Ein leises Krächzen ertönte aus den Lautsprechern eines Autoradios. Eine weibliche Stimme, inzwischen bereits einige Jahre alt, und dennoch das einzige, was man im Radio noch hörte. Die Musik war über die Jahre verstummt und nur noch diese einzige Durchsage lief in Dauerschleife auf allen verfügbaren Kanälen.
"Sehr geehrte Damen und Herren. Unsere Vorfahren, die modernen Menschen, gibt es seit etwa 300 000 Jahren, die ersten Hochkulturen bildeten sich vor circa 5.000 Jahren heraus. Fehler sind geschehen, die nicht mehr rückgängig zu machen sind. Wir schreiben das Jahr 2056, den 13. September, um genau zu sein. Die Klimakrise, die bereits vor Jahrzehnten begonnen hat, über uns zu herrschen, zeigt nun katastrophale Auswirkungen."
2030.
Mit der weltweiten Pandemie versäumten die Regierungen, das Pariser Klimaabkommen einzuhalten und der Kohlendioxidanteil in der Erdatmosphäre stieg auf 427 parts per million. Damit wurde ein Kohlendioxidanstieg beobachtet, den es seit mehr als 20 Millionen Jahren nicht gab. Die Erde erwärmte sich insgesamt um 1,6 Grad Celsius.
2050.
Der Abgasausstoß erreichte einen Spitzenwert - und wurde erst jetzt reduziert. Doch aufgrund der Rückmeldungen zum Kohlenstoffkreislauf und der fortwährenden Nutzung fossiler Brennstoffe stiegen die Temperaturen bis 2050 um weitere 3 Grad Celsius.
2060.
Die Erde trat in ein sogenanntes "Hothouse"-Szenario ein in dem die Temperatur um 3,5 weitere Grad angestiegen sind. Selbst wenn die Emissionen eingestellt worden wäre, konnte eine Umkehr nicht mehr realisiert werden. Zu diesem Zeitpunkt war jede menschliche Einflussnahme bereits unerheblich.
"Meine Damen und Herren. Hier spricht Allison Rigson, die Präsidentin der vereinigten Staaten von Amerika. So wie es aussieht, kommt die Erfolgsgeschichte der Menschheit zu einem katastrophalen Finale. Die Erde ist auf dem Weg in eine chaotische Welt, die die Gesellschaft des gesamten Planeten zerstören könnte. Wenn Sie diese Radiomeldung hören, ist es bereits zu spät, um in Panik auszubrechen. Die vereinigten Staaten von Amerika existieren nicht mehr, sondern nur noch eine Safe Zone, errichtet in Washington DC. Wenn es Ihnen gelingt, retten Sie sich dorthin. Es war mir eine Ehre, Ihr Oberhaupt zu sein. Ich bete dafür, dass Sie diese Hölle überleben."
Mit diesen Worten brach wieder einmal das Signal ab, das Radio blieb für einige Minuten Stumm, bis sich ein erneutes Räuspern erhob und die Stimme der Präsidentin wieder die Stille füllte.
2080.
Nach Eintritt in das "Hothouse"-Szenario waren einige Monate später mehr als 55 Prozent der Weltbevölkerung mehr als 20 Tage im Jahr starker Hitze ausgesetzt, das war mehr, als Menschen überleben konnten.
Nordamerika litt unter extremen Wetterereignissen wie Waldbränden, Dürren und Hitzewellen. In China blieb der Monsun aus, die großen Flüsse Asiens versiegten, das Wasser ging aus und auch in Mittelamerika fiel nur noch die Hälfte aller Niederschläge.
In Westafrika war die Hitze in mehr als 100 Tagen im Jahr tödlich, ärmere Länder waren nicht mehr in der Lage, genügend künstlich gekühlte Umgebungen bereit zu stellen, damit ihre Bevölkerung überleben konnte. Die Nahrungsmittelproduktion war stark beeinträchtigt und reichte nicht mehr aus, um die Weltbevölkerung zu ernähren. Mehr als eine Milliarde Menschen waren auf der Flucht.
Die Folgen von Hunger, Tod und Vertreibung wirkten sich auf die nationale Sicherheit aus, das Ausmaß der damit verbundenen Herausforderungen war überwältigend. Bewaffnete Konflikte um Ressourcen waren an der Tagesordnung, bis 2075 ein Atomkrieg ausbrach. Verstrahlte Bereiche machten unzählige Gebiete unbewohnbar, brachten neue Seuchen, Erkranungen und Mutationen traten auf, einige gut, andere nicht. Die menschliche Zivilisation ging zuende und nun, acht Jahre nach dem ersten Atomkrieg, war auch die Welt am Ende. Nur noch eine handvoll Menschen hatte auf den einzelnen Kontinenten überlebt, unzählige Safe Zones, die damals errichtet worden waren, waren ebenfalls dem Ende nah oder bereits seit einigen Jahren stillgelegt, weil die verstrahlten Zonen sich ausgedehnt haben oder sie überrannt wurden. Denn mit dem Atomkrieg haben die radioaktiven Strahlungen Menschen mutieren lassen, bis heute war unklar, was genau auschlaggebend für eine Mutation war. Einige hatten einfach nur eine bessere Sicht, andere wurden von einem Hirnvirus befallen, das sie komplett auslöschte und zu den Wesen werden ließ, die früher in den Zombiefilmen die Hauptrolle spielten.
Februar 2083.
Heute.
Regine Foster war eine der Menschen, die überlebt haben. Sie selbst wurde erst nach Eintritt in das "Houthouse"-Szenario geboren, also war die Welt schon am Abkratzen, als sie in den Windeln lag. Wie genau sie selbt es geschafft hatte, zu überleben, wusste sie nicht. Sie selbst bezeichnete es sowohl als Segen, als auch als Fluch. Inzwischen jedoch, war die Welt tot. Während sie sich aus einer alten Zahnpastatube die Zahnpasta auf ihre Zähne schmierte und den Rest achtlos auf den staubigen Fußboden rieb, um die Finger sauber zu bekommen, klopfte sie sich den Staub von den Klamotten und sammelte ihre sieben Sachen zusammen. Überall verteilt auf dem Boden, nur minimal zusammengepfercht neben der Schlafecke, die sie sich aus ihrem Rucksack und der alten Jacke improvisiert hatte. Nur die knapp zehn Zentimeter lange, auf einer Seite gezackte Klinge befand sich wie immer dicht an ihrem Körper. Beiläufig strich sie über das Messer, das sich an ihrem Bauch befand, immer griffbereit, denn Gefahren lauerten überall. Es war für die Blondine wie ein sicherer Anker, vollkommen irrational aber wenigstens etwas, woran sie sich in Notsituationen klammern konnte.
Alle Sachen zusammengepackt, sammelte sie nur noch das ausgeblichene Halstuch ein, das die Sonne wenigstens eine Stunde fernhielt und stopfte es in ihren Rucksack. Die meisten Möbel waren inzwischen zerdäpperd worden, deshalb blockierten Schutt und Müll die Zugänge zu dem kleinen Zimmer, sorgten aber unwillkürlich auch für die Sicherheit, die sie für eine ruhige Nacht brauchte. Mit einem lauten Ächzen presste sie sich gegen den Haufen, der die Tür verbarrikardierte und er brach in sich zusammen. Sie sprang darüber hinweg, um sich auf den Weg aus der Ruine des Hauses zu machen, in die tödliche Außenwelt hinein.
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Until The Day We Die
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