Ich war noch immer sauer auf Stella, deshalb versuchte ich, sie zu ignorieren, doch als sie plötzlich anfing, mir vorschreiben zu wollen, was möglich war und was nicht, hatte sie meine ganze Aufmerksamkeit für sich gewonnen: "Ihr könnt nicht befreundet sein, Raven. Wirklich nicht. Ryan redet nie, nicht einmal mit den Lehrern." Verwundert sah ich ins Leere. "Wie? Er redet nie. Was soll das denn heißen?". "Boah Raven! Jetzt stell dich doch nicht so an! Meinetwegen sag ich es auch nochmal: Ryan. Redet. Nie. Er ist seit sieben Jahren an dieser Schule und hat erst einen einzigen Satz rausgebracht. Er ist nicht stumm, er kann sprechen, aber tut's nicht. Niemals.", ihre Worte waren klar und deutlich, schnitten wie ein Messer in mein Gehör. "Vielleicht spricht er nicht unsre Sprache.", dachte ich laut nach, doch Stella schüttelte vehement den Kopf. "Er spricht sie sehr wohl. Verstehst du's nicht?! Er will mit niemandem sprechen, er will keinen Kontakt zu uns. Alles was er will, ist seine Ruhe. Er will allein sein. Wenn du weiterhin so aufdringlich ihm gegenüber bist, wird er dir das schon noch zu verstehen geben. Er ist einfach nur assi." Ich wusste nicht mehr, was ich darauf erwidern sollte. Für mich war das Gespräch hiermit beendet, doch meine Gedanken hingen trotzdem noch beim selben Thema fest. Wieso sollte sich jemand dazu entschließen, für immer zu schweigen? Musste das nicht der größte Horror für ihn sein? Ich fragte mich, ob er das wirklich freiwillig tat, denn ich konnte mir unmöglich vorstellen, wie er das aushalten konnte. Wahrscheinlich gar nicht.
Den Rest des Tages ließ ich Ryan nicht mehr aus den Augen. Und leider hatte Stella recht - er sprach mit niemandem. Ryan hatte sich den Titel eines Einzelgängers zweifellos verdient. Er ignorierte jeden und jeder ignorierte ihn.
Als ich das Gebäude verließ, sah ich Stella zusammen mit einem anderen Mädchen aus unserer Klasse sprechen. Ich musste sie unbedingt noch etwas fragen und lief zu ihnen hinüber. "Das ist Olivia, meine beste Freundin.", erklärte Stella, als sie meinen fragenden Gesichtsausdruck bemerkte. "Hi.", meinte ich nur kurz angebunden und wandte mich dann sofort wieder Stella zu: "Ich will mich nicht einmischen und es geht mich ja auch überhaupt nichts an, aber ich muss trotzdem wissen, wieso sich Ryan so benimmt. Vielleicht kann ich irgendetwas tun, damit -" "Nein, kannst du nicht. Hör bitte auf damit, Fragen zu stellen und dir Gedanken über ihn zu machen. Ich weiß, du willst es nicht wahrhaben, aber er ist es wirklich nicht wert. Es ist so, dass er sich nicht helfen lassen will und nicht so, dass er keine Hilfe bekommen würde, verstehst du? Ich hab's auch schon versucht, aber...irgendwann muss man einfach einsehen, dass es keinen Sinn hat. Und damit will ich dir nicht deine Hoffnung nehmen, sondern ich will dich nur warnen, denn es ist mehr als wahrscheinlich, dass du enttäuscht werden wirst. Also sei bei ihm bitte vorsichtig. Sieben Jahre lang kenne ich ihn schon und trotzdem weiß ich rein gar nichts über ihn, außer ein paar Gerüchten und der Tatsache, dass alle Leute mit klarem Verstand versuchen, ihm aus dem Weg zu gehen.", schnitt Stella mir meinen Satz ab und mir fehlten für einen Moment echt die Worte, bis ich mich wieder gefangen hatte. Gerade als ich etwas entgegnen wollte, kam Olivia mir mit einem klugen Ratschlag zuvor: "Am besten ist es, wenn du dich von ihm fernhältst und ihn einfach ignorierst, so wie er es mit dem Rest der Welt auch macht. Manche Bücher sind nicht ohne Grund verschlossen...und er ist eben eines dieser Bücher." Ich schüttelte nur den Kopf über diese dumme Aussage. Das konnte doch nicht ihr Ernst sein?! Manchmal muss man für seine Ziele kämpfen und darf nicht gleich beim ersten Hindernis aufgeben. So war das Leben nun einmal - nicht einfach, aber trotzdem zu bewältigen. Und mir war klar, dass es für jedes verschlossene Buch auch einen Schlüssel gab und wenn es nicht anders ging, würde ich ihn eben suchen müssen. Denn mein Dickkopf hatte gerade beschlossen, nicht so einfach nachzugeben. Deshalb ließ ich auch nicht locker und fragte weiter: "Du hast mir doch erzählt, dass er einen Satz gesagt hat." Stella nickte und murmelte dann leise: "Du willst nicht wissen, was er gesagt hat. Ganz sicher nicht. Kämpf' nicht für jemanden, der schon längst verloren ist, Raven.", daraufhin sah ich sie völlig entgeistert an. Nope, das würde ich so definitiv nicht stehen lassen: "Es lohnt sich sehr wohl für ihn zu kämpfen! Ist das klar?!". "Unmissverständlich.", Stella nahm mich nicht ernst, sie seufzte und ich wusste, dass es nichts bringen würde, weiter zu diskutieren. Ryan war für sie gestorben. Nur für mich nicht.
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Dark Individuals - The Shadows will follow you (Band 1)
FantasíaWas wenn sich dein ganzes Leben plötzlich als Lüge erweist? Was wenn sich dein Leben mit nur einer Begegnung für immer verändert... ...und was wenn du am Ende selbst nicht mehr weißt, wer oder was du eigentlich bist? ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Rav...