Ein Traum, der mich aufschrecken lässt. Schweißgebadet reiße ich die Augen auf, mein Herz rast. Die Dunkelheit des Zimmers umhüllt mich, nur die unruhige Stille der Nacht hält mich zurück. Ich wische mir die Feuchtigkeit vom Gesicht und richte mich müde auf, die Kälte des Bodens dringt durch meine nackten Füße. Es gibt keinen Grund mehr, liegen zu bleiben. Es ist Zeit, den Tag zu beginnen, auch wenn die Sonne noch schläft.
Ohne groß zu überlegen, stehe ich auf und steuere wie im Halbschlaf durch den dunklen Flur. Meine Hände tasten nach den Wänden, meine Füße finden den vertrauten Weg. Die Stille der Wohnung ist fast erdrückend. Ich gehe am ersten Zimmer vorbei, die Tür steht offen, und ein eisiger Schauer läuft mir den Rücken hinunter. Etwas scheint im Raum zu lauern, doch ich wage es nicht, hineinzusehen.
Ich gehe weiter, die Küche zur Linken liegt still und verlassen. Nur das schwache Licht einer Straßenlaterne beleuchtet den Raum, doch draußen ist alles in dichtem Nebel gehüllt. Nichts ist zu erkennen, nicht einmal das Gebäude auf der anderen Straßenseite. Ich lasse die Küchentür offen, für das wenige Licht dass es dem Flur spendet, und gehe weiter, die Kälte und Dunkelheit kaum beachtend.
Ein leichter Luftzug aus dem Wohnzimmer trifft mich bis in meine Knochen. Ein Fenster muss offen sein. Ohne nachzudenken, ziehe ich die Tür zu, um der Kälte zu entkommen, und setze meinen Weg zum Badezimmer fort. Die Fliesen sind kalt unter meinen Füßen, als ich die Tür öffne und auf das Waschbecken zugehe.
Ich öffne den Spiegelschrank im Dunkeln, finde den versteckten Schalter, und warte drei Sekunden bis das flackernde Licht dauerhaft summt. Für einen Moment starre ich mein bleiches Gesicht an.Es ist etwas Blasser geworden, was mir immer passiert wenn der Winter kommt.
Ich höre ein Tropfen, kontrolliere ob der Wasserhahn richtig zu ist, doch das Geräusch kommt nicht von dort.
Wieder tropft es.
Badewanne.
Ich bewege meinen Kopf zur Seite und mir schnitt beim Anblick die Luft weg.
Ein Mädchen liegt in der Wanne und ihre aufgeschlitzten Arme hängen raus. Ihre haselnussbraunen Haare schwimmen friedlich im blutgetränktem Wasser.
Mit einem Keuchen weiche ich zurück, während ein unkontrolliertes "Verfluchte scheiße" über meine Lippen kommt.Ich zittere, reibe mir die Augen, doch der Anblick bleibt. Es ist Alissa.
Der Wasserhahn tropft leise in unregelmäßigen Abständen auf das Wasser, das Blut vermischt sich unaufhörlich damit.Vorsichtig setze ich mich auf die Toilette neben der Badewanne und flüstere ihren Namen:'
"Alissa."
Sie bleibt regungslos, also wiederhole ich mich:
"Hey Alissa."
Plötzlich schaut sie durch ihre nassen Strähnen zu mir auf.
Ihre Bernsteinaugen wirken so kalt in diesem Licht.Da sie nichts sagt, frage ich sie:
"Es war unnötig so weit zu gehen. Hm?"
Das erste Mal antwortet sie: "Ja es war unnötig."
Mit hörbarer Verzweiflung in der Stimme erwidere ich: "Wir hätten das alles regeln können.", Alissa schweigt mich an, also setzte ich fort: "Niemand sagte dass das Leben einfach wird."
"SO EIN BULLSHIT!", schreit sie wütend auf und schlägt mit einem blutverlaufenem arm ins Wasser, ein trauriger Unterton unterstreicht ihre nächsten Worte: "Jeder, du weist es genau, jeder in meinen Schuhen hätte sich schon lange die Kugel gegeben oder sich voll auf die schiefe Bahn gestürzt! JEDER mit dieser scheiße hinter sich!"Ich schweige sie traurig an, schweren Herzens kann ich das nicht leugnen.
Aber sie ist so viel besser als das. Ich weiß das.
Ihre Stimme wird wieder ruhiger als sie weiterspricht: "Schau mich nicht so an. Du weißt es genau so gut wie ich. Ich hätte ein Goldticket in die Kriminelle Bahn nehmen können. Dieser Viertel kann es mir ermöglichen, mit meinen Kontakten kann ich mir schnell einen Ruf machen."
Frustriert argumentiere ich zurück: "Aber es wäre nicht der Weg den du hättest gehen wollen!", ich flüstere: "Oder den Mama sich für dich gewünscht hätte.."
Ihr Blick wird weich, während sie an die Wand starrt und langsam sagt:
"Hm... Mama.... sie wollte nur das ich glücklich werde. Egal welcher Job, egal welche Bezahlung, egal welche Beziehung - Hauptsache ich bin glücklich."
Ich hacke nach und frage wieder: "Wieso bist du diesen Weg nicht weiter gegangen?"
Alissa antwortet unsicher: "Ich weiß es nicht genau..."; sie blickt mir wieder in die Augen: "ich glaube ich hätte es nie zu was großem gebracht. Kein Erfolg, weist du?"
Verwundert schaue ich sie an und erinnere sie: "Erfolg? Das ist nur am zweit wichtigsten. Das wichtigste ist das du mit dem was du machst, zufrieden sein kannst und überleben kannst."
"Mhm." antwortet sie leise und starrt erneut ins Blutwasser.
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Echo der Verzweiflung
Mystery / ThrillerWas passiert nach dem Tod? Ich frage mich eher.. was passiert während wir am sterben sind? Zieht unser Leben an uns vorbei? Kommen bestimmte Erinnerungen wieder zum Vorschein, oder stehen wir vor dem jüngstem Gericht? Ich versuche zu verstehen währe...