Manchmal ist die Angs vor dem Verlust schmerzhafter, als der Verlust selbst

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Ich renne.
Ich renne durch die engen Gassen meiner Geburtsstadt.
Ich renne, um meine ganze Wut rauszulassen, um das eben geschehene aus meinen Erinnerungen zu verbannen.
Ich renne, um IHN zu vergessen.
Ihn, der mein Herz in seinen Händen hielt und es zerriss.
Ich renne und die Gassen werden immer breiter.
Ich bin im Zentrum meiner Stadt angekommen ohne es zu merken, ohne überhaupt zu wissen wie ich dort hingelangt bin.
Ich renne weiter, bis ich am Bahnhof ankomme.
Kurz stelle ich mir vor wie er reagieren würde, wenn ich mich auf die Gleise legen würde und nie wiederkommen würde.
Stattdessen steige ich in den nächsten Zug ohne überhaupt zu wissen was ich tue, ohne zu wissen wohin der Zug mich fährt.
Ich sitze Stundenlang im Zug und schaue der vorbeirasenden Landschaft zu.
Einmal steige ich um, da der Zug an seiner Endstation angekommen ist.
Nur am Rande nehme ich die vorbeirauschenden Städte war.
Ich bin wie besessen.
Ich nehme nichts mehr war, bis auf das Rauschen in meinen Ohren und SEINE Stimme.
An der nächsten Haltestelle steige ich aus und schaue mich um.
Ich zittere am ganzen Körper, da ich seit Stunden nichts mehr gegessen und getrunken habe.
Im Stadtzentrum finde ich einen Supermarkt in dem ich mir was zu essen kaufen kann.
Auf dem Weg zur Kasse, streift mein Blick ein Regal in dem Rasierer stehen.
Kurzerhand fasse ich einen Entschluss.
Schließlich verlasse ich den Laden mit etwas zu essen und einem Langhaarrasierer.
Orientierungslos streife ich durch die Stadt.
Schließlich finde ich was ich suche.
Ein Restaurant.
Ich betrete es und frage eine Angestellte ob ich einmal die Toilette benutzen dürfte.
Die freundliche Frau nickt mir zu und wendet sich einem Kunden zu.
In dem kleinen Bad stelle ich mich vor den Spiegel und öffne meine Haare.
In langen blonden Wellen umspielen sie mein Gesicht.
Das war es was IHM so an mir gefallen hat.
Bevor ich es mir anders überlege, greife ich in meine Tasche und hole den Rasierer raus.
Ich lese mir die Bedienungsanleitung durch und kurz darauf fallen meine langen Haare in das weiße Waschbecken.
Übrig bleiben drei Millimeter.
Endlich kann ich wieder frei aufatmen.
Endlich einmal habe ich eine Entscheidung getroffen, die IHM nicht gefallen würde.
Und das macht mich unglaublich glücklich.

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