Wenn man mir früher gesagt hätte, dass mein letzter Schultag in Klasse 9 auch generell mein letzter Schultag in meinem Leben sein würde, hätte ich wahrscheinlich gelacht und der Person von meinen großen Plänen erzählt, die ich eigentlich in meinem Leben vorhatte: Ich wollte Medizin studieren und ein entgültiges Heilmittel gegen die Krankheit finden, die ich selbst zu bekämpfen versuchte. Dann hätte zumindest niemand nach mir darunter leiden müssen.
Aber dazu würde es nie kommen. Ich hatte zumindest mit 20-30 Jahren gerechnet, die ich noch zur Verfügung haben sollte, aber 7 Tage? Ich hätte mir das im Leben nicht ausmalen können...haha.. Leben...davon würde ich wohl nie wirklich eine Ahnung haben.
Nun saß ich hier in meinem Deutschkurs unterrichtet von meiner Klassenlehrerin Frau Stein und sah meine unendlich vielen Chancen an mir vorbeiziehen. Ich musste handeln. Heute. Am besten jetzt. Sonst würde ich buchstäblich nie wieder die Möglichkeit dazu haben. Getrieben von den Wünschen, die noch immer in meinem innren schlummerten, stand ich auf und bahnte mir meinen Weg zwischen den Tischen hindurch bis nach vorn zum Lehrerpult. ,,Frau Stein...?" hörte ich meine eigene Stimme sagen. Ein Schck fuhr durch meinen ganzen Körper, als meine eigene Stimme in meine Ohrmuschel gelangte. Man hörte sie. Jedes einzelne meiner Gefühle. Genau das hatte ich doch mein ganzes Leben lang zu vermeiden versucht. Es ist besser so, du willst doch, dass sie dich kennenlernen, das ist der einzige Weg dort hin, es wird alles gut werden.. versuchte ich, mir selbst einzureden, doch so ganz überzeugt war ich noch immer nicht von mir selbst. Aber wenn nicht jetzt, wann dann? Wahrscheinlich nie.
"Was gibt es, Alina?" ihre seltsam vertraute dunkle Stimme hatte mir schon immer ein Gefühl der Sicherheit gegeben und auch wenn ich wusste, dass sie mich nicht vor dem bewahren konnte, was mir bevorstand, fühlte ich mich auch jetzt augenblicklich besser.
"Würden Sie mir ein wenig Zeit geben, um vor der Klasse zu sprechen? Es würde mir unendlich viel bedeuten."
Sie schenkte mir ein warmes Lächeln und trat beiseite. Ich fragte mich, ob ich sie hätte vorbereiten müssen auf das, was jetzt kommt, doch sie war genau wie alle anderen ein Teil der Klasse und Lehrer haben schon viel zu viele Privilegien, dies sollte für sie wie für alle anderen eine Überraschung sein. "Liebe Klasse", begann ich. Meine Hände zitterten und ich gerat ins Zweifeln, doch alle Augen waren bereits auf mich gerichtet. Es gab kein Zurück mehr. "Ich bin Alina, warum stelle ich mich eigentlich vor, meinen Namen kennt ihr doch eh alle, aber viel mehr wissen die meisten leider nicht über mich. Das möchte ich heute gern ändern. Naja eher möchte ich mich von euch verabschieden und ich wünschte, es wäre nur für sechs Wochen"
Das Getuschel in der Klasse ging augenblicklich los. Ich vernahm Theorien wie "Schule wechseln" oder "Umziehen", welche ich so gern bejaht hätte, doch Lügen war in dieser Situation wohl eher kontraproduktiv.
"Liebe Klasse 9b, ich bin Alina und ich leide an einer tödlichen Krankheit, die mich in sechs Tagen umbringen wird." Im Raum wurde es augenblicklich totenstill. Tränen stiegen mir in die Augen, als ich in die entsetzten Gesichter meiner Mitschüler sah, doch bevor ich weiterreden konnte, spürte ich, wie sich ein Paar Arme von hinten um mich schlang. Als ich realisierte, dass es meine Lehrerin war, konnte ich meine Tränen nicht mehr aufhalten. Ich weinte in den Armen meiner Klassenlehrerin vor einem Haufen entsetzter Schüler. So wollte ich eigentlich nicht in ihrer Erinnerung bleiben, aber alles andere wäre eine falsche Erinnerung gewesen, die ich künstlich in ihre Köpfe gepflanzt hätte. Wenn sie sich an mich erinnerten, dann an das echte ich. Das Ich, was um sie weint wie Frau Stein gerade um mich weint. Das Ich, dass es bedauert, nicht mehr Zeit mit diesen wundervollen Menschen verbracht zu haben. Das Ich, was wundervolle Erinnerungen an sie dorthin mitnehmen würde, wohin auch immer der Pfad mich nach dem Tod auf dieser Erde führt.
danke für deinen und auch den Support aller anderen, ich werde das hier jetzt doch zuende schreiben, versprochen ;)
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just a little story about feelings and death
RomanceWas würdest du tun, wenn dir heute jemand sagen würde, dass du nur noch eine Woche zu leben hast? Wie würdest du dich fühlen, was würdest du machen wollen? Wem würdest du deine letzten Worte widmen? Genau das ist die Situation, in der die 15 jährige...