Epiphany

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Henry lag auf dem Sofa, sein Kopf lag auf einem Schoß, sein Blick fixierte die Decke und eine Hand strich ihm braune Strähnen aus dem Gesicht. Der Fernseher lief im Hintergrund, doch das war unwichtig - mit jeder weiteren Sekunde die verging stieg die Angst in seinem Bauch gleich wieder alleine zu sein. Wenn er wieder zu Hause war, in diesem Haus voller Erinnerungen. Gute und schlechte, wobei die guten sogar noch stärker schmerzten.

»Soll ich nicht doch über Nacht bleiben?«, fragte Henry schwach, hoffte stark auf eine Zustimmung. »Ich kannst auch von hier aus zur Uni.«

Collin seufzte leise, seine Hand hielt darin inne Henry durch die Haare zu fahren und er lugte zu ihm hinab. »Henry«, begann er sanft. »Du brauchst von hier zur Uni eine Stunde länger als wenn du daheim bist.«

Henry richtete sich auf, sah Collin in die onyxdunklen Augen. »Das ist mir egal. Ich will bei dir sein.«

Auf Collins ernstes Gesicht stahl sich ein Grinsen. »Wenn du das so sagst kann ich gar nicht nein sagen.«

Henry musste lächeln. »Also ja?« In seinen Augen blitzte Hoffnung auf, doch diese verschwand gleich wieder als Collin seine Lippen aufeinander drückte und den Kopf schüttelte.

»Das kann ich dir nicht antun, Kleiner«, sagte er und sortierte seine Haare. »Und außerdem haben wir das ausgemacht. Keine Übernachtungen wenn wir am nächsten Tag zur Uni oder zur Arbeit müssen, sonst lenken wir uns gegenseitig zu sehr ab.«

Henry verdrehte die Augen. »Seit wann kümmerst du dich um irgendwelche Regeln?« Collin setzte gerade an um etwas zu erwidern, als plötzlich Henrys Handy klingelte. Collin zog ärgerlich die Augenbrauen zusammen und Henry warf ihm einen entschuldigenden Blick zu ehe er ranging. »Hallo?«, fragte er sehr vorsichtig.

»Guten Abend, ich bin von der örtlichen Polizeibehörde. Spreche ich mit Henry Moore?«

»Ja.« Henry spürte, wie er sich anspannte. Das letzte Mal hatte er mit der Polizei vor über vier Jahren gesprochen, als die Ermittlungen von Sophies Verschwinden noch in vollem Gange waren. Etwas wie Hoffnung ließ sein Herz schneller schlugen, vielleicht auch etwas wie Angst.

»Wir haben heute eine Leiche im Wald gefunden bei der es sich um Ihre Schwester handeln könnte. Ein DNA Test wird gerade noch durchgeführt. Würden Sie bitte schnellstmöglich zu uns kommen um sie zu identifizieren und alles Weitere zu klären?«

Henry spürte wie etwas in ihm zerbrach, leise, seine Hoffnung, sie löste sich auf in Nichts und alles wurde eingenommen von der Angst, welche sich nun zur der unausweichlichen Realität entwickelt hatte. Seine Hände zitterten und die Tränen stiegen in ihm auf und er wusste, dass er nun alles verloren hatte.

Mit einem panischen Blick sah er Collin an, der verwirrt zurück blickte. »Was? Was ist??«, flüsterte er aufgebracht und rüttelte an ihm.

»Natürlich«, antwortete Henry am Handy leise. »Ich fahre sofort los.« Dann legte er auf. »Sie ist tot«, sagte er, seine Stimme brach und die ersten Tränen liefen über seine Wange. »Sophie ist tot«, schluchzte er. Collin fluchte leise und legte die Arme um ihn, strich ihm beruhigend über den Rücken.

»Sind sie sich sicher, dass es Sophie ist?«, fragte er, drückte Henry fest an sich, welcher sein Gesicht in Collins Nacken vergrub.

»S-sie wissen es noch nicht genau.«

Collin stand abrupt auf, zerrte Henry ebenfalls hoch. »Komm. Wir müssen da jetzt hin.« Henrys Herz hörte einfach nicht auf schnell zu schlagen. Die Panik davor das, was von seiner Schwester übrig geblieben war zu sehen zerfraß ihn beinahe, doch er musste es tun und Collin hielt seine Hand so fest, dass er beinahe glaubte er könnte es schaffen. Zusammen mit ihm.

Epiphany (deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt