Traum, Realität

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Bunte Farben, dann Augen so golden im Sonnenlicht, einmal blinzeln und... Schwärze.
Erschrocken aufkeuchend fuhr ich hoch und schlug die Augen auf.
"Ich hätte doch was frühstücken sollen.", murmelte ich genervt und was träumte ich überhaupt für komische Sachen.
Mittlerweile war es fast 10 Uhr also beinah Unterrichtsbeginn und mein Kopf tat mächtig weh vom Aufprall auf den harten Boden des Unterrichtsraums.
Mir den Kopf haltend setzte ich mich ans Pult und seufzte.
Solche ähnlichen Träume hatte ich schon oft gehabt aber dieser war noch um einiges realischer gewesen. Zugegeben hatte es sich vor allem ganz anders angefühlt. Unheimlich gut.
Die Tür schwang auf und Maria stürmte in den Raum.
"Hi, ich sollte bescheid sagen, dass Kim heut nicht kommt. Ihr geht's nich so gut."
"Was hat sie denn?", fragte ich möglichst desinteressiert. Mit ihr konfrontiert werden wollen hätte ich nach einem solchen Traum sowieso nicht.
"Ich weiss nicht. Hab nur mit ihr geschrieben eben,aber sie hat nichts gesagt ausser dass sie" halt nicht kommt"."
Ich zuckte mit den Schultern." Notiert. "
Vermutlich hat sie Familienprobleme oder sowas, dachte ich bei mir, doch hatte ein komisches Gefühl.
Einen Entschluss hatte ich jedoch gefasst nach meinem heutigen Traum. Ich würde mich von Kim distanzieren und in den Ferien daran arbeiten meine Träume zu kontrollieren. Dieser Wahnsinn musste aufhören.

Die Projektwoche war ziemlich ereignislos und meine Laune war am Freitag am Tiefpunkt angelangt.
" Das liegt daran weil sie nicht da ist." summte eine Stimme in meinem Kopf, doch ich ignorierte es geflissentlich wie so vieles.

In den Ferien fuhr ich zunächst mit jost in den SkiUrlaub, bevor wir endlich meinen Mann in Amerika besuchen würden, doch irgendwie freute ich mich kaum darauf.

" Mami wir landen!!!", rief mein Sohn fröhlich und zappelt in seinem Sitz rum.
"Ja ich weiß.", war meine einzige Antwort in einem demotivierten, abwesenden Tonfall. Ich vermisste etwas. Vielleicht die Schule oder meinen Balkon... Irgendetwas fehlte und zwar sehr. Vielleicht war ich auch nur sauer auf meinen Mann. Man hatte sich ein halbes Jahr nicht gesehen.
Als es dann schließlich so weit war, schlug meine trübe Stimmung allerdings um. Plötzlich total aufgeregt rannte ich zusammen mit meinem Sohn auf ihn zu und wir umarmten uns fest.
"Es tut mir leid, hier war so viel zu tun.", entschuldigte er sich und schaute mir in die Augen, bevor er mir einen kurzen Kuss gab.

Händchenhaltend spazierten wir an diesem Abend an der Küste Californiens entlang und unterhielten uns über all das was in der langen Zeit zwischen den beiden Treffen passiert war. Es war viel angenehmer als ich befürchtet hatte, sogar wieder so richtig schön. Wir lachten viel und es war ein romantischer Abend.

Genau so blieb es die gesamte Urlaubszeit, doch irgendwie fühlte ich mich sehr merkwürdig. Als waere ich krank aber irgendwie auch trotzdem gesund. Wirklich erfassen konnte ich das Gefühl nicht. Es war auch nicht zu beschreiben.

"Okay, ich bin auch bald wieder in Deutschland, kommt gut heim, meine Schätze." Damit überreichte Friedrich mir die Koffer und winkte noch bis das Taxi zum Flughafen nicht mehr zu sehen war.
Als er aus dem Sichtfeld verschwand fing unser Sohn zu weinen an, wie immer. Versuche ihn zu trösten waren ebenfalls so zwecklos, wie die Male davor.

