Ich schreckte aus dem Schlaf hoch. Schon wieder ein Alptraum. In letzter Zeit träume ich immer wieder von dem Unfall. Es sind inzwischen 10 Jahre her, das meine Eltern starben. 10 Jahre in denen ich es irgendwie geschafft habe zu leben, ohne die wichtigsten Personen in meinen Leben.
"hey alter. aufstehen!!! in einer Stunde haben wir ein Interview." Marco kommt in mein Zimmer gestürmt und brüllt rum. anscheinend hat er noch nicht bemerkt das ich bereits wach bin. Ich werfe ein Kissen nach ihm und treffe seinen Kopf. Ihn scheint das aber wenig zu stören. "hop hop. Ab unter die Dusche. Wir sind sowieso schon spät dran." ich nicke nur und grummle etwas vor mich hin, schlüpfe aber trotzdem aus dem Bett und gehe Richtung Bad. Nach dem ich mich schnell geduscht hab und angezogen hab, gehe ich in die Küche unserer WG. Marco der Drummer und Fabian der Gitarrist, meine Bandkollegen warten bereits auf mich. Ich hole mir noch schnell einen Kaffee und schaue sie entschuldigend an.
Karl unser Bodyguard und gleichzeigt Chauffeur warte bereits auf uns. Er mag -wenn man ihn nicht kennt- angst einflößend wirken mit seinen ganzen Muskeln und seinen 2,12 M Körpergröße. Neben ihm wirken wir wie kleine Kinder. Man kann mit ihm aber auch viel Spaß haben.
"Aron, nicht einschlafen. Wir sind bereit da." Ich gebe nur ein grummeln als Antwort. So früh bin ich noch nicht zurechnungsfähig, das sollte Ben unser Manager aber wissen. Ein Blick auf mein Handy verrät mir das es erst halb elf ist. Also noch viel zu früh. Ben wartet vor dem Studio schon ungeduldig auf uns und straft mich sofort mit seinen Todesblick.
Wir kamen anscheinend noch gerade rechtzeitig, denn wir mussten nicht warten, sondern sollten gleich auf die Bühne. Der Moderator, ein Mann um die 40 mit Cap und Schlabberlook, erwartet uns schon. Anscheinend will er auf jung machen, damit die Jugend von heute ihn beachtet, aber er schaut nur lächerlich aus. Fröhlich begrüßt er uns und meint das wir es uns auf der Couch bequem machen können. Danach fängt er mit einem Smalltalk an, frägt uns aber neben bei nach den wichtigsten Neuigkeiten aus .
"also Marco, ist eigentlich etwas dran an den Gerüchten das du wieder eine feste Freundin hast" Freundinnen sind ja immer beliebte Themen bei Interviews. "ja, Ich bin seit drei Wochen mit ihr zusammen" Laila, immer wenn er von ihr spricht leuchten seine blauen Augen, wie auch jetzt auf. "verrätst du uns ihren Namen?" der Moderator beugt sich leicht vor, so als würde er gleich ein großes Geheimnis erfahren. Marco beugt sich ebenfalls leicht vor und antwortet. "Nö"
Das Gesicht des Typen ist einfach nur unbezahlbar. Fabian geht es anscheinend genauso, wir versuche unauffällig uns ein Lachen zu verkneifen. Nachdem er sich wieder etwas gefasst hat, geht die Fragerei weiter "nun ja. und wie sieht es bei dir aus Fabian? immer noch glücklich mit Sofia?" Breit grinsend antwortet dieser "ja natürlich. Jemand besseres als sie werden ich nie finden" alle sind so glücklich verliebt. Solange sie mich nicht mit irgendeinem Fan verkuppeln wollen ist es mir aber auch egal.
"und bei dir Ikarus. Immer noch der Herzensbrecher? oder hat es inzwischen ein Mädchen geschafft den Eisklotz in deiner Brust dem manche Ärzte "Herz" nennen auf zu tauen?" Ikarus ist mein Künstlername. Meinen Richtigen kennen nur ein paar Leute, hauptsächlich meine engsten Freunde, ein Familie hab ich ja nicht mehr.
"Jap, das hat sich bisher noch nichts geändert. wird wohl noch eine Weile dauern bis das passiert. Du bist aber der erste der es dann erfahren würde." Fernsefutzis lieben es wenn man so etwas sagt, wenn es nach mir geht würde ich dem Typen nie wieder sehen. Aber leider ist Ben mein Chef und er hat das zu entscheiden. "wird es nicht langsam zeit für eine feste Beziehung? immerhin bist du inzwischen 19.《 ja und übernächste Woche 20, ich bin schon ein alter Sack. Sarkasmus pur. "Nein denke ich nicht. Ich warte einfach noch auf die Richtige. Wie kommen Sie eigentlich auf mein Alter?"
"das hast du letztes auf einem Bock veröffentlicht. Warum machst du eigentlich so ein Geheimnis um deine Person und deiner Vergangenheit? Über deine Bandkollegen weiß man fast alles, von ihrer Blutgruppe über ihre Idole in der Jugend bis hin zu ihren Wünschen für die Zukunft. Von dir weiß man aber gar nichts. Weder über Idole oder Hobbys noch etwas über deine Familie. Schämst du dich so für sie, das du sie der Öffentlichkeit zeigen willst?" Autsch, das ist eigentlich ein tabu-Tema und das sollte er eigentlich auch wissen. "ich will einfach nicht das ein Andere irgendwas über mich weiß und dann schon denkt das er mich kennt, das er mich durchschaut hat oder sonstigen Blödsinn und was meine Familie betrifft... ich habe meine Gründe dafür, sie nie zu erwähnen." langsam werde ich sauer. Immer wieder die selben Fragen, immer wollen sie etwas über meine Vergangenheit wissen. Sie bemerkte gar nicht wie schmerzhaft es ist nur daran zu denken. Nicht einmal die Jungs kennen die ganze Geschichte, ich wollte es ihnen schon einmal erzählt, habe mittendrin aber abgebrochen. Sie wissen aber das wichtigste und den Rest können sie sich zusammen reimen.
"sind sie so hässlich das sie Tüten auf setzen müssen oder haben sie peinliche Berufe wie Mülleinsammler oder hasst du sie weil sie dir dein ganzes Geld abluchsen wollten und du jetzt keinen Kontakt mehr zu ihnen hast oder...-" jetzt reicht es mir. egal was Ben immer sagt, das wird mir jetzt zu viel.
"Sie wissen doch rein gar nix. Ich habe sie geliebt und ich hätte sie auch gerne der Welt vorgestellt, doch sie wurde mir alle weggenommen.... meine Eltern sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen.... und meine kleine... ist auch fort..."
Ich bin aufgesprungen und auf dem Typ einen Schritt zugegangen. Er wirkt leicht überrascht das ich so reagiere, aber auch verängstigt, was bei meiner momentanen Stimmung verständlich ist. als ich geendet hab drehe ich mich auf dem Absatz um und laufe von der Bühne runter. Einfach nur weg von hier. Ich höre noch wie jemand von der Coach aufstehen und mir nachrennt.
Ich ignoriere das aber gekonnt und bleib erst in irgendeinem leeren Aufenthaltsraum stehen. nachdem ich die Tür verschlossen hab und sicherheitshalber noch einen Stuhl unter die Klinke gestellt hab beruhige ich erst einmal meine Atmung. Ich lassen mich gegenüber der Tür an der Wand entlang zu Boden gleiten. unten angekommen ziehe ich meine Bein an und vergrabe meinen Kopf in meinen Armen die ich auf meinen Knien ablege. Langsam fließen die ersten Tränen.
Ich dachte ich wären über ihren Verlust hinweg und würde nicht mehr weinen. Ich dachte ich könnte endlich meine Vergangenheit hinter mir lassen und von vorne anfangen. endlich ein normales Leben führen. endlich meine vielen Pflegefamilien, die nur nach meinen Geld aus waren vergessen. endlich ein Zuhause haben in dem ich wirklich willkommen bin.
irgendwann höre ich das die Tür aufgebrochen wird und spüre das mich starke Arme umarmen, ich rich Fabians Aftershave. anscheinend war er es der mir vorhin nach gelaufen ist und Karl gesagt hat das ihm die Tür im weg ist. noch immer schaue ich nicht auf und weine einfach weiter. Marco gesellt sich nach einer weile auch zu uns auf dem Boden und legt eine Hand auf meine Schulter vermutlich hat er Ben noch beruhigen müssen. irgendwann hab ich mich dann endlich beruhigt und schimpfe mich innerlich einen Vollidioten hier in der Öffentlichkeit rum zu heulen. Ich wische mir die Tränen aus dem Gesicht und stehe auf. Mit dem Versuch mir nicht anmerken zu lassen wie scheiße es mir geht lächele ich ihnen entgegen. "geht's wider?" Fabian wirkt immer noch leicht besorgen und erwartet anscheinend das ich jeden Moment wider zusammen breche. "ja es geht wider. Wo ist hier eigentlich das nächste Bad, damit ich mich herrichten kann? Oder soll ich mit gerötete Augen meinen Fans und der Welt entgegen treten." Witze ich etwas herum, um es glaub hafter rüber zu bringen.
"den Gang links entlang und die dritte Tür links. Ich birgt dich aber besser hin, dein Orientierungssinn ist ja nicht unbedingt der beste" Fabian springt auf und läuft zu der ehemaligen Tür, diese hängt nur noch in Trümmern in der Angel. als er an mir vorbei geht steckt er mir noch die Zunge raus, was ich mit einem leichten Schlag auf seiner Schulter quittiere. Marco hat inzwischen sein Handy raus geholt und tipp irgendwas ein, vermutlich schreibt er wider mit Laila.
am Klo angekommen spritze ich mir erstmal kaltes Wasser ins Gesicht. danach betrachte ich mich im Spiegel.die kantige Gesichtsform hab ich von meinem Vater, ebenso wie meine hellblauen, fast schon türkisen Augen. die gelockten hell braunen Haare habe ich von meiner Mutter. Ich sehe ihnen so ähnlich. ebenso wie meine Schwester mir ähnlich sieht. besser gesagt sah, ich habe keine Ahnung wie sie jetzt ausschaut. Sie hatte nur noch hellere Haare als ich, mit einem leichten rotschimmer und die grüne Augen unsere Mutter. Wie ich sie vermisst. Ich vermisse sie alle.
"du fängst jetzt aber nicht wider an zu heulen oder?" Fragt mich Fabian, den ich fast vergessen habe.
"Nein. Ich hab mir nur überlegt wie ähnlich ich meinen Eltern sehe." Antworte ich mit einem wehmütigen lächeln.
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Tränen der Musik
Short Storynach einen Autounfall ist nichts wie es einmal war. meist ist aber das was danach kommt schlimmer für die verbleibenden, als der kurze Augenblick, in den sie alles verloren haben.