ARAMINTA AMADOR
❝ HÖRST DU ES? ❞ Hörst du mein Herz, wie es bricht und an Glanz verliert; wie es vibriert und verstummt; wie es stolpert und springt. Wie es steht. Siehst du es? Siehst du meine Augen, wie sie an Einzigartigkeit verlieren; wie sie spröde und trocken werden; wie sie sich schließen.
Mir rutscht das Herz in die Hose, meine Hände sind unfassbar zittrig, als ich seine Stimme nochmals erhöre. Sie gleicht der, von heute vormittag im Waschsalon und ich kann nicht genau sagen, was mich mehr erschüttert. Die Tatsache, dass ich auf mein Gefühl hätte hören sollen oder die Frage, die in mir Platz einnimmt, meine Gedanken überstimmt. Denn wem sollten meine Eltern Geld schulden?
Ich schließe die Augen für eine Sekunde.
Die Rufe in mir kann ich kaum sortieren; welchem Drang soll ich nur nachgehen? Ich möchte in unser Wohnzimmer stürmen, meine Eltern beschützen. Ebenso möchte ich lauschen; mein Ohr, wie ein kleines Mädchen an die spaltbreit geöffnete Tür drücken und Verbotenes tun. Als ich noch klein war, haben meine Freunde und ich immer genau das getan - wir sind unserer Neugier nachgegangen. Doch dieses eine Mal bin ich mir sicher, dass ich nicht wie ein unerfahrenes Kind handeln sollte, denn die Dominanz in der Stimmfarbe des Fremden, lässt die Vernunft meines naiven Gemüts verschwinden.
Fieberhaft frage ich mich, wie Venice in solch einer Situation handeln würde - sie ist die schlauere von uns Beiden, doch auch sie geriet noch in keine denkbare Situation, wie der meiner. Ich glaube, dass viele Menschen aus dem Affekt heraus handeln, sobald die Angst, das Wissen überwiegt. Unzählige Möglichkeiten schwirren in meinem Kopf, sodass ich mich atemanhaltend an der Wand abstützte.
Denk nach, Araminta!
Meine unpassenden Überlegungen werden nicht unbedingt gefördert, als mir verschiedene Szenen aus Filmen einfallen - wieso kann mein Kopf nicht einmal nicht an so etwas denken? Indem ich die letzten fünf Monate meines Lebens Revue passieren lasse; meinen Stand mit anderen vergleiche und mir meine derzeitig armen Verhältnisse vor Augen halte, entscheide ich mich für die denkbarste Idee: Ich werde abwarten und einfach ruhig bleiben.
Mein eher ärmlicher Umgang ist mir seit Wochen, erstmals ein Vorteil: Da wir nur wenig Geld besitzen, ich keinem Mann versprochen wurde, sinkt mein Wert um einiges. Ich stehe ganz unten. Und ich will mich nicht beschweren, denn wenn ich besondere Aufgaben bekommen würde, hätte ich eine enorme Verpflichtung der Person gegenüber, die mir bestimmte Angelegenheiten zugeteilt hätte.
Natürlich denke ich darüber nach, was denn wäre, wenn ich einer kriminellen Gang angehören würde. Die wohl bekanntesten in meinem spanischen Viertel sind die Latin Kings. Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass die groß gewachsenen Männer, mit der tintenbesetzten Haut, nicht attraktiv sind. Doch nur das Aussehen reicht schon lange nicht mehr aus, um einer Frau zugefallen; um bestimmte Bedürfnisse mancher Damen zu befriedigen. Bekanntlich fühlen wir uns mehr von dem Verbotenen angezogen, als von dem Richtigen, doch ich glaube nicht, dass ich so einem Mann jemals verfallen könnte, oder?
Auch wenn das gefährliche Leben dich in die Knie zwingen kann, so ist der Zusammenhalt dieser Clique der stärkste. Ich erahne mich selbst wieder, in welcher Situation ich mich befinde und das solche Träume, auch nur Träume bleiben werden.
Die extreme Stille verhilft meinen Mut nicht unbedingt - schon gar nicht, als ein zarter Luftzug um meine nackten Arme, sein Unwesen treibt. Nach wie vor atme ich nur oberflächlich ein, um keine Geräusche von mir zu geben - vielleicht hat der Fremde das Öffnen der Tür schon mitbekommen? Doch wieso sollte er dann nicht nachschauen gehen, wer noch in diesem Haus wohnt.
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MAFIA | Secretos Humeantes
Teen Fiction»Sexuelle Nötigung, räuberische Erpressung, Geiselnahme, Menschenhandel, Geldwäscherei, Drogenmissbrauch«, die nahezu schwarzen Augen schenken mir einen tadelnden Blick, »oder dann noch Mord.« Die tintenbesetzten Fingern schoben sich in mein Blickfe...