch, doch ich hatte schon seit ich aufgewacht war dieses merkwürdige Ziehen in meinem Magen. Habe ich gestern irgendwas schlechtes gegessen oder sowas? Ich überlegte mir was ich gestern so alles zu mir genommen hatte, aber mir viel beim besten Willen nichts verdächtiges ein. Wobei mir ja eigentlich auch nicht richtig schlecht war, es ist eher dieses aufgeregt hibbelige Ziehen, was man auch vor einem Referat fühlt...
Aber heute steht doch überhaupt nichts besonderes an?
Bestimmt hab ich schon wieder irgendwas wichtiges vergessen, so wie ich mich kenne...
Naja, ich muss wohl oder übel zur Arbeit, egal was ich auch vergessen hatte.
Immernoch ein wenig gestresst kramte ich meine Sachen zusammen, die ich gleich für die Arbeit benötigen würde.
Dadurch, dass ich dem seltsamen Gefühl in meinem Magen auf den Grund gehen wollte, war ich jetzt ein bisschen spät dran. Aber das war ich gewohnt. Wenn ich meine Bahn noch bekommen wollte, dann musste ich in maximal 3 Minuten aus dem Haus sein, wenn ich nicht den ganzen Weg sprinten wollte.
Erfahrungswerten zufolge schaffe ich es dann grade noch, sofern die Bahn nicht zu früh kommt, aber das war zumindest bisher noch nie der Fall.

Kurz bevor ich dann endlich, fertig angezogen für das relativ kühle Wetter, aus dem Haus treten wollte, fiel mir ein, dass ich mein Handy nicht in der Jackentasche hatte. Scheiße. Ohne mein Handy wollte ich eigentlich wirklich ungern aus dem Haus gehen, andererseits bin ich auch echt spät dran.
Kurz entschlossen rannte ich nochmal schnell über den Flur zurück in mein Schlafzimmer, an dessen Steckdose neben dem Bett ich mein Handy auch glücklicherweise vorfand. Ich stolperte auf dem Rückweg halb über einen Karton auf dem Boden, der durch meinen Anstoß mitten in den Flur rutschte, aber ich hatte jetzt keine Zeit mehr um ihn noch zurückzuräumen. Ich musste wohl oder übel doch sprinten, wenn ich meine Bahn noch erreichen wollte.
Mit meinem dunklen Arbeitsrucksack auf dem Rücken stolperte ich die Treppe des Mehrfamilienhauses herunter, in dem ich meine Wohnung hatte.
Langsam wurde ich ein bisschen nervös, bevor ich die Bahn verpassen und damit zu spät kommen würde, würde ich mich lieber krank melden.
Meine Chefin hatte mir erst letztens mit einer Kündigung gedroht, wenn ich noch einmal verspätet in dem kleinen Café ankäme, in dem ich momentan arbeite.
Gehetzt rannte ich die Straße entlang, hatte gar nicht genau im Blick was links und rechts von mir passierte und genau das war der Fehler.
Ich hörte neben mir nur noch das splittern von Glas oder Porzellan, doch da war es bereits zu spät.
Ein völlig aufgelöster Junge mit dunklen Haaren kniete auf dem Gehweg. In den Händen die Scherben einer ehemaligen Vase. Zumindest schätze ich es war eine kleine Vase, soweit ich das anhand dem was davon übrig geblieben war noch beurteilen konnte.
Bestürzt blieb ich auf der Stelle stehen und musterte das Chaos, dass ich wieder einmal angerichtet hatte.
Ich kniete mich neben dem Junge und half ihm mit zerknirschtem Gesichtsausdruck langsam die Splitter vom Boden aufzuheben und in seinen Jackentaschen zu sammeln.
"Es tut mir wirklich so unglaublich leid... Das habe ich nicht gewollt, ich hätte besser aufpassen müssen."
Verzweifelt sah ich ihn an und langsam erhob er auch endlich seinen Blick vom Boden.
Mein Atem setzte kurz aus als ich in seine Augen sah.
Einerseits, da sie gefährlich vor Tränen glitzerten, aber andererseits weil sie so unglaublich schön waren, dass ich mich auf der Stelle in ihnen verlor.
Hätte ich den Jungen vor mir nicht auf eine derart unangenehme Weise kennengelernt, würde ich mich vielleicht sogar trauen ihn zu fragen ob er mal was mit mir trinken gehen möchte oder ähnliches... Aber so?
Noch immer sahen wir uns in die Augen und ich hoffe einfach das er auch diese besondere Anziehung zwischen uns beiden spürt.
Das Ziehen in meinem Bauch hat sich verstärkt und ich frage mich gerade ob ich irgendwelche Hellseher Fähigkeiten hatte, dass mein Gefühl diese Situation schon voraussehen konnte, als die Scherben in der Tasche des schönen Fremden herumklirren und er seinen Blick plötzlich von meinen Augen löste.
Sofort wird sein Blick wieder trüber und er räuspert sich, ehe er aufsteht und vorsichtig seine Hose vom Dreck der Straße befreit.
"Also nochmal, es tut mir wirklich leid, ähm..."
"Marik." Unterbricht er meinen verzweifelten erneuten Entschuldigungsversuch.
"Ähm ja, entschuldige Marik... Ich kann dir das ersetzten, also ich werde es machen, also du weißt schon..."
Plötzlich schien er es eilig zu haben.
"Nein nein... Das wird nicht nötig sein aber ja danke..."
Seine Stimme klingt brüchig und ich meine seine Augen wieder glitzern zu sehen.
Ich fühle mich so unglaublich schlecht... Wenn ich das doch nur wieder gut machen könnte.
Mit verzogenem Gesicht sehe ich Marik nach, wie er sich beim wegdrehen einmal schnell über die Augen wischt und dann mit schnellen Schritten in die entgegengesetzte Richtung davonläuft.
Super Kostas, das wars dann. Deine Bahn hast du verpasst, irgendwem offenbar den Tag versaut und jetzt bist du wenigstens auch in der Stimmung dafür dich glaubwürdig krank zu stellen.
Kurzerhand rief ich also meine eigentlich echt liebe Chefin an und hustete ihr spontan eine Krankheit vor.
Mit gesenktem Kopf lief ich den kurzen Weg, den ich es vor der Unterbrechung geschafft hatte zurückzulegen, wieder zurück zu meiner kleinen Wohnung.
Ich liebte diese Wohnung, mehr wollte ich auch gar nicht, aber jetzt gerade konnte ich mich nichtmal über diese freuen.
Ich trat die Tür zu, schob mir die Schuhe von den Füßen und kickte sie achtlos in eine Ecke neben der Garderobe.
Ich hatte jegliche Motivation für diesen heutigen Tag verloren und freute mich einfach auf morgen. Nach dem was heute passiert ist, kann das ja nur besser werden...

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