Der Regen, der gegen das Fenster prasselte erzeugte eine beruhigende Geräuschkulisse und harmonierte mit dem Lied, welches leise aus der Musikanlage dudelte. Der Raum war erfüllt von einer ruhigen, teils depressiven Stimmung.
Die Stimmung, die an regnerischen Sonntagen herrscht.Der Raum war in einem hellen Grauton gestrichen und ein großes Bett nahm ca. 50% der Gesamtfläche ein. Zusätzlich zum Bett standen nur noch ein Eichenholzschrank und ein Bücherregal in dem Zimmer. An der Wand neben dem Bett war eine Bildercollage angebracht und darum herum eine Lichterkette.
Auf dem Bett lagen zwei Mädchen.
Das eine Mädchen trug ein pinkes Croptop, einem schwarzen Rock, eine Netzstrumpfhose und grüne Flauschesocken, die nicht wirklich dazuzupassen schienen, aber dennoch mit dem Rest harmonierten. Sie hatte mehrere Ohrringe und einen Augenbrauen Piercing, aber wie sie so dalag, ganz friedlich, konnten nichtmal die Piercings sie bedrohlich wirken lassen.
Das andere Mädchen trug einen pastellblauen Hoodie und eine Jeans. Relativ simpel. Sie las in einem Buch und schien vollkommen in ihrer Welt gefangen zu sein.Die beiden Mädchen lagen ein wenig merkwürdig da. Das Mädchen mit den Piercings und den grünen Flauschesocken lag schlafend über das Bett ausgebreitet und hatte einen Arm um den Bauch des lesenden Mädchens gelegt. Diese wiederum lag mit ihren Beine über dem Bauch des schlafenden Mädchens.
Die beiden schienen sehr vertraut miteinander. Vermutlich beste Freunde.Aber warum lagen sie da?
Das Mädchen mit den Piercings, Coco, hatte vor ein paar Stunden, sturzbetrunken, aus einem Club in der Innenstadt angerufen und das Mädchen mit dem Buch, Isabelle, war sie selbstverständlich abholen gekommen.
Mittlerweile war es 8 Uhr morgens und keine von beiden hatte sich seit dem Eintreten in die Wohnung im 3. Stock bemüht bequemere Sachen anzuziehen. Beide trugen noch die selben Sachen, die sie um 2 Uhr vor dem Club anhatten, als Isabelle mit Mühe und Not, die sturzbetrunkene Coco gestützt hatte und ein Taxi gerufen hatte, dass die beiden dann bis vor die Haustür brachte. Und dann hatte Isabelle Coco drei Stockwerke nach oben getragen. Oder es mehr oder weniger versucht. Dabei war Isabelle zwei Mal ausgerutscht und hatte sich blaue Flecken an den Schienbeinen geholt, aber wenigstens war Coco nichts passiert.
Jetzt könnte man denken, dass die beiden wirklich sehr gute Freundinnen waren, aber nein.
Coco und Isabelle kannten sich nicht mal wirklich. Isabelle war Studentin und Coco arbeitete als Kellnerin in einem Restaurant. Kein todschickes, superfeines Restaurant, da würde man sie nicht anstellen, mit den Piercings und gefärbten Haaren, aber
das italienische "Restaurant & Café" hatte Coco sehr gerne eingestellt.Am Samstag hatte sie meistens frei, dann ging sie feiern. Sie liebte das Partyleben und der Alkohol ließ sie für ein paar Stunden den inneren Schmerz betäuben.
Coco kannte Isabelle nur, weil diese eine Zeit lang regelmäßig Pizza bei dem Italiener, bei dem Coco arbeitete, bestellt hatte und Coco sie dann irgendwann nach ihrer Nummer gefragt hatte.
Und dann hatte Coco Isabelle mitten in der Nacht angerufen. Isabelle wusste erstmal nicht, wer sie anrief, aber irgendwann merkte sie, dass es die coole Kellnerin aus dem italienischen Restaurant war.
Jeder normale Mensch wäre nicht extra 5 Kilometer in die Innenstadt gefahren und dann wieder zurück, mit einem Taxi, um einen wildfremden Menschen abzuholen, der auch noch sturzbesoffen war. Obendrein kostete sie der ganze Spaß mit hin und Rückfahrt auch noch knapp 30 Euro.Aber Isabelle lies niemanden im Stich. Und auch wenn sie Coco nicht kannte, dann musste es ja einen Grund geben, warum sie ihre Nummer hatte. Weiß Gott warum, Isabelle hatte ein Helfersyndrom und wenn sie Coco Sympathie gegenüber empfand (was für sie der einzig erklärliche Grund war, warum Coco ihre Nummer hatte), dann würde Isabelle alle Hebel in Bewegung setzen, dass Coco nicht zu Schaden kam.
Aber warum lagen sie jetzt so vertraut auf Isabelles Bett?
Als sie die Wohnung betreten hatten, hatte Isabelle Coco in ihr Bett gelegt, da bei ihr Gastfreundschaft ganz hoch stand und die Couch unbequem war, wollte dann aber selbst auf die Couch gehen um weiter zu schlafen.
Cocos betrunkene und müde Gestalt machte ihr aber einen Strich durch die Rechnung und zog sie (ganz klischeehaft) mit aufs Bett, kuschelte sich an sie und schlief ein. Weil Isabelle aber nicht wollte, dass Coco aufwachte, blieb sie einfach so liegen und schlief auch.Gegen 7 Uhr wachte Isabelle dann auf. Coco schlief aber noch und Isabelle hatte Angst sie zu wecken, deswegen nahm sie das Buch auf dem Nachttisch - In 80 Tagen um die Welt, von Jules Verne - und las.
Und so lagen sie auch noch weitere drei Stunden, bis Isabelle das Buch zuklappte und entschied, dass es Zeit für etwas zu essen war.
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Rainy Sunday Afternoons
Short StoryEinige Kurzgeschichten, die jetzt nicht die Welt verändern, aber vielleicht ein Lächeln in dein Gesicht zaubern und das graue Gefühl verschwinden lassen.