Detention
Die Tage waren wie im Flug vergangen; kaum hatte ich den Krankenflügel verlassen, war es schon wieder Freitag gewesen, was mich unter anderen Umständen sicherlich erfreut hätte. Doch als die Uhr dreiviertelsechs zeigte und die meisten somit sich auf den Weg in die große Halle machten, zum Abendessen, wusste ich, dass es Zeit war, zum Nachsitzen zu gehen.
Endlich, dachte ich mir ironisch. Es gibt doch nichts besseres.
Unter anderen Umständen hätte ich mir auch keinen Kopf darüber gemacht, was in den nächsten Stunden passierte, da ich Nachsitzen im Grunde bei den anderen Lehrern schon gewohnt gewesen war. Doch heute war alles anders- ich saß bei Professor Lupin nach, der neue und geheimnisvolle Lehrer an der Schule, über den niemand etwas wusste. Der Lehrer, der es geschafft hatte, etwas tief in mir zu regen; etwas, über dessen Ausmaß ich mir noch nicht im klaren war, geschweige dann, was es überhaupt war. Innerlich hoffte ich noch immer, dass es Hass war, tiefster Hass und Abscheu.
Doch eigentlich hatte ich die Wahrheit zu diesem Zeitpunkt schon geahnt.
Vielleicht war es auch die Angst gewesen, mehr über meinen Cousin zu erfahren, weil ich mich so sehr danach sehnte; doch gleichzeitig hatte ich gewusst, dass er ein Monster war. Und Monster sollte man nicht lieben, hatte mein Vater immer gesagt. Leider war Sirius Black einer der wenigen Menschen gewesen, die ich wirklich geliebt hatte.
All diese Gedanken ließen mich vor der Tür des Klassenraums inne halten. Zögernd hob ich den Arm, um anzuklopfen; obwohl ich den Drang verspürte, wegzugehen, wusste ich, dass das nicht die Lösung war.
Also klopfte ich. Und Lupin bat mich herein.
Ab dann nahm die Geschichte seinen Lauf.
"Guten Abend", murmelte ich leise, als ich in das Klassenzimmer trat. Doch schnell sah ich, dass der große Raum leer war. Verwirrt blickte ich mich um; schließlich hörte ich Musik aus dem Büro des Professors hören, von dem er mich auch gehört haben musste. Als ich die kurzen Treppen hochlief, bemerkte ich ebenfalls, dass ich die Musik kannte.
"The Beatles?", fragte ich wie automatisch, als ich an der Tür des kleinen Büros stand.
"Ja", erwiderte Lupin ein bisschen verwundert. "Ich wusste nicht, dass so jemand in deinem Alter die noch kennt."
"Ich wusste nicht", entgegnete ich ein wenig gehässig, "dass jemand in Ihrem Alter die noch hört."
Lupin lachte. Trotzdem wirkte er ein wenig geknickt. "Geht's dir besser?", fragte er, während er den Plattenspieler verstummen ließ und sich auf den Stuhl eines alten Schreibtisches setzte.
Ich ignorierte die Frage. "Was soll ich tun?"
"Warum beantwortest du nicht meine Frage, Georgia?"
"Weil es eine Lüge ist", erwiderte ich laut und deutlich.
"Was? Meine Frage?"
"Ja. Es interessiert Sie nämlich nicht, wie es mir wirklich geht."
Lupin versteinerte für mehrere Augenblicke. Wie gerne hätte ich in diesem Moment seine Gedanken gelesen. "Das stimmt nicht, und das weißt du auch."
"Nein, das weiß ich nicht."
"Warum sagst du das?", fragte Lupin, der auf seine Hände starrte, die er zusammenfaltete. In Momenten wie diesen wirkte er so unglaublich jung, und eigentlich war er das ja auch. Er sah nur so unheimlich müde aus.
"Weil es die Wahrheit ist. Sie haben mir damals nicht geholfen, es war Ihnen egal, wie es mir geht. Das ist also meine Schlussfolgerung."
"Es tut mir leid, Georgia. Sieh", sagte er, während er von seinem Platz aufstand, und langsam auf mich zu trat, "es war mein erster Tag. Ich war so perplex, wusste nicht, was ich tun sollte. Ich war einfach so erstaunt, erstaunt von deinen Ängsten."
"Sie sind Lehrer", erwiderte ich seufzend. "Wenn Sie das nicht verkraften können oder was auch immer, dann ist es wohl nicht Ihre richtige Berufung."
Lupin schwieg für mehrere Sekunden. "Aus Fehlern lernt man. Selbst Lehrer."
Als ich nichts erwiderte, fügte er noch hinzu: "Es war nicht schön mitanzusehen, dass du, ein so junges Mädchen, dich vor solchen Dingen fürchtest."
"Ich verzeihe Ihnen", fiel ich ihm schnell ins Wort, "wenn wir nicht weiter darüber reden. In Ordnung?"
Lupin seufzte leise. Sein Blick hatte etwas tief trauriges, aber auch etwas verständnisvolles. "Setz' dich doch."
Also setzte ich mich. Wir sortierten den ganzen Abend lang alte Bücher aus; ich schaute durch jedes Buch, ob es bemalt oder kaputt war, während Lupin nach einiger Zeit anfing, seinen Schulstoff für nächste Woche vorzubereiten und einige Tests zu korrigieren. Nach einer Weile hatte er wieder die Platte angemacht, doch auf dieser schien nur ein einziges Lied vorhanden zu sein.
"Merlin", sagte ich nach einer Weile, und schlug das Buch zu. "Seit wann ist Hey Jud das einzige Lied von den Beatles?"
Lupin blickte von einem Test hoch und fing an zu schmunzeln. Das stand ihm unheimlich gut. "Die Platte hatte mir mal ein.. Freund geschenkt. Sie hat schon viel mitgemacht, ursprünglich waren sieben Lieder drauf, denke ich."
Lupin wollte gerade den Zauberstab heben, um mir eine Menge Leid zu ersparen, als ich den Kopf schüttelte und meinte: "Schon gut, lassen Sie es an. Schön ist das Lied ja."
Lupin nickte, senkte den Arm und machte sich wieder an die Arbeit. Durch ein schlechtes Gewissen geplagt, fügte ich noch schnell hinzu: "Es ist schön, mal wieder Lennons Stimme zu hören."
Lupin hob sofort den Kopf. "Was meinst du mit 'mal wieder'?"
Ich biss mir auf die Zunge und zwang mich, nicht zu Lachen. "John Lennon ist tot. Leider."
"Was?", entgegnete Lupin erschrocken. "Das wusste ich gar nicht.. bei Merlins Bart.."
"Ja, ein ziemlich großer Verlust der Musik", fügte ich hinzu. "Leider sterben immer die Guten zuerst."
"Ja, das stimmt wohl", erwiderte Lupin nachdenklich und traurig. Jetzt war er derjenige, der nicht darüber reden wollte.
Eins war ich mir sicher gewesen; uns beiden lagen viele Fragen auf der Zunge. Doch keiner hatte sich getraut, etwas zu sagen. Jedenfalls noch nicht an diesem Abend. Das einzige, über das ich mir an diesem Abend im klaren wurde, war, dass ich die Nähe Lupins genossen hatte, auch, wenn wir nicht allzu viel geredet hatten. Doch wenn wir es getan hatten, dann war es wirklich schön gewesen.
___________________________________
Wie versprochen das neue Kapitel :) Ich möchte euch danken-für alles! Ihr seid unglaublich toll. Bis hoffentlich ganz bald!
Hugs & Kisses, Abby. ❤
DU LIEST GERADE
Sit down, Georgia. (HP FF/ Remus Lupin)
FanfictionLord Voldemort kommt immer mehr an Macht, und scheint sich zu regenerieren; doch davon ahnt die achtzehnjährige Georgia Gilbert noch nichts. Sie ist viel mehr mit dem neuen Verteidigung gegen die dunklen Künste Lehrer beschäftigt, der unentdeckte Ge...