Lynn Nr.4

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Lynn

Gestern habe ich noch lange geübt, weil ich keine Lust auf Keans-ich-starre-an-die-Wand-Getuerei oder auf Mums Rummeckerrei hatte. Irgendwann bin ich dann doch hoch in mein Zimmer geschliche, hab mich auf mein Bett geschmissen und bin sofort eingeschlafen.

Nun stehe ich unter der Dusche und lasse das Wasser auf mich herunter prasseln. "Lynni, ich muss auch duschen, ich muss gleich los. Beeil dich mal!",ruft Kean durch die Tür. "Jaha bin ja gleich fertig.", murre ich und gebe mir einen Ruck das schöne warme Wasser zu verlassen. Schnell trockne ich mich ab und lege mir einen Morgenmantel um. Dann öffne ich die Tür und ziehe grinsend an Kean vorbei. Der guckt mir nur grimmig hinterher. Ich stolziere in mein Zimmer und ziehe schon mal Trainingssachen an. Heute muss ich mit mister Ekelpaket-Cooper üben. Und er ist wirklich ein Ekelpaket. Unten in der Küche mache ich mir schnell ein Brötchen und schnappe mir das Telefon. Ich will Dad anrufen. Ich sehne mich nach ihm. Nach seiner Sanftheit und seinem Lachen. Er hat alles was Mum nicht hat. Wie sie zusammen kommen konnten ist mir ein unlösbares Rätsel. Ich wähle seine Nummer. Es tutet einmal, es tutet zweimal und endlich geht er Ran. "Hallo?", höre ich seine tiefe Stimme am anderen Ende. "Hey Dad hier ist Lynn!" "Hallo mein Schatz, wie gehts?" "Ein bisschen viel Stress aber sonst gut." Und da ist dieses lachen was ich so gerne mag:" Macht deine Mutter wieder so viel Stress?" Er und meine Mutter leben zwar getrennt, sind aber nicht geschieden, streiten aber trotzdem immer. "Kommst du uns bald mal besuchen? Ich vermiss dich so." "Ich weiß nicht meine Kleine. Es gibt zu viel zu tun in der Firma und mein Stellvertreter ist schon seid einer Woche krank, es tut mit leid, ich würde euch auch gerne sehen." Ich sehe vor mir, wie er traurig mit seinen Asiatischen Augen blinzelt und mich am liebsten in den Arm genommen hätte. "Oh.", bring ich traurig heraus. "Es tut mir leid. Aber vielleicht könnt ihr nächstes Wochenende zu mir kommen oder ich zu euch.", schlägt er vor. "Klar ich frag Mum, wir können dann ja nochmal telefonieren!", schlage ich vor. "Genau meine kleine, dann bis dann, grüß Kean von mir!" "Ja tschüss." Und aufgelegt. Ich hätts mir eigentlich denken können. Mein Vater leitet eine riesige Firma und kommt nur selten da weg. Wenn wir Glück haben einmal im Monat. Ich lege das Telefon weg und stehe auf. "Marylynn, da bist du ja endlich, komm Cooper wartet schon.", ruft meine Mutter. Ich schnapp mir schnell meine Spitzenschuhe und hüpfe ins Caprio. "Ich setze dich nur hab, da ich noch ein meeting habe, klar?", sagt meine Mutter und linst mich über ihre wahrscheinlich superteure Sonnenbrille an. Na toll, dann bin ich mit dem Ekelpaket auch noch alleine! "Trainieren noch andere heute?", frage ich hoffnungsvoll. "Alec kommt eine halbe Stunde später!" Ich atme erleichtert auf. Alec ist ein Kumpel von Kean und ein echt netter Kerl! Eine halbe Stunde, komm schon Lynn das schaffst du. Das Auto hält vor der Trainingshalle und ich steige aus. "Bis nachher, ich schaus mir dann an.", ruft meine Mutter, tritt aufs Gaspedal und fährt mit quietschenden Reifen davon. Ich seuftue und betrete die Halle. Cooper sitzt schon an der Anlage und wartet auf mich. "Hey Süße!", begrüßt er mich. Ich hasse hasse ihn. Er ist so ekelig! Er ist 20 und ich bin 16?! "Hallo." "Was für ein Glücklicher Zufall, das ausgerechnet wir zusammen tanzen!" Er streift um mich herum und flüstert dann in mein rechtes Ohr:" Aber meine Mutter sagte immer so schön, Zufälle gibt es nicht!" "Lass uns jetzt einfach die Choreo üben klar?", fauche ich mit fester Stimme. Eigentlich habe ich tierische Angst vor dem Kerl! "Na gut." Er packt mich an der Hüfte und wirbelt mich herum. Lass mich sofort runter du Schwein!", kreische ich. Er lässt mich fallen. Ich keuche auf. Er kommt wieder auf mich zu. Ich weiche vor ihm weg. Weiter und weiter bis ich an eine Wand stoße. Cooper raunt mir ins Ohr:"Was für eine Choreo. Ich dachte du bist hier um ein bisschen was mit mir zu unternehmen." Oh Gott, ist seine Stimme schon immer so schleimig gewesen? Ich halte mich nicht mehr zurück, Tränen laufen mir am Gesicht herunter. Und doch nehme ich meine ganze Kraft zusammen und trete ihm mit aller Wucht zwischen die Beine. Er stöhnt auf lässt aber nicht locker. "Mach das nochmal, du miese kleine..." "Lass sie sofort los du Mistkerl!", schreit eine Stimme. Alec steht in der Tür der Halle und funkelt Cooper herausfordernd an. Als Cooper nicht los lässt, stürzt sich Alec auf ihn und reißt ihn zu Boden. Endlich frei sinke ich schluchzend an der Wand hinunter. Durch meinen Tränenschleier erkenne ich verschwommen wie Alec Cooper ins Gesicht schlägt und der dann fluchend verschwindet. Alec kommt auf mich zu gerannt:"Mein Gott, Lynni alles okei?" Er kniet sich neben mich und nimmt mich in die Arme. Ich klammer mich an meinen Retter und weine so lange bis keine Tränen mehr da sind. "Ggglaub Schhon!", stotter ich. "Mistkerl! Hat er dir irgendwas getan?" Ich schüttel den Kopf und schniefe. "Soll ich Kean anrufen?", fragt er und sieht mich besorgt an. Ich schüttel den Kopf:"Nein es...geht schon, mir ist nichts passiert...dank dir." Ich will Kean nicht belasten, besonders nicht heute, wo er sich mit Alia beschäftigt. "Na gut. Gott sei dank kam ich eine Viertelstunde früher...wer weiß was er sonst mit dir gemacht hätte." Ein langes Schweigen folgt daraufhin. "Alec? Kann ich noch ein bisschen hier bei dir bleiben? Können wir ein bisschen tanzen?", frage ich ihm. "Klar", er zieht mich hoch, "Was willst du Tanzen?" "Schwanensee." Dieses Stück ist mir so vertraut und tröstent das ich mich nur darauf konzentrieren kann. "Na gut." Er legt die CD ein und wir tanzen zu der traurigen Musik gemeinsam.


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