füllen

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Ich kenne viele Männer die versagten. Die Heute noch versagen. Unter jeder ihrer Verpflichtungen zusammenbrechen und Erfüllung in anderen Freuden suchen; die sich in tiefen Gläsern und Pillen verlieren, zwischen den Schenkeln anderer Frauen, im Nichtstun und Nichtsein. Glaube daran dass sich dies ändert ist kindlich. Menschen ändern sich nicht ― nicht in ihrem tiefsten Inneren. Es gibt auch viele dieser Männer, die sich Väter nennen und weit davon entfernt sind ihre Rollen zu füllen, die sich in die pompösen Gewänder des Vater-Seins kleiden, sich diesen Ausdruck verleihen; doch nicht einmal ein Foto ihrer Kinder in ihrem Portemonnaie haben, die Geburtszeit ihrer Kinder nicht aus dem Kopf wissen, die ihren Kindern das Geld klauen, die Augen willentlich schließen und Ohren taub werden lassen bei ihrer Kinder Sorgen.

Werd' endlich erwachsen. Schäm dich.

Ich kenne Töchter und Söhne, deren Eltern ihnen als erstes das Herz brachen, bevor sie selbst das Lieben lernten. Töchter und Söhne, die Plätze füllen, die ihnen nicht auferlegt werden sollten; die sich um ihre Eltern mehr sorgen als diese sich um sie. Töchter und Söhne, die Leere in sich mit allem um sie herum versuchen zu füllen; und dabei vergessen, dass alles im Leben Droge und Gift sein kann ― das Gute ist nichts anderes als des Schlechten Seltenheit. Töchter und Söhne, die nie gelernt haben Töchter und Söhne zu sein, sondern Stützen waren, Pfeiler eines Fundaments auf Treibsand. Still, unbeweglich um nicht tiefer zu sinken und sich an Rettungsleinen klammern, ohne Worte flehen. Töchter und Söhne, die alles für ein wenig Anerkennung und Aufmerksamkeit tun; betrunken an Hauswänden lehnend, nicht mehr in der Lage zu laufen; die mich mit großen Augen ansehen in denen immer die gleiche Frage liegt 'Bin ich denn nicht gut genug?'. Töchter und Söhne, die Sicherheit an Orten suchten, die ihnen ihre Unschuld nahmen und ihre Naivität auskosteten, statt ihnen Empathie und Liebe zu schenken.

Ich kenne Frauen, die verblassen wie einzelne Pinselstriche in einem van Gogh Gemälde, der Teil eines großen Ganzen aber immer ihre Wichtigkeit vergessend. Goldener, arabesker Rahmen, der von ihnen ablenkt, obwohl sie in der Mitte stehen, ihre Arme zu den Seiten ausgestreckt, die Welt auf den Schultern, Sorgen balancierend, Wunden leckend, eingehend, verblassend. Frauen, die glauben, dass das Leben nun mal so ist, dass sie sich in ihm verlieren, den täglichen Aufgaben des Lebens, in Rollen gedrängt werden, die sie füllen müssen. Vermeer. Küche, Haus, Hof, Kinder, Beruf, Familie. Sei Frau, sei Mann, sei Geliebte, Haushälterin, Köchin, sei Anwältin, Richterin, sei Freundin und Therapeutin. Sei sexy und selbstbewusst und schön und sanft, stark für die Familie, schwach in deines Mannes Armen, sinnlich im Bett und seriös im Büro. Sei alles und bedeute nichts und tu es mit einem Lächeln und geh abends ins Bett und sei dankbar für das was du hast und übe Bescheidenheit in dem wie du gibst. Ist doch halb so wild, mach ich doch gern', kein Problem, war ganz einfach, immer wieder, zu jeder Zeit. Erwarte keinen Dank, nimm' ihn nicht an. Verblasse, wie im Hintergrund eines Rembrandts.

Frauen verblassen. Männer brennen aus. Töchter werden Frauen, Söhne Männer oder Töchter Männer und Söhne Frauen.

Sie sehen auf sich selbst hinab, blicken auf zitternde Hände mit faltiger Haut, die über den Arthrose-Knöcheln spannt und reißt, wo das Gewebe nicht mehr standhält. Die Fingernägel rissig von der Arbeit, vielleicht ein Ring am Finger, vielleicht keiner. Gold oder Silber und vielleicht ein Stein, Glas oder Diamant. Im Inneren eine Leere die kein Versprechen für die Ewigkeit je füllen konnte, die noch immer nicht gefüllt ist, die sich immer tiefer gräbt, ein Loch in der Brust, schwarz und tief und so unendlich kalt das es auch an warmen Sommertagen den Atem raubt wie die kalte Luft eines Morgens im Januar.

Und Töchter und Söhne lernen von Frauen und Männern, sich selbst nie zu lieben, sich langsam selbst zu töten, mit jedem Atemzug, um die Leere zu vergessen, weil sie nicht wissen, wie sie sie füllen sollen, nie im Sinn, die solche eines anderen zu füllen. Und so laufen sie durchs Leben und laufen in Mustern und vorgelebten Wegen, irren umher, nur das Streben die Leere zu füllen in ihnen.

schmerzlosWo Geschichten leben. Entdecke jetzt