"Endlich zuhause!", rief er dennoch recht fröhlich bei unserer Ankunft und gähnte. Nachdem ich aufgeschlossen hatte rannte er nach oben ohne seinen Rucksack mit hochzunehmen, also blieb es an mir hängen.
Sein Gepäck an seinen Platz gewiesen, musste nur noch das eigene den Weg finden und ohne viel Motivation, wollte ich es gerade anheben, als ich eine Bekannte Stimme hörte. "Kim?" Ich drehte mich blitzschnell um und ein breites Lächeln Stahl sich in mein Gesicht.
Kim schien sich nicht sonderlich zu freuen oder gute Laune zu haben.
"Alles OK, was gibt's?", fragte ich neugierig und etwas besorgt, doch bekam zunächst keine Antwort.
"Ich wollte mich entschuldigen.", brachte sie hervor und es schien ihr nicht sonderlich leicht zu fallen.

Absolut nicht im bilde darüber wovon sie redete, schaute ich sie einfach nur an und wartete darauf, dass sie sich erklären würde, doch sie sagte nichts weiter.
" Wofür denn? "
Ihr Blick brannte ein Loch in den Boden, ihr schönes Gesicht war unendlich traurig.
Antworten zu wollen schien sie nicht.
"Also ich weiss nicht wovon du redest, aber es geht dir wohl nicht so gut? Komm doch mit rein, meine Schöne."
Bei den letzten zwei Worten blickte sie auf, offensichtlich überrascht.
Sie nickte langsam und ein Funken Hoffnung blitzte in ihren Augen.
"Soll ich den Koffer nehmen?", fragte sie zuvorkommend, als ich ihn erneut anheben wollte.
"Ich kann das doch auch.", zwinkerte ich ihr zu und ging mit dem Koffer voran.

Oben angekommen liess ich sie eintreten und folgte ihr in den Flur, von wo aus ich kurz nicht weiterwusste. Der Balkon? Aber mein Sohn würde uns vermutlich stören.

"Privatsphäre?", wollte ich von ihr wissen.
"JA, ich denk schon.", sie lächelte nun schon etwas breiter und erinnerte somit an ihr normales Selbst.
"OK, folg' mir.", ermuntert ich sie.

"Also worum geht es jetzt?", wollte ich im Wohnzimmer erneut wissen.
"Ich hätte dieses Gedicht vielleicht nicht vortragen sollen. Die Idee Ihnen die Last dieses Wissens aufzubürden war nicht so gut."
Sie schaute mich kurz von der Seite her scheu an, doch bemerkte sofort meinen verwirrten Gesichtsausdruck.
"Sie wissen schon meine Gefühle." Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern.
"Gefühle in welcher Lage? Tut mir leid ich weiß grade nicht was du meinst."
Jetzt traute sie sich mir in die Augen zu schauen.
"Sie... Sie ignorieren das einfach?"
Ein ungutes Gefühl machte sich in mir breit. Ja, ich ignorierte so einiges.
"Eigentlich höre ich dir immer zu, aber ich hab da wohl irgendwas mal verpasst?" Entschuldigend blickte ich in ihre Augen und mal wieder versank ich in deren Tiefen.
"Das, das... Ich hab das doch nicht geträumt... ", alarmiert stand sie auf.
"Erzähl Es mir doch einfach nochmal jetz wo du wach bist." jetzt musste ich lachen. "ganz ruhig, setz dich erstmal wieder."
Wild den Kopf schüttelnd antwortete sie mir:" Nicht, dass sie dann wieder so reagieren."
"Bin ich so furchteinflößend?"
Wieder schüttelte sie den Kopf.
"Was hab ich denn Schlimmes gesagt..."
Sachte schloss ich meine Finger um ihr Handgelenk und zog sie zu mir.
Oh dieses Gefühl hab ich ganz vergessen, stellte ich fest. Dieses Kribbeln im Bauch... Bestimmt vom Flugzeugfliegen...
Irgendwie schaffte ich es sie mit dieser Geste nun doch dazu zu bewegen sich zu mir zu gesellen und atmete auf.
"OK, dann erzähl mal."
Besorgt sah sie auf den Boden und seufzte tief.
"Dann denken sie ich wär vollkommen verrückt."
"Niemals würde ich sowas über dich denken."
Lange herrschte Stille, bevor sie sagte:
"ich kann es nicht erzählen. Nie, nicht ihnen. Ich bin froh, dass es ein Traum war. "

Stop lovin' me honeyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt