das neunundreißigste Kapitel

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Am nächsten Morgen erwachte ich mit brennenden Schmerzen an der Wange und als ich sie mir im Bad anschaute, traute ich meinen Augen kaum. Sie war rot angeschwollen und deutete einen Bluterguss an. Meine Lippe wurde von einem Riss bis zum linken Mundwinkel gezeichnet, welcher brannte, sobald ich versuchte zu lächeln.

Die Augen, die mir im Spiegel entgegen blickten, schienen mit einem dunklen Schleier versehrt. Ich strich mir leicht mit kühlem Wasser übers Gesicht, sprudelte meinen Mund mit der vorliegenden Zahnpaste aus und band meinen Zopf neu, um einigermaßen Lebendig auszusehen.

Als die Haushälterin mein Frühstück brachte, erschreckte sie beim Anblick meines Gesichtes. "Was ist mit ihnen passiert?" Nadal Bellucci ist mir passiert. War das nicht offensichtlich? Als sie merkte, dass ich nicht antwortete, wand sie sich zum Drehen um.

Das Brötchen dampfte unfassbar verlockend vor sich hin, weshalb ich mich damit abfand ein Stück essen zu müssen, um nicht vor Hunger zu sterben, wie es Nadal gesagt hatte. "Eigentlich wollte ich ja auf meine Linie achten, aber", witzelte ich mit meinem letzten Rest Lebenskraft, kurz bevor ich meine Hand zum Tablett streckte.

Gerade, als ich nach einem Stück griff, wurde die Tür von genau diesem Mann aufgerissen, so dass ich das Stück Brot augenblicklich fallen ließ. Nadals Augen fielen auf meine Wange und danach auf meine aufgerissene Lippe. Die Lippe, die er geküsst hatte.

Erinnerte er sich an diese sinnlichen Momente? Er musste. Er durfte sie nicht vergessen, denn ich wusste, dass sie nicht gelogen waren.

Das Problem für ihn war nur, dass sie nicht zu seinem Plan gehört hatten. Wenn man mehr über diese Aktion nachdachte, dann fiel auf, dass diese Bindung, die wir aufgebaut hatten, keinen Vorteil für diese Entführung gebracht hatten. Im Gegenteil.

"Wer war das?", knurrte er, als er auf mich zukam. Schützend hob ich meine Hand, um ihn zu stoppen. "Nicht" Nadal runzelte die Stirn und zog die Augenbrauen misstrauisch zusammen. Seine Körperhaltung war angespannt und doch stand er im Raum, als würde ihm die Welt gehören. Wie schaffte er das? Nach all dem, was er mir angetan hatte? Was mir sein Bruder angetan hatte?

"Wer zur Hölle hat dir das angetan?", zischte er voller Zorn. "Gott, Nadal, es war Gott" Die Provokation, die in ihm einen Sturm aus Wut entfachte, gönnte ich ihm von Herzen. Ihm stand es nicht zu, sich nun um mich zu kümmern, sich um zu sorgen. Dafür war es zu spät. Viel zu spät.

"Yurek, verdammt, sag mir, wer dich berührt hat" Mein Kopf platzte jeden Moment, während meine Unterlippe zu Zittern begann. Ich wusste nicht weshalb. War es Wut, Nervosität, Schwäche oder einfach mein nahendes Ende?

"Du", fauchte ich. "Es ist nicht das, was du hören willst, richtig?" Nadals Augen weiteten sich, als hätte ich ihm einen Messer in den Bauch gerammt. Jeden Moment würde er sich wieder verschließen und zu dem Mann werden, den alle Menschen dieses Hauses und seiner Familie sehen. Doch ich sah jemand ganz Anderen. Ich sah mehr, auch wenn er es nicht wahrhaben wollen.

"Du hast mich berührt", hauchte ich vor mich hin, als ich mich fallend auf die Bettkante setzte. Kopfschüttelnd verabscheute ich all meine Gedanken, die sich um ihn drehten. "Wie konnte ich nur auf dich reinfallen?" Ich spürte seine düstere und doch so nahe Präsenz, doch ich blickte nicht auf. War er der Mann, den er mir vorgespielt hatte, oder war seine aktuelle Art, die wahre?

Welches Spiel traute er sich mit mir zu spielen? In welcher Welt war er welcher Mann?

"Bereust du es denn gar nicht?" Nun hob ich den Blick und als ich dies tat, trafen mich seine Augen, wie ein Blitz auf einen Baum schlug. "Kein Bisschen?" Kein Kopfschütteln, kein Nicken, es kam keine Antwort zurück. "Was bist du nur für ein elendiger Mensch?", krächzte ich, ehe ich den Kopf schüttelte und mir übers Gesicht fuhr. Es war sinnlos. Das zwischen Uns war sinnlos.

"Antworte mir", verlangte er trocken, doch ich wusste, dass ich ihn nicht kalt ließ. Dafür hatte ich schon zu viel Erfahrungen mit ihm gemacht. "Sofort"

Jedesmal wenn ich berührte, hatte er eine leichte Gänsehaut bekommen und jedesmal, wenn ich ihn ansah und zu ihm sprach, blickte er mich voller Verlangen und Innigkeit an. Solche Gefühle konnten nicht mit einem Mal verschwinden und falls doch, dann musste er ein Soziopath sein.

"Oh, ich bitte dich, Nadal. Dir kann egal sein, wer das getan hat" Mit den Fingern deutete ich auf meine Wange. "Denn deine verräterische Aktion hier ist um so Einiges schlimmer. Und jetzt, verlass das Zimmer. Ich möchte essen, um nicht zu verhungern", äffte ich ihn nach und huschte ihn mit der Hand aus dem Raum.

Nadal schaute über seine Schulter hinweg noch ein letztes mal zu mir, ehe er die Tür abschloss.

Er war solch ein hinterlistiger Mensch. Wie konnte er mir sowas antun? Wo war sein Herz geblieben, als er mich abführte? Wer hatte ihm so viel Leid zugefügt, dass er anderen Menschen gegenüber so unfassbar rücksichtslos handelte?


























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leute, ich habe schon das nächste Kapitel geschrieben.

ich müsste eigentlich mal langsam mehr für mein Abi lernen, aber ich bin zu deep in dem shit. soll Ichs schon heute noch droppen?

Die Tochter des GangstersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt