Die Ankunft

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Nach einem Monat leider bloß halbherziger Vorbereitung auf unsere Reise nach Atargatis Island, da wir natürlich alle noch ein Leben an der Universität hatten, kam der große Tag unserer Abreise. Wir flogen von London nach Dublin, um dann mit dem Zug nach Westport zu fahren. Dort übernachteten wir eine Nacht in einem schäbigen Hotel, bevor wir anschließend mit einer Fähre, die bloß zwei mal am Tag, ausgenommen am Sonntag, fuhr, nach Atargatis Island übersetzten. Ich hatte bereits auf der Reise ein mulmiges Gefühl, ich war zwar nicht abergläubig, jedoch waren uns bereits mehrere böse Omen begegnet. Max zerbrach ihren Handspiegel, unser Zug fuhr auf Gleis 13 ab, und als wir in dem Hotel ankamen, saß eine einzelne Elster vor meinem Fenster. Ich schüttelte den Gedanken ab, dass dies wirklich etwas bedeuten könnte. Wahrscheinlich lag es an dem Filmen, dass ich anfing mir über so etwas Gedanken zu machen. 

Wir fünf waren die Einzigen auf der Fähre. Der Kapitän hatte nur einen skeptischen Blick für uns über. Keine Begrüßung, er grunzte nur. Die Überfahrt dauerte eine halbe Stunde. Es schien als hätte uns alle ein mulmiges Gefühl überkommen, etwas was für uns alle neu war. Niemand von uns sprach, aber die Stille war nicht sehr beruhigend. Als wir auf der Insel ankamen mussten wir feststellen, dass es von der Anlegestelle bis zum Dorf weiter war, als wir anfangs dachten. Zudem lag die Bar, in der wir Zimmer gemietet hatten, das Aladwick Inn, auf der von uns am weitesten entfernten Seite von Craworth. Es gab keine Busverbindung, da die Bewohner dieses kleinen Ortes wahrscheinlich keinen Nutzen daran hatten. Es blieb uns also keine andere Wahl, als zu Fuß bis zur unserer Herberge zu laufen. Jess kramte ihre Kamera aus dem Rucksack und begann unseren Weg zu filmen. Später würden wir uns eine Einleitung überlegen und die Audiodatei über den Film legen. Die Straße führte ohne Kurven durch das Dorf hindurch, rechts und links befanden sich kleine Häuser, vereinzelt einige, die als alte Fischerhütte durchgehen könnten. Es schien wie eine Geisterstadt, niemand war zu sehen und das einzige Geräusch war der Wind, der durch unsere Haare wehte, und der Sand, der unter unseren Schuhen knirschte.

Nach einiger Zeit, in der wir das Gefühl hatten in einer niemals endenen, verlassenen Stadt festzustecken, erblickten wir einen kleinen Jungen in einem der Vorgärten. Max lächelte und winkte ihm zu, doch der Junge stand einfach nur da. Er winkte nicht zurück. Eine Frau trat aus dem Haus, zu dem der Vorgarten gehörte. Sie schien als wolle sie den Jungen hereinrufen, blieb aber stehen, als sie uns sah und warf uns einen grimmigen Blick zu. Der Junge lief zu ihr und nahm sie an der Hand. "Sie wissen nicht zufällig, wie weit es noch bis zum Aladwick Inn ist?", rief Mike zu ihr hinüber. Für ein paar Sekunden dachte ich, dass sie nicht antworten würde. "Nicht mehr weit, nicht länger als zehn Minuten", grunzte die Frau jedoch schließlich zurück. Cam dankte ihr und wir liefen weiter. Max drängte sich neben mich und flüsterte mir ins Ohr, dass sie sich unwohl fühlte. "Mir geht es genauso", erwiderte ich. "Die Leute hier sind seltsam."
Die Frau hatte recht, und nach einigen Minuten, in denen wir die leergefegte Straße entlangliefen, erschien ein zweistöckiges, schwarz gemaltes Haus, an dessen Seite große, rote LED-Buchstaben den Namen verkündeten. Aladwick Inn. Es gab eine Veranda, auf der zwei Bänke standen. Wir hieften unsere Koffer die Stufen hinauf. Bei näherem Hinsehen war zu erkennen, dass die Farbe langsam von dem Holz abblätterte. Die Tür, die mit ihrer roten Farbe und den kleinen Schnitzereien und Verzierungen vom Rest herausstach, öffnete sich und das Klingeln einer Glocke ertönte. Eine junge Frau trat heraus, vielleicht Mitte 30. Ihre braunen Haare waren zerzaust und sie sah gestresst aus. Ich bemerkte, dass ihre Hand zitterte. Sie schaute uns verdutzt an, setzte dann jedoch ihren Weg fort, was bedeutete, dass sie sich ohne ein Wort zu sagen durch unsere Gruppe hindurch zwängte. Mit schnellen Schritten verschwand sie aus unserem Blickfeld. Bevor wir eintraten, gab ich ein Zeichen und Jess verstaute ihre große Kamera und holte stattdessen eine unauffälligere heraus, ungefähr von der Größe eines Daumennagels und klemmte sie an die Brusttasche ihres Flannelhemdes. Somit würde der Betreiber unserer Herberge, oder wer auch immer uns gleich begrüßen würde, nicht sofort mitbekommen, dass wir filmten. Denn so wie wir es bis jetzt mitbekommen hatten, mochten die Bewohner Craworths Besucher wohl nicht und mieden Kontakt. Ich wollte nicht das Risiko eingehen, dass wir wegen der Kamera Probleme bekommen würden.
Nachdem das getan war, stieß Cam die Tür auf. Erneut ertönte die Klingel. Nacheinander traten wir ein und fanden uns in einem abgedunkelten Raum wieder, der einer Bar sehr nahe kam. Die einzige Lichtquelle waren kleine Lampen auf den vereinzelten Tischen und dem Tresen, die alle ein rötliches Lich von sich gaben. Die Fenster waren von Tüchern verdunkelt und ließen kein Tageslicht hinein. Das einzige Geräusch war das leise Gedudel eines Radios und das Gemurmel von zwei Männern, die in an einem Tisch in der Ecke saßen. Sie schauten kurz auf ams wir den Raum betraten, wandten sich dann aber wieder ihrem Gespräch zu. Hinter dem Tresen war niemand zu sehen. Wir schauten uns ratlos an, bis durch einen Vorhang in der Wand, der mir vorher nicht aufgefallen ist, eine ältere Frau trat. Sie musterte uns von oben nach unten. "Was wollt ihr hier?", fragte sie in einem ziemlich unhöflichen Ton. Max trat hervor. "Mein Name ist Max Johnson, ich habe 5 Zimmer reserviert und-". Die Frau unterbrach sie. "Jaja, ist schon klar." Sie griff unter den Tresen und ließ 5 Schlüssel auf die Oberfläche knallen. Dann deutete sie nach links. "Treppe hoch, die ersten 5 Zimmer auf der rechten Seite. Bei Fragen kommt ihr runter." Max nickte eilig, griff nach den Schlüsseln und verteilte sie unter uns. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, schleppten wir gemeinsam unsere Koffer die Treppe hoch und verzogen uns auf unsere Zimmer. Ich denke wir brauchten alle erst einmal ein wenig Ruhe. Es war eine anstrengende Reise, bis jetzt waren wir nur seltsamen Menschen begegnet. Ich glaubte, wir würden alle erst einmal ein wenig Ruhe gebrauchen und somit beschloss ich, mich bis zum Abendessen schlafen zu legen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 11, 2020 ⏰

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