" Am Start begrüßen wir nun: Her Highness mit Caroline Lindner, RuF Langen. "
Mit klopfenden Herzen ritt sie ein. Ihr erstes schweres Springen sollte nun auch ihr letztes Turnier sein, zumindest ihr letztes Springen, was sie und ihre Hannoveranerstute bestritten. Ihr Vater konnte sie mal. Sie solle irgendwann mal in seine Fußstapfen treten. Aber interessierte er sich nicht dafür was seine Tochter möchte?
Denn Caros Plan war definitiv nicht Springreiterin zu werden. Ihr machte das Reiten zwar Spaß, aber dauerhaft konnte sie sich nicht die harte Arbeit, die der Sport mit sich zog, nicht vorstellen. Freizeitmäßig wollte sie die Pferde nicht in Vergessenheit geraten lassen, aber ihr ganzes Leben den Pferden widmen? Es brauchte einen Kampfgeist und starken Willen, um dieser Welt beruflich stand halten zu können. Natürlich war sie ehrgeizig, doch sie hatte gesehen, wie manch einer am Reitsport deswegen kaputt gegangen war. Es brauchte nicht viel und man war in dieser Welt verloren, für immer.Von ihren Plänen Tiermedizin zu studieren war Cedric Lindner definitiv nicht begeistert. Caro seie dafür als Frau komplett ungeeignet, sie habe nicht die Kraft und könne kein Tier erlösen, so seine Worte wenn sie wieder einmal diskutierten.
Ihr Vater konnte sie mal. Nur noch dieses eine Springen musste sie irgendwie hinter sich bringen. Dann war es endlich vorbei.Hera war einfach zu reiten, falls man das überhaupt reiten nennen konnte. Denn solange Caro sie nicht störte oder behinderte, machte sich die riesige Schimmelstute jede Distanz passend und sprang aus ziemlich jeder Lebenslage. Verweigern kannte sie nicht und hatte ein Vermögen, um Hochhäuser zu springen. Bei den einfachen M- und nun auch S* Parcours brauchte die Stute auch keine Unterstützung seitens ihrer Reiterin.
Allerdings war das Gras durch die letzten Tage voller Regen mitgenommen und gab nicht mehr den nötigen Halt.
Teilweise rutschte Hera auch, fing sich aber schnell wieder.
Caro sah schon von Weitem die matschige Stelle am drittletzten Sprung. Um alles in der Welt wollte sie verhindern, dass die Stute von dort aus absprang, weshalb sie begann auch mal zu reiten. Damit ihr Plan aufging, musste Caro den Sprung schräg anreiten.
Allerdings wurde jeglicher Versuch ihrerseits von der Stute unterbunden. Hera legte sich aufs Gebiss, beschleunigte nur noch mehr und suchte sich ihren Absprungpunkt.
Caros letzte Idee war, ihr Pferd zu früh abspringen zu lassen, aber zu spät um mitten im Sprung zu landen.
Dieses Mal ließ sich die Stute überreden. Allerdings hatten beide den Sprung unterschätzt.
Caro merkte schon, dass sie nicht mehr im Sattel saß.So richtig ganz was wirklich passierte realisierte sie nicht wirklich. Sie stellte lediglich fest, dass Hufe mit Eisen und Stollen, genauso wie Sprungständer, nicht zu den Dingen gehörten, mit denen man Bekanntschaft gemacht haben sollte, denn es tat verdammt weh.
Und dann lag sie auch schon im Matsch in einem Stangenmikado, während Hera sich im schwebenden Trab rettete.
Erst schnürte es ihr die Luft weg, aber dann gelang es ihr aufzustehen.
Eine Stange hatte auf ihr gelegen. Schmerzen spürte Caro nicht. Ihr war nur unglaublich schwindelig, was sich aber sicher bald wieder geben würde.Caro war noch nicht mal auf der Hälfte des Weges hinaus aus dem Platz angekommen, da stürmte ihr schon ihr ziemlich aufgebrachter Vater in Begleitung zweier Sanitäter entgegen.
"Wie grottig bist du denn geritten?! Hättest du den Sprung nicht so beschissen angeritten und dein Pferd machen lassen, wäre das alles nicht passiert!", waren seine ersten Worte.
"Geht es dir denn gut? Tut dir irgendetwas weh?", kam dann."Mir geht es gut, glaube ich zumindest. ", sie musste blinzeln, weil alles kurz so verschwommen war.
"Was ist mit Hera?""Die hat Sarah schon eingefangen und führt sie trocken. Keine Sorge, verletzt hat sie sich nicht.", beruhigend legte ihr Vater seine Hand auf ihre Schulter.
"Können wir dann bitte mit ihrer Tochter einmal zum Rettungswagen gehen, um sie genauer zu untersuchen?", mischten sich nun auch die Sanitäter ein.
"Aber natürlich."
Dort wurde ihr in die Augen geleuchtet, einige Fragen gestellt und mit dem Ergebniss, Caro seie glimpflich davon gekommen und solle sich schonen, konnte sich das Vater- Tochter Gespann zu den Stallzelten begeben.
Ihr erster Blick galt ihrer Stute, die von einer Pflegerin gerade mit den Stallbandagen einbandagiert wurde.
Aus dem Sattelschrank fischte sie sich eine Karotte und hielt sie Hera hin.
„Danke Sarah! Den Rest kann ich auch selber machen. ich denke Papa braucht dich.Er startet doch gleich mit Casie im großen Preis.", freundlich lächelte Caro die junge Frau an, die dann dankend in der Nebenbox verschwand, und Caro die restlichen beiden Bandagen gab.Während ihre Stute nur Augen für ihr Heu hatte und den Sturz schon vergessen zu haben schien, genoss Caro die Ruhe. Ihr Kopf pochte und der Schwindel war nur kurz weniger geworden.
Jetzt waren alle im großen Springstadion um beim höchstdottierten Springen des Tages mitzufiebern.Als Caro aus der Box trat um nach etwas zu trinken im Sattelschrank Ausschau zu halten, kam jene Person mit der sie hier nicht gerechnet hatte.
„Du siehst ziemlich beschissen aus."
„Vielen Dank für das Kompliment.", sie hatte gehofft dieser Person heute nicht entgegentreten zu müssen.
„Dein Abflug vorhin sah schon sehr spektakulär aus. Ist dein Vater eigentlich blind oder wieso sieht er nicht, dass du eigentlich nur Beifahrer bist und dein Pony sich auch nicht einreden lässt, dass du auch etwas zu sagen hast.", er lachte und sie fiel mit ein. Allerdings musste Caro direkt ihr Gesicht verziehen, weil es verdammt weh tat:" Dabeiwill ich diesen ganzen Zirkus doch gar nicht.""Tut mir leid, da sprichst du mit dem Falschen. Das hier ist das letzte Turnier mit meinen Pferden. Nächste Woche geht es für sie nach Amerika.
Aber geht es dir denn gut? Du hattest gerade das Gesicht so verzogen.""Oh, das tut mir leid.", und sie meinte es wirklich aufrichtig, denn Hannes hatte wahnsinniges Talent und von einem Freund ihres Vaters auch ganz gute Pferde zur Verfügung gestellt bekommen. " Mir ging es nie besser. Das sind nur die Prellungen." Obwohl bevor Hannes die Pferde unter den Sattel bekam, hatte Alwin ihrem Vater die beiden Pferde angeboten. Caro hatte ihn zum Probereiten begleitet und mitangesehen wie Cedric Lindner vom Pferd gefallen. Dies war nur sehr selten vorher geschehen, denn ihr Vater, so sehr sie ihn auch gerade hasste, war neben Hannes einer der sattelfestesten Reiter die sie kannte.
Charmant und Nightwish waren wirkliche Mistviecher gewesen. Anders hätte man es nicht beschreiben können.
DU LIEST GERADE
Der Springreiter, den ich liebte
AcakDass man ohne die richtigen Pferde im großen Sport gar nicht anfangen braucht, weiß auch Johannes. Aber da war ja Caro, die Tochter eines sehr erfolgreichen Springreiters mit ziemlich guten Pferden und auch noch seine Klassenkameradin. Eigentlich h...