Lie, Battlepaw. Lie until your lies come true.

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Ruinenpfote stand auf einer nächtlichen Wiese, sein Fell schimmerte weiß wie Sternenlicht. Streng genommen war es sein Herz, das Licht abstrahlte, aber da man es in seinem Inneren natürlich nicht sah, wirkte es, als würde es das Fell sein, das leuchtete. Er hatte sich nie daran gewöhnt, dass er auf einmal Büsche, Bäume, Widerstände durchdringen konnte, weißlich schimmerte, und ein Wissen besaß, das er sicher nicht im irdischen Leben gewonnen hatte. Das alles waren ohne Zweifel sehr nützliche Dinge (bis auf das Leuchten - einer Katze namens Alix zufolge, ließ sich das verhindern, aber wie, war ihm nicht klar), aber sie ersetzten nicht, was er verloren hatte. Seinen Körper, sein Leben, das Licht der Sonne (es war hier immer dunkel, so hatte er sich den SternenClan sicher nicht vorgestellt), vor allem aber die beiden Katzen, deren Namen ständig durch Ruinenpfotes Gedanken jagten. Kristallpfote und Eisenjunges.
Die Melancholie wurde jäh unterbrochen, als eine Zweibeinerin durch die Wiese rannte - wie zum SternenClan kam sie hier her? Sie leuchtete nicht, nur in ihr ohnehin weißes Haar breitete sich ein schwacher Lichtschein aus, lebte sur also noch? Wie auch immer, er musste hier weg.
"Ruinenpfote!" Jetzt rief sie auch noch nach ihm! Oder halluzinierte er?
"Ruinenpfote!" Vor lauter Verwunderung war er stehen geblieben, jetzt hatte sie ihn eingeholt, und kniete sich vor dem Schüler hin.
"Wer bist du, wie kommst du hier her, und was willst du?" Die Frage klang sehr viel neugieriger und weniger mürrisch, als er geplant hatte. Sie lachte auf, glockenhell.
"Ich bin Rime. Wie ich hier her gekommen bin weiß ich übrigens selbst nicht, aber ich soll dir etwas beibringen"
"Was kannst du mir bitte beibringen?"
"Wie man lügt?"
"Warum kannst du mich eigentlich verstehen? Du bist eine Zweibeinerin!", versuchte er, das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken.
"Ich bevorzuge das Wort Mensch. Aber vermutlich kannst du mich verstehen, weil ich mal eine Katze war. Naja, ein Teil einer Seele, der andere war eine Katze, aber es zählt wohl" Bitterkeit Klang unterschwellig aus ihrer Stimme.
"Bitte was? Du bist eine Katze? Wie geht das?"
"In meiner Welt -meiner ehemaligen Welt- namens Elysill gibt es das. Elysill ist eigentlich nur eine halbe Welt, die andere Hälfte dieser Welt nennt sich das Gegenüber. Wenn ich in Elysill sterbe, wandert meine Seele ins Gegenüber, und wird dort neu geboren, zumindest theoretisch"
"Praktisch bist du nicht in deinem Gegenüber. Wie bist du hergekommen?"
"Woher soll ich das wissen?" Alle Fröhlichkeit war aus ihrem Gesicht gewichen, als sie es erzählte, seltsam monoton, als beträfe es sie gar nicht. "Als ich das letzte Mal aus dem Gegenüber nach Elysill kam, war ich mit meinem Leben -oder Tod- dort wohl noch nicht ganz fertig, denn die Grenze, die die beiden Welten spaltet, riss einen Teil meiner Seele weg. Ich hätte sterben müssen, eine halbe Seele kann nicht leben, doch der größere Teil verschmolz mit einer anderen Seele - der einer blauen Kätzin -ja, bei uns gibt es blaue Katzen- ihr Name war Sturm. Sturm und ich, obwohl wir eigentlich ein Wesen waren - Raureifsturm, konnten uns kurzfristig trennen, Mensch und Katze. Einmal waren wir zu lange getrennt, ich bin erfroren. Diesmal hätte die Grenze meine Seele endgültig zerpflücken müssen, aber ich wurde hierhergetrieben - wie, warum, keine Ahnung. Aber warum ist nicht wichtig, die Frage wäre warum nicht, und offensichtlich sprach nichts dagegen"
"Das klingt sehr interessant"
"Ist es auch. Aber ich bin hier, weil ich dir etwas beibringen soll." Jetzt lachte sie wieder, wie Blubberblasen unter Wasser perlte Rimes Gelächter durch die ewige Nacht.
"Ja, zu lügen. Aber ich sehe nicht, warum ich das lernen muss, Ehrlichkeit ist etwas sehr wertvolles"
"Natürlich, vielleicht das wertvollste, was du hast. Aber willst du nicht Kristallpfote wiedersehen? Eisenjunges?"
"Doch. Sag mal - kommst du vom finsteren Wald, und willst mich ins Dunkel ziehen?"
"Erstens ist es bereits dunkel. Zweitens bringt es mir nichts, mit irgendwem zusammenzuarbeiten, ich erhoffe mir nichts davon. Mein endgültiger Tod bringt mir nichts, genausowenig, wie mein seltsames Zwischenleben"
"Wie gesagt - interessant. Trotzdem habe ich nicht besonders viel Lust, meine Zeit darauf zu verschwenden, etwas zu lernen, das ich niemals gebrauchen werde"
"Es geht doch auch nicht darum, dass du lügen lernst, um zu lügen", erklärte Rime, ein Hauch von Ungeduld schwang in ihrer Stimme mit.
"Bitte? Ich soll etwas lernen, um es dann nicht zu benutzen?"
"Ja" Vor seinem inneren Auge konnte Ruinenpfote sehen, wie sie sich mit der Hand gegen die Stirn schlug. "Es geht darum, dass du verstehst, wie du dein Herz außer Acht lassen kannst, bis es im Takt deiner Gedanken schlägt. Ich weiß, du schätzt dein aufrichtiges Herz, glaub mir, das tue ich auch, aber du musst es lernen zu überhören, wenn du als Geist zu in der echten Welt sein möchtest. Dort musst du sein, warum, weiß ich nicht sicher, du musst Eisenjunges und Kristallpfote etwas mitteilen, das wichtig ist, soviel habe ich in Erfahrung bringen können. Und jetzt frag nicht wieder 'wie bitte'" Sie äffte ihn nach, ganz eindeutig, aber das Mädchen hatte recht, das musste Ruinenpfote einsehen.
"Wie geht das denn jetzt - lügen?", fragte er zögerlich.
"Erkläre ich dir. Aber davor muss ich dir sagen, dass das, was ich dir beibringe, eine Waffe ist, die ich in deine Hände oder Pfoten oder sonstwas lege. Viele erliegen dem Irrtum, wer diese Waffe besäße, wäre böse oder durchtrieben. Das mag auf viele zutreffen, aber nicht auf alle. Es kommt nicht darauf an, diese Waffe zu besitzen, sondern sie einzusetzen - oder es eben nicht zu tun. Kapiert?"
"Ja", nickte er. Obwohl sie es in schnippische und unelegante Worte kleidete, verstand er zumindest ansatzweise, was Rime ihm zu erklären versuchte. Dass es nicht darauf ankam, welche Stärken Ruinenpfote hatte, sondern wie er mit diesen Stärken umging und sie einsetzte.
"Sehr gut. Was weißt du darüber, wie lügen funktioniert?"
"Man sagt etwas, das nicht wahr ist, und wenn man es gut kann, dann merkt der andere nicht, dass man gelogen hat. Danach fühlt man sich übrigens ziemlich übel"
"Vergiss den letzten Teil wieder. Und den ersten zumindest halb. Ja, beim lügen erzählst du etwas, das nicht der Wahrheit entspricht, die zu diesem Moment besteht. Aber das bedeutet nicht, dass es unwahr ist, vielleicht war es ja die Wahrheit einer Vergangenheit oder Zukunft oder eines anderen Ortes, das kannst du niemals wissen. Vielleicht erschaffst du auch das, was du sagst, in deinem Kopf, womit es teilweise wahr ist"
"Was in meinem Kopf ist, ist wahr?"
"Natürlich. Oder würdest du sagen, Kristallpfote ist nicht real, weil du sie in diesem Moment nicht siehst, und sie nur in deinem Kopf ist?"
"Nein, aber das ist etwas anderes"
"Nein. Es geht beim Springen in die irdische Welt genau darum"
"Dass Kristallpfote real ist?", fragte er verwirrt.
"Nein, jetzt komm schon, streng dein hübsches Köpfchen an" Sie sagte es schnippisch und leicht genervt, was er ihr auch kaum verdenken konnte. "Darum, dass du in der 'echten' Welt zwar gerade nicht real bist, aber es werden kannst, zumindest so halbwegs. Wie gesagt, es ist eine Kopfsache, dein Herz steht dir im Weg, den es für dich geebnet hat. Bring es dazu, deinem Willen zu gehorchen, und stell dir vor, an einem beliebigen Ort in der echten Welt zu sein. Stell es dir vor, als hättest du einen echten Körper. Dein Kopf glaubt daran, dein Herz erstmal nicht. Wenn es das schließlich doch tut, hast du es geschafft, dein Herz schlägt im Takt deiner Gedanken, und du müsstest dort sein"
"So einfach? Ich muss mir nur etwas vorstellen"
"Theoretisch - ja. Praktisch eher nicht, den meisten stellen sich Widerstände in den Weg, wenn sie es versuchen, es ist unnatürlich. Diese Widerstände zu umgehen, das ist die echte Kunst. Achso, und ich soll dir sagen, dass du dich nicht an einem Ort materialisieren sollst, an dem viele Katzen sind. Nicht, dass es für dich einen Unterschied machen würde, aber man sieht als Außenstehender wohl den Verwesungsprozess rückwärtslaufen, also von den abgenagten Knochen zur Leiche zum Zeitpunkt des Todes, und dann zur Katze, wie sie hier aussieht, wenn du es schaffst. Es soll nicht besonders toll aussehen"
"Ah. Danke für die Warnung?" Auf einmal fiel Ruinenpfote wieder etwas ein, das er sich schon die ganze Zeit gefragt hatte. "Wer schickt dich eigentlich her? Und warum kann derjenige mir nicht selbst beibringen, wie man zwischen den Welten springt?"
"Geschickt hat mich eine Kätzin namens Blüte, vielleicht kennst du sie, jung, flauschig weißes Fell, Strahlende, grüne Augen? Nein? Auch egal. Auf jeden Fall hat sie sich schon immer sehr damit beschäftigt, wie die Welt hier funktioniert, und dadurch sich selbst zum Altern gebracht - sie starb als Junges in einem Feuer, zusammen mit ihrer Mutter Alix, musst du wissen. Sie hätte das auch selbst machen können, aber ich glaube, Blüte wollte, dass ich mich nützlich fühle. Abgesehen davon bin ich wohl eine ziemlich gute Lügnerin. Nicht im Sinne von 'Ich trickse jeden aus' -wobei ich auch das gut könnte-, sondern so, wie ich es dir erklärt habe"
"Aber warum nennen wir es dann lügen, wenn man doch nur zwischen Welten springt? Lügen ist so negativ behaftet. Und warum muss ich das selbst machen, wenn du es dich gut kannst?"
"Ich kann auch gerne weltenspringen sagen, falls dir das lieber ist. Lügen steht dafür, dass du die Natur austrickst und belügst, indem du als Toter in die lebende Welt trittst, wenn auch nur für kurze Zeit, aber das ist auch das einzige, was du belügen solltest. Und glaubst du, ein KatzenClan würde mir zuhören? Abgesehen davon wissen wir nicht, ob dein Clan mich verstünde"
"Achso."
"Ja, achso. Also, übst du es? Weltenspringen? Für deinen Clan? Eisenjunges? Für Kristallpfote?
"Ja."

Noch mehr zu Ruinenpfote, einfach, weil er mir wichtig ist. Und auch Rime taucht wieder auf, ihre Geschichte ist eine von denen, bei der der Tod erst der Anfang ist, wie der Klappentext versprochen hat. Und bei KristallpfoteWaCa entschuldige ich mich aufrichtig, dass ich einfach Storys um deine Kristalli und Ruinenpfote baue, ohne dich zu fragen, oder es mit deinen Backstorys abzusprechen. Sieh das hier einfach als ein AU an. Ehrlich gesagt, weniger als bei dieser Geschichte habe ich noch nie darüber nachgedacht, was ich schreibe. Es sollte etwas ganz anderes werden. Eigentlich. Und ja, auch diese Geschichte ist alt und grässlich geschrieben, auch wenn ich sie überarbeitet habe. Philosophische *hust* Themen wie Lügen sind einfach nicht mein Ding. ¡Adiós amigos y amigas, au revoir, mes amis!

PS: Ich entschuldige mich für die Rechtschreibfehler, die ich mit Sicherheit subtil irgendwo eingebaut habe.

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