Brav

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Winfrid trug Ronan so mühelos auf seinen Armen, als wäre er nicht viel mehr als ein Kind und blieb erst stehen, als ihm das Wasser bis zur Hüfte reichte. Der Lockenkopf hatte seine Arme dem Ritter um den Hals gelegt und dieser ließ ihn nun behutsam hinunter. Der See war angenehm kühl und erfrischte die beiden nach ihrem brünstigen Liebesspiel. Von Ronan war der Übermut gewichen und anstatt spritzend und jauchzend im Wasser herumzutollen wie zuvor, lehnte er sich sanft an Winfrids Brust.

„Ich danke dir", flüsterte er dem Blonden zu und schaute auf.

„Wofür?"

Der Mann erwiderte den Blick und erkannte eine Ernsthaftigkeit im Gesicht seines Liebsten, die ihn zutiefst rührte.

„Mit diesem Ritual wollte ich dir zeigen, was du mir bedeutest", fuhr er fort und hielt den Burschen ein wenig fester. „Danke mir also nicht. Eher muss ich dir danken, weil du mir vertraut hast."

„Das tu ich schon seit unserer ersten Nacht. Dankbar bin ich, weil ich weiß, dass diese Dinge von deinem Herzen zu meinem Herzen kommen."

„Meines schlägt für dich seit damals. Laut und stark."

Ronan lächelte, denn das war ihm kein Geheimnis und auch jetzt konnte er es in ihrer Umarmung an seiner Wange spüren.

„Bevor du kamst, dachte ich, meines wäre tot", erwiderte er, abermals ernst und leise.

„Vielleicht war es erstarrt, tot war es ganz sicher nicht. Es schlug schon bald in Einklang mit meinem."

„Du bist ein Krieger und Poet zugleich."

„Du nicht minder."

Die gesagten Worte verlangten nach einem Kuss und so fanden sich die Lippen der beiden ganz von selbst. Winfrid legte all seine Zärtlichkeit und Liebe hinein, denn immer, wenn er und Ronan sich daran erinnerten wie es war, bevor sie sich in Untertal begegneten, überkam ihn das Gefühl größter Dankbarkeit für das Glück, ihn dort gefunden zu haben. Niemals hätte er einen Menschen wie ihn an einem Ort wie jenem Bordell vermutet. Noch weniger hätte er geglaubt, dass es einen solch besonderen Menschen für ihn gab. Was hatten ein edler Fürstensohn und ein verwaister Liebesdiener schon gemeinsam? Nichts, was auf der Hand lag, und doch waren sie alles füreinander. Mit jeder Faser seines Körpers sehnte sich Winfrid nach Ronan, alle seine Sinne waren von ihm erfüllt und ihre Seelen waren verbunden, jenseits von Zeit und Raum, gerade so, als hätten sie schon immer zusammengehört. Wie um seinen Gedanken und Gefühlen Ausdruck zu verleihen, intensivierte der Ritter nun seinen Kuss, was dem Geküssten erst ein wohliges Seufzen und dann ein glucksendes Lachen entlockte. Erst da bemerkte Winfrid, dass er mit seinen Händen bereits von den Schulterblättern des Burschen über den Rücken hinabgefahren war und sie ihm wie unwillkürlich über seine Pobacken strichen. Wie lange wohl schon?

„Mmmmm", raunte Ronan ihm zu. „Du ... kannst doch nicht schon wieder ... so weit sein? Bleib mal ruhig, Großer."

Diese Unterbrechung ihres Kusses ließ nun auch den Blonden auflachen und brachte ihn zurück ins Hier und Jetzt. Immer frech, der Bengel! Aber es stimmte, was er andeutete. Weiter unten, wo sich ihre Körper aneinanderschmiegten, war seine Erektion deutlich spürbar und nicht zu übersehen.

„So ergeht's mir, seit ich dich habe", wehrte sich Winfrid scherzhaft. „Vielleicht hätte ich doch in ein Kloster eintreten sollen, wie andere vierte Söhne."

„Wen hättest du denn da erschrecken wollen?" Der Schalk in Ronans perlmuttfarbenen Augen war nicht zu übersehen und ließ den Blonden alles andere als kalt.

„Keine Ahnung", gab er kopfschüttelnd zu. „Es wird erzählt, dort gebe es nur Männer, die an den neuen Christengott glauben. Und Frauen haben die keine. Vielleicht wäre das ein Abenteuer geworden, sie mit dem zu überraschen, was du schon wieder in deinen frechen Händen hältst."

Die erste Nacht des SommersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt