König der Jagd und Traum schlafloser Nächte

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Eine Weile blieben die zwei Verliebten einfach im Gras liegen. Nur ihr beruhigter Atem und das stetige Knistern des Feuers war zu hören. Beinahe wären sie so auch eingeschlafen, denn der Tag mit seiner Jagd und das Liebesspiel am See waren erschöpfend gewesen. Selbst für Winfrid von Norderfeste. Aber dann meldete sich der Hunger. In der Hoffnung, er könne sein Magenknurren ignorieren und Ronan würde es überhören, zog er den Burschen noch etwas fester in seine Arme, aber es half nichts.

„Ich könnte jetzt einen halben Hirsch verspeisen", murmelte Ronan in Winfrids Brusthaar, was kitzelte, „und du auch, mein Prinz."

Der Blonde lachte. Ungefähr so fühlte es sich wirklich an. „Du hast Pech, mein Rabe. Der Hirsch passte nicht in die Satteltasche."

„Wenn es nur Engelwurz gibt, schrei ich um Hilfe."

„Was glaubst du, bringt das?", brachte Winfrid mit einem Kichern vor.

„Weiß ich nicht. Vielleicht kommt ein Einhorn mit einem Korb voller Honigbrot ...?"

„Da hast du aber Glück. Genau das habe ich dabei!"

„Ach, wirklich? Ein Einhorn mit Honigbrot?"

„Honigbrot!"

„Beweise es!"

„Das heißt wohl, ich soll aufstehen und es holen."

„Deine Idee ..."

„Dann, mein Knappe, hoch mit dir und lass mich aufstehen."

Ronan murrte ein wenig, aber das war nur gespielt. Ebenso der Klapps auf den Po, den ihm sein Ritter gab, damit er sich lachend seitwärts von ihm abrollte. Sodann streckte der Bursche sich auf dem weichen Gras einmal richtig aus, während sein Liebster ein paar dicke, trockene Äste nachlegte und sich zu dem Felsen trollte, wo die Sättel lagen und hinter dem die Pferde rasteten. All dies verfolgte der Lockenkopf nur zu gern mit seinem Blick. Die Stärke und gleichzeitig die Anmut des stattlichen Ritters waren Ronan bereits in ihrer ersten Nacht ins Auge gefallen. Wenn jener sich unbeobachtet wähnte, was klar der Fall war, dann schlenderte er wie eine wilde Katze und wirkte noch größer. Zudem schmeichelte der rötliche Feuerschein seiner nackten Haut und ließ sie aussehen, als sei der Mann aus Gold. Über diesen Eindruck musste Ronan versonnen lächeln, denn selbst wenn Winfrid aus diesem Edelmetall bestünde, wäre das noch nicht annähernd genug an Wert, den er selbst seinem Liebsten zumaß. Vielleicht würde er eines Tages ein Gedicht für ihn schreiben, oder besser noch, ein Lied.

Gab es das? Ronan hatte schon unzählige Lieder über Frauen und ihre besonderen Reize gehört. Wirklich schöne, poetische, aber auch, wenn er an die Taverne in Untertal dachte, derbe und anzügliche. Lobgesänge auf einen männlichen Geliebten fielen ihm keine ein.

Wie wird mir, ach, so wunderlich,

geliebter Mann, denk ich an dich!

Mein Herz erbebt und auch mein Leib,

beide sind nur dir geweiht.

Was mich betrübte, nahmst du fort.

Führtest mich an bessren Ort.

Machtest meine Seele rein.

Teilst mit mir, was immer dein.

Deine Stärke, deine Güte,

erkenn ich nun in voller Blüte,

dessen was uns zwei vereint:

Liebe, die wie Flammen scheint.

Am Ende seiner spontanen Reimerei angekommen, gefiel ihm der Schluss kein bisschen. Und überhaupt, warum dauerte es so lange, eine Satteltasche voll mit Honigbrot heranzutragen?

Die erste Nacht des SommersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt