Teil von Waiting Patiently
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Das friedliche Rascheln der Blätter lenkte den blauhaarigen Jungen von seinem keuchenden und erschöpften Atem ab, welchen er bei der langen Strecke, die er im Sprint zurücklegt hatte, bildete. Als er bemerkte, dass seine bereits schmerzenden Beine bei jedem Schritt geradezu bebten, entschied er sich dazu, eine kurze Pause einzulegen, bevor er noch umkippen würde.
Schweratmend und sichtlich verängstigt blickte sich der 16-jährige hastig um und konnte in dem Wald keine Menschenseele entdecken, weshalb er sich auch etwas beruhigte. Das Grün der Bäume verdeckte die morgendlichen Sonnenstrahlen deutlich, doch nicht genug, um den Wald ins Dunkle zu tauchen. Mit seinen silbrig-blauen Augen sah er sich weiter um und entdeckte eine etwas größere Lichtung in der Ferne, zu welcher ein kleiner Trampelpfad führte.
Der Gedanke, die Polizei würde den Teenager möglicherweise schon suchen, ließ ihn die Idee verwerfen, sich auf der Lichtung einige Minuten auszuruhen. Ein Helikopter oder eine Drohne, welchen sie nach seinem nun schon zehnten Ausbruchsversuch alleine diese Woche lossenden würden, könnte ihn von dort erspähen und dann hätten die Officer leichtes Spiel ihn zu schnappen und zurück nach Hause zu verfrachten.
Nach Hause zu seinem Vater wollte der Junge überhaupt nicht, auch wenn er in Gedanken bei seiner Mutter war, welche er gerne mitgenommen hätte. Er würde sie holen, sobald ihm seine Flucht gelang, denn die Möglichkeit geschnappt zu werden, war immer noch hoch, auch wenn sein Verschwinden möglicherweise noch gar nicht aufgefallen war. Schließlich sollte er heute in der Schule sein und dem Vater war bewusst, dass sein Sohn häufig noch schnell bei Starbucks etwas zu trinken holte und dort noch kurz lernte.
Die Angst des Jungen, trotz seines gut durchdachten Plans, dennoch in die Arme seines Vaters zu rennen, so wie am vergangenen Tag, war dennoch groß. Trotzdem schaffte er es, sich mit dem ruhigen Durchatmen davon abzulenken und seine Erschöpfung etwas zu verringern.
Langsam lehnte er sich mit dem Rücken gegen einen nahestehenden Baum, um seine Beine etwas zu entlasten, doch sprang hastig wieder nach vorne, als der Schmerz seinen ganzen Körper durchfuhr und ihn daran zurückerinnerte, was gestern erneut vorgefallen war.
„So ein Mist" fluchte er seufzend und fuhr sich dabei mit der rechten Hand durch die Haare, welche ihm durch die rasche Bewegung ins Gesicht fielen, als er sich zu dem Baum umdrehte.
Er hasste es, wenn ihn sein Vater in den Keller runterzerrte und dort über die Nacht einsperrte. Seine daraus entstandene Klaustrophobie sowie sein schreckhaftes Verhalten im Dunkeln, welches ihn zum Glück nicht daran hinderte, sich Horrorfilme anzusehen, hatten sich durch die zahllosen Nächte im Keller eingeprägt, und er hasste sich selbst dafür, jedes Mal eine erstarrende Panikattacke zu haben und wie ein verschrecktes Tier in der Ecke zu kauern, wenn sein Vater die knarzende Holztreppe hinunterkam.
Seine Gedanken schweiften wieder zurück auf seine Flucht und er fragte sich, ob man ihn bereits suchte oder man vielleicht sogar schon eine weitere Flucht von ihm geahnt hatte. Was würde passieren, wenn sein Vater ihn nochmals erwischte? Dieses Mal wäre er sicher nicht nur eine Nacht im Keller, sondern sicherlich mehrere Tage.
Ein Schauer lief dem Teenager über den Rücken, welcher eine erneute Welle des Schmerzes auslöste und ihn daran erinnerte, dass er die unzähligen blauen Flecke, welche sogar schon ineinanderliefen, besser nicht noch mehr reizen sollte. Er seufzte erneut auf und wünschte sich an einem ganz anderen Ort zu sein, ohne Schmerz und Angst, hoffte er würde bald einen Ausweg finden und sein verzweifelter Optimismus würde ihn dieses Mal helfen.
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Allmentaly: Sidestorys
Short StoryEine Sidestorysammlung aus meinem eigens erstellent Buchuniversum. Ich hoffe euch werden diese Kurzgeschichten hier gefallen, die ich von Zeit zu Zeit schreiben werde, wenn ich ne kleinere Pause von der Arbeit an meinem Hauptbuch namens "Allmentaly"...