Kapitel 1

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Ich hasste Montage.

Bereits den ersten Montag in der Vorschule hatte ich aus voller Inbrunst gehasst, oder zumindest mit so viel Hass, wie eine Dreijährige an den Tag legen konnte.

Ich glaubte, dass es niemanden auf der Welt gab, der Montagmorgens fröhlich aus dem Bett sprang, um zur Schule oder in die Arbeit zu fahren. Und selbst wenn es solche Unmenschen gäbe... ich war keiner davon. Ich war einer von jenen, die erst nach dem fünften Weckerklingeln aus dem Bett krochen wie ein Untoter aus "The Walking Dead" und dann nochmal eine halbe Stunde unter der Dusche standen, bis das heiße Wasser zuneige ging.

Dies trug vermutlich dazu bei, dass ich oftmals, wie auch heute, zu spät zur Schule kam. Dies war jedoch insofern kein Problem, da Mr. Winters die Stunde immer 15 Minuten zu spät begann, da er zuvor noch hinter der Schule eine rauchen musste. Ich hatte ihn zwar noch nie dabei gesehen, aber irgendwie konnte ich es glauben.

Dies verschaffte mir und Liv einen Vorteil, da wir die Zeit für einen Cappuchino vor der Schule nutzen konnten. Eigentlich mochte ich keinen Kaffee, aber ich brauchte das Koffein, um einigermaßen wach zu sein. Und Liv, welche sich zur Kaffee-Fetischistin erklärt hatte, brauchte mich, um ihrer Sucht zu frönen, zwei Fliegen mit einer Klappe also.

Liv war ein Mensch, vor dem man sich nicht fernhalten konnte. Sie war extrovertiert und immer gut drauf. Dies kam mir zugute, da ich eher introvertiert war und schwer aus mir herauskam. Wir zwei harmonierten hervorragend. Ich nahm den Kaffeebecher entgegen, bevor ich mich neben ihr auf die Treppe vor der Schule setzte und die wenigen Sonnenstrahlen genoss, die sich auf den Schulhof verirrten.

"Wie spät ist es?", fragte ich und nippte an meinem Becher. Liv strich sich eine Locke ihrer blonden Haare aus dem Gesicht und rollte mit den Augen. "Ruhig Blut. Wir haben noch viel Zeit. Abgesehen davon, hast du den Klasse-Überspringer-Bonus. Du darfst also immer zu spät sein."

"Oh, und was ist mit dir?"

"Ich? Ich hab den Schülerzeitung-Bonus. Ich kann mich rausreden, wenn ich sage, dass ich noch eine Deadline hatte, die ich einhalten muss und deshalb zu spät komme."

"Gib's zu.", lachte ich. "Das ist der einzige Grund, wieso du überhaupt bei der Schülerzeitung bist."

"Nein, nicht der einzige.", schmunzelte Roe. "Ich darf auch die heißen Footballspieler interviewen."

"Oh, natürlich, wie konnte ich das nur vergessen?", murmelte ich sarkastisch in meinen Kaffeebecher und warf Roe einen eindeutigen Blick zu. Doch diese schien bereits abgelenkt zu sein. "Wenn wir schon von heißen Footballspielern reden...", flüsterte sie und erhob sich von der Treppe, um einem der großen Typen in den typischen roten College-Jacken auf die Schulter zu tippen.

Seht ihr, was ich meinte? Extrovertiert.

Seufzend erhob ich mich von der Treppe und marschierte auf den Mülleimer zu, um meinen halbvollen Kaffeebecher unauffällig hineingleiten zu lassen, doch dummerweise sprang der Deckel ab und der heiße Kaffee schwappte über meine Hand und ergoss sich auf den Boden.

"Verdammt", fluchte ich und bemerkte mit Bestürzung, dass der Kaffee nicht nur mich, sondern auch die Schuhe von jemand anderem besudelte, der gerade neben dem Mülleimer Halt gemacht hatte.

"Kein Fan von Kaffee, hm? Trotzdem kein Grund, mich damit zu bewerfen."

Die tiefe Stimme war rau und heiser, doch nicht unfreundlich. Vielmehr schien er das Kommentar mit einem Schmunzeln von sich gegeben zu haben. Ich stöhnte genervt auf und bückte mich nach dem nun leeren Kaffeebecher. Die schwarzen Boots des Typen, die ich vor mir sah, waren zum Glück das Einzige, was der Kaffee befleckt hatte, mal ganz abgesehen von meiner Würde.

The Rose BetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt