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Meine Eltern standen etwas abseits von den anderen. Sie begrüßten mich mit einem Lächeln und mein Meo nahm mich sogar in den Arm. »Hast du alles gefunden, Cassaya?«, fragte er.

Es juckte mich in den Fingern, ihnen meine Ausbeute zu zeigen. Auch wenn sie bestimmt auch diesmal nicht das besondere in den Wurzeln erkennen würden. »Ja, Meo.«

»Hast du auch an deinen Wäschebeutel gedacht? Und an die Zahnbürste?«, flüsterte meine Mea mir zu.

Ganz sicher hatte ich an den Wäschebeutel gedacht, aber auch an die Zahnbürste? »Ich glaube schon«, antwortete ich.

Langsam füllte sich der Platz. Hier, inmitten des Ahnenwaldes stand Yima, unser Urvorfahre. Unter seinen Ästen hatten die reifen Elfen ein Podest aufgebaut. Von dort würden die Ältesten bei Sonnenuntergang die Namen der Jungelfen vorlesen, die nun in den Reifeprozess eintreten würden.

Alle machten ein großes Ereingnis daraus. Jeder von uns würde zwischen den Bäumen herumwandeln, bis endlich einer der Ahnen seinen Stamm öffnen würde. Wir würden eintreten, gemeinsam Mittwinter erleben und es wäre unsere Aufgabe, die Bäume für den kommenden Lichtertag zu schmücken.

Eine kurze Locke kitzelte meine Stirn und ich blies sie nach hinten. Meine Mea runzelte die Stirn.

Von der Seite näherte sich Malva, Meas Keimschwester. »Akasiya.« Sie nickte erst Mea zu, dann Meo. »Ffion.«

Mein Meo zupfte etwas von seinem Umhang. »Malva. Wie schön, dass du es auch geschafft hast.«

Malvas Blick streifte mich. »Natürlich. Ein so wichtiger Anlass in der Familie muss ja entsprechend gewürdigt werden. Auch, wenn ich gehofft hätte, Cassaya hätte sich passender gekleidet.« Ihre schmale Nase blähte sich.

»Malva.« Meine Mea legte ihre Hand auf den Arm ihrer Schwester und führte sie ein paar Schritte zur Seite.

»Bist du dir sicher, dass sie es schaffen wird?« Es war schwierig, Malvas Stimme nicht zu hören, auch wenn mein Meo keine Miene verzog.

»Warum sagt sie sowas?«, murmelte ich und blickte ihn dabei direkt an.

»Wenn ich wüsste, warum Elfenfrauen tun, was sie tun, wäre ich ein gutes Stück weiser.«

Manchmal vergaß ich, wie jung meine Eltern noch waren. Beide überragten mich gerade mal um Haupteslänge. Sie waren selbst noch nicht am Ende ihrer Reifephase angekommen, ebensowenig wie Malva.

Einer nach dem anderen betraten die Ältesten das Podest. Den Anfang machte Hibis, ein magerer Elf der bestimmt doppelt so groß war wie ich. Es hieß, er würde bereits zur nächsten Mittsommerwende Wurzeln schlagen. Bereits jetzt stützte er sich auf einen knotigen Schwarzholzstab, als würde er die Last ganz Illismeas tragen. VIelleicht war es auch so.

Mit einem Räuspern sorgte er für Stille, so dass man beinahe die Blätter fallen hören konnte. Noch lag kein Schnee in der Luft, aber es würde gewiss nicht mehr lange dauern.

»Es ist soweit.« Seine Stimme klang nach knarrendem Holz und frostiger Kälte. »Ich bitte die Jungelfen vorzutreten, die in dieser längsten Nacht in ihre Reifephase eintreten werden. Alon, Linnea, Berfin, Cirsi, Zyprie, Wacholdria, Salvia,Tax. Cassaya«

Mehrere Elfen traten vor das Podest. Ich erkannte Alons blonden Schopf, der von den anderen umringt wurde. Acht Schösslinge, jeder von ihnen trug bunte Beeren, Wintergrün oder Silbergras.

Mein Meo stupste mich an. Als ich ihn fragend ansah, steckte er mir ein kleines Bündel in die Tasche. »Du bist dran, Caya.«

Malva nickte mir nur zu, aber meine Mea drückte meine Hand, als ich an ihnen vorbei ging.

Elfennacht - Eine Geschichte aus ElysiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt