Anna

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Sie läuft die Treppen hoch zu ihrem Klassenzimmer, sie hatte gerade Physik und ausnahmweise verstand sie, um was es geht. Für sie war das ein Wunder, denn Physik lag ihr einfach nicht.
Ihren Rucksack legt sie zusammen mit ihrer Jacke auf den Boden, sie begibt sich zum Geländer, das einen Blick auf die Eingangshalle der Schule freigibt. Ihren Blick stehts auf den Boden unter dem Geländer gerichtet, atmet sie, leise und stoßweise.

"Alles okay? Du überlegst aber nicht runter zu springen, oder?", sagt die Stimme, die zu der Person neben ihr gehört. