Die schönste und schlimmste Droge der Welt

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Dieser Kuss war irgendwie anders, als die Küsse im Knast. Immer, wenn wir uns im Knast Zuneigung schenkten, hatte das irgendwie etwas einsames an sich. Wir liebten uns, küssten uns, haben uns fast jeden Tag in die Abstellkammer oder die Kapelle geschlichen, aber im Gefängnis ist alles, egal wie schön eine Sache an sich eigentlich ist, immer grauer als in der Welt draußen. 

Sie schmeckte nach Pfefferminzkaugummi und gleichzeitig irgendwie süß. Als hätte sie davor Kirschen gegessen. Ihre rechte Hand lag auf meiner linken Hüfte, mit der linken umfasste sie meinen Nacken und strich mir durchs Haar. Ich hatte meine Hände hinter ihrem Rücken verschränkt und wollte ihren Körper so nahe an meinem haben, wie es nur ging. Es gab wahrhaft keine schönere Tätigkeit, als Alex Vauses Lippen zu küssen. Gut, in Freiheit leben ist genauso schön. Und die Kombination dieser beiden Tatsachen, ließ die Schmetterlinge in meinem Bauch toben. Ich hatte nicht vergessen, was sie mir angetan hat, aber in diesem Moment war es irgendwie egal. Nach einer gefühlten Ewigkeit lösten wir uns voneinander um Luft zu holen und das erste was Alex sagte war:

"Du schmeckst nach Burger."

Ich musste lachen und erwiderte:"Wow, Al. Das ist das erste was du nach diesem märchenhaften Kuss zu sagen hast ? Typisch!"

A:"Ach Pipes, denkst du mich stört das?" 

Einen Moment lang sahen wir uns nur an, bevor Alex fragte:"Wollen wir ein paar Schritte gehen? Einfach die Straße runter?"

Ohne was zu sagen nahm ich ihre Hand und wir liefen los; schweigend gingen wir vorbei an verrauchten Bars, kleinen Läden, gefüllten Restaurants und Menschen, die mit Freunden laut schwatzend auf der Straße standen oder auf Bänken saßen. Ich sah ein junges Paar an einem Tisch vor einem indischen Restaurant sitzen. Sie wirkten glücklich, so unendlich glücklich. Die Art, wie sie sich ansahen sprach Bände. Sie sahen sich an, als stünde die Zeit um sie herum still. Ich verspürte ein Gefühl von Melancholie, dass sich in mir breit machte. So wie bei diesem jungen Paar ist es bei vielen anderen Paaren auch am Anfang ihrer Beziehung. Man denkt man hat den EINEN oder die EINE gefunden; den Menschen, der für immer bei einem bleiben wird. Den Menschen, der perfekt zu einem passt. Liebe ist das schönste Gefühl auf der Welt und wenn man frisch verliebt ist, dann ist der Partner wie eine Droge, von der man nie genug kriegen kann und die einen voll und ganz vereinnahmt. Meistens dann...nach ein paar Monate oder Jahren wird diese Droge der Liebe zur Gewohnheit, so sehr bis ihr Reiz immer weniger wird und manchmal vollkommen verschwindet. Zeitgleich entsteht aber auch oft die Abhängigkeit, weil es zu lange nur "Wir" und zu selten mal "Ich" gab.  Natürlich ist das nicht immer so und es gibt durchaus einige Liebende, die den Glanz und die Chemie der Beziehung zu ihrem Partner nie verlieren, aber ich wünschte es wäre bei jedem so und nicht nur bei Einigen. 

Liebe ist auch Schmerz, denn wenn man nicht aufpasst und der Liebe zu viel Macht und Einfluss gibt und ihre eigentlich wärmenden Flammen, zu sehr wüten lässt, dann kann man sich leicht an ihr verbrennen. Alex und ich sind und waren schon immer das beste Beispiel dafür. 

Ich hasste sie. So sehr. Aber ich liebte sie eben noch mehr. 

Wie kann das sein? Wie können zwei Menschen so toxisch füreinander sein, aber trotzdem nicht ohne einander leben? Wie kann ich der Frau, die gerade neben mir herläuft gleichzeitig den Kopf abreißen und streicheln wollen ???

Liebe ist komisch. Und kompliziert. Liebe ist die schönste und schlimmste Droge der Welt.

Alex blieb stehen und blickte in die Ferne. Sie begann zu lächeln und als ich mit den Augen ihrem Blick folgte verstand ich warum. Schräg gegen über von uns, auf der anderen Seite einer Kreuzung, war ein Restaurant hell beleuchtet. Ein Restaurant, das uns beiden nur allzu bekannt war.

"Pete's Pizzeria!! Ich dachte immer der würde irgendwann pleite gehen, weil da ständig was kaputt war und renoviert werden musste...", lachte ich.

Alex schmunzelte:"Mein Gott, wir waren da ständig essen. Viel zu oft! Ob die Thunfischpizza immer noch so beschissen schmeckt ?"

"Stimmt, die haben wir einmal bestellt und dann nie wieder. Lass uns doch reingehen und was essen..."

"Ich hab kein Geld mit, Piper."

Nichts sagend zog ich den 100 Dollar-Schein aus meiner Jackentasche, den meine liebste Großtante mir einige Stunden zuvor auf der Trauerfeier zugesteckt hatte und strahlte Alex an:"Ich denke, das dürfte kein Problem sein."

"Hast du etwa Tante Maggie um Geld angepumpt ? Doch etwa nicht auf der Trauerfeier deiner Oma?? Chapman, du Luder!", frotzelte Alex.

"Hey Hey, zu meiner Verteidigung: Sie hat mir den Schein von sich aus zugesteckt, mit der Bemerkung ich sei so dürr und solle mir mal was anständiges zu essen kaufen."

Als die Ampel grün wurde, liefen wir los auf die andere Straßenseite und betraten das kleine italienische Restaurant. Als wir drinnen waren schlug mir der Geruch von frischgebackenem Teig, Gewürzen und Tomaten in die Nase und es war in diesem Moment, als ich realisierte, dass ich gerade, vielleicht zum ersten Mal in Monaten, nicht den Kopf in den Wolken hatte sondern sogar einen Anflug von Unbeschwertheit verspürte.


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Hey Leute, 

Ich bin zurück haha. Sorry, dass ich erst jetzt ein weiteres Kapitel veröffentliche, aber für mich ist, wie für euch wahrscheinlich auch, die derzeitige Situation mit Corona echt stressig. Ich werde mich aber bemühen, wenn es geht, jede Woche ein Kapitel herauszubringen.

Ich hoffe euch gefällt das neue Kapitel, auch wenn es ein bisschen kürzer ist, als das letzte.

Stay Safe and Stay tuned, Alicia. 


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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 06, 2021 ⏰

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