Mate

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Shiras p.o.v.

Schon seit Tagen lief ich im Wald umher, versuchte, niemandem zu begegnen. Sobald ich jemanden sah oder einen fremden Geruch erhaschte, der zu einem Menschen oder Werwolf gehörte, flüchtete ich in die andere Richtung.
Doch noch immer hatte ich kein Ziel. Der Schrecken und das Entsetzen saßen mir immer noch im den Knochen und ich war mir sicher, dass es so bald nicht schwinden würde.

Ich hatte mein Gehör verloren. Und meine Stimme.
Meine Mutter weilte nicht mehr unter den Lebenden.
Ich hatte kein Rudel, war allein, einsam.
Ich wusste nicht mehr, was ich tun sollte.

Gestern hatte ich eine Kuhle im Boden gefunden, die wohl ein Tier gegraben haben musste.
Da die Dämmerung bereits eingebrochen war und ich vor Müdigkeit kaum noch stehen konnte, hatte ich mich kurzerhand darin eingerollt, in der Hoffnung, es würde mich niemand sehen.
Und doch war ich erst spät eingeschlafen. So wie immer in letzter Zeit.

Im Traum lief ich im Wald umher, streunte herum wie ein herrenloser Hund, bis...bis da plötzlich so ein Geruch war, ein Geruch, der mich im Innersten berührte.
Mein Herz und meine Seele wurden weit und ich inhalierte diesen Geruch geradezu.
Er roch frisch wie ein kühler Lufthauch, so warm wie eine sanfte Sommerbrise, ich meinte Pfefferminz zu erschnuppern.
Es war ein unglaublicher Geruch. Ich glaube, ich verliebte mich ein Stück in ihn.

Dieser Geruch zog mich langsam aber stetig aus dem Schlaf und noch etwas müde öffnete ich blinzelnd die Augen.
Es war bereits hell. Gott, wie lange hatte ich geschlafen?
Ich hatte gar nicht gemerkt, wie die Sonne aufgewacht war.

Doch diese Gedanken verschwanden, als meine Augen nun vollständig offen waren und ich den schönsten Wolf auf der Welt erblickte.
Das erste, was ich bemerkte, waren seine unglaublichen Augen. Es war, als schaute ich in die endlosen Weiten des Himmels, ein Anblick, den ich Stunden, nein, Jahre genießen könnte.

Mein Blick wanderte weiter, über die graubraune Stirn zu den zimtfarbenen Ohren und die Flanke, die graubraun gemischt war.
Dann huschten meine Augen wieder nach vorne zu seiner weißlichen Schnauze und dem vanillefarbenen Hals.
Er war wunderschön.

Und als gefiel ihm mein bewundernder Blick, verwandelte er sich in seine Menschengestalt, als wolle er sagen: sieh her, ich sehe nicht nur als Wolf atemberaubend aus.
Tja, was sollte ich sagen? Es stimmte.

Als Mensch hatte er hellbraune Haare und noch immer diese unglaublichen blauen Augen.
Mein Blick wanderte weiter über den hellen Teint zu der geraden Nase und dann zu den vollen Lippen, die leicht nach oben gebogen waren, als würden sie keine andere Stellung kennen.

Ich schluckte schwer, als mein Blick weiter nach unten glitt. Er hatte einen drahtigen Körperbau und war bestimmt 1,75 Meter groß, und überragte mich somit um zehn Zentimeter.

Er war attraktiv, keine Frage. Und er war ein Werwolf. Wenn ich mich nicht irrte, gehörte er sogar dem feindlichen Rudel an.
Doch das war es nicht, was mich schockte. Nein, der Schock, der mich überflutete, war nur einer einzigen Tatsache zuzukommen:
Dieser Typ dort war mein Mate.

Und er kam geradewegs auf mich zu.
Lächelnd. Und mit Lippen, die sich bewegten.
Scheiße. Gebannt blickte ich auf diese Lippen, als würde das helfen. Als würde ich verstehen, welche Worte sie formten, wenn ich sie nur lange genug anstarrte. Aber das tat es nicht.
Und die Blume der Panik erblühte in meinem Herzen.
Es schien, als würde sie ihre Pollen in mir ausgießen, sodass ich nun hektisch atmete.

Und das war nicht alles. Tränen standen mir plötzlich in den Augen.
Mein Mate blieb besorgt stehen.
Und ich...ich war nicht mehr ich selbst. Wie auch? Ich hatte mein verdammtes Gehör, meine verdammte Stimme verloren. Meine Mutter war erst vor kurzem gestorben.
Ich konnte meinen Mate nicht hören. Würde es nie können.
Was sollte er von mir denken, wenn er es erfuhr? Was sollte ich ihm sagen? Nicht nur das, ich gehörte auch noch zu ihren Feinden, auch wenn mein eigenes Rudel mich verstoßen hatte.
Ich war seiner nicht würdig.

Don't trust me, Mate - PAUSIERTWo Geschichten leben. Entdecke jetzt