Nicolas Teil 1

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„Hilfe, jemand muss doch hier sein. HILFE!" schreit eine Stimme in meinem Kopf während ich auf den Grabstein starre der vor mir liegt. Es war keiner da. Wir waren allein und keiner hat uns geholfen und sie hat es nicht geschafft. Die Tränen laufen schon wieder meine Wangen hinunter, wie jedes Mal wenn ich hier stehe. Ich sehe jedes Mal ihr Gesicht vor Augen. Jeden Tag wenn ich aufstehe, wenn ich schlafen gehe, einkaufen, arbeiten, kochen oder duschen. Immer wenn ich die Augen schließe seh' ich ihr Gesicht. Der Grabstein ist schwarz, mit weißer Schrift

„Leonie Cohausz 26.02.1992-04.04.2018".

Es liegen immer noch Kränze auf dem Grab von Freunden und ihrer Familie. In meinem Inneren tobt ein Kampf. Auf der einen Seite möchte ich für immer hier bleiben, bei ihr und mich ihr Nahe fühlen. Auf der anderen Seite fühle ich mich unglaublich schuldig, wenn wir diesen Unfall nicht gehabt hätten, würde sie nicht hier liegen. Ich könnte auch hier liegen. Es könnte alles anders sein, wenn man nur ein kleines Detail der Geschichte ändern könnte. Sie hätte fahren können, dann säße sie auf dem Fahrerplatz und wir hätten die Rollen getauscht. Oder ich hätte sie schlafen lassen können, ganz friedlich neben mir am Steuer. Doch ich hielt es für besser wenn wir schnell ins Haus kämen um zu schlafen, wir beide. Noch eine Veränderung wäre, wenn ich vorgeschlagen hätte, dass wir uns ein Zimmer nehmen um zu schlafen und beide am nächsten morgen fit aufstehen und nach Hause kommen. So viele Kleinigkeiten die zu diesem unabänderbaren Ergebnis führen. Zum Tod. Ich trete einen Schritt zurück.

„Was würdest du jetzt wohl zu mir sagen" flüstere ich vor mich hin. Ein Lachen ertönt in meinem Kopf, ein fröhliches, unbeschwertes Lachen.

„Sei nicht so ernst, wir haben das geklärt. Du darfst traurig sein, eine Weile, aber jetzt ist es gut. Ich weiß du willst nicht drüber reden, aber falls es mal zu diesem Fall kommt, ist es doch wichtig zu wissen was wir denken oder dann gedacht haben. Ich will das du weiter gehst. Wir werden uns wieder sehen, aber erst viel später. Vielleicht hast du ja noch eine Frau danach wer weiß. Ich wünsche mir nur für immer ein Platz in deinem Herzen, auch wenn er nur klein ist, das ist alles."

Ja das hatte sie gesagt. Einen kleinen Platz. Doch in meinem Herz ist kein Platz für jemand anderen. Ich trete wieder einen Schritt direkt vor das Grab und lege die Rose aus meiner Hand direkt unter die Schrift.

„Ich weiß du hast eigentlich recht, aber ich kann es nicht so einfach. Es hieß immer du und ich gegen den Rest der Welt. Nicht nur ich allein." Ich gebe auf und setze mich hin. Ich schließe die Augen und lausche nur dem Wind und den Vögeln und das rascheln der Blätter.... Ich schlage die Augen auf und schaue auf die Uhr. Ich muss eingeschlafen sein. Vor einer Stunde hatte ich die Verabredung mit einem blind Date, organisiert von Freunden. Alle wollten mich unbedingt wieder mit Frauen zusammen bringen, aber ich fühle mich noch nicht bereit dazu. Ich setze mich auf und schaue auf mein Handy. 10 verpasste Anrufe. Dafür das ich ein Date verschlafen habe, sind das sehr wenige. Ben, Mat, Karen, Vanessa, Will und alle haben es zwei mal versucht. Ich rufe Mat als ersten an, er hat das meiste Verständnis, für eigentlich alle und jeden überhaupt.

„Hey Mat"

„Nicolas. Gott hast du uns erschreckt, wo steckst du?" fragt er aufgeregt.

„Ich bin eingeschlafen, tut mir Leid"

„Eingeschlafen" erwidert er skeptisch, „wo?"

„Auf dem Friedhof wenn du es unbedingt wissen musst."

Ich kann mir schon denken was das bei den anderen auslöst, noch mehr Panik. Aber lügen wäre auch nicht richtig und wenn es raus käme würde es noch größer werden als es so schon ist.

„Soll ich dich abholen?" fragt er leise.

„Ich weiß nicht. Ich glaub ich wär nicht gern allein, aber auch nicht so gern unter Menschen. Ich weiß ich bin kompliziert" sage ich und lege den Kopf zwischen die Knie.

Des Schicksals Lösung (Arbeitstitel)Where stories live. Discover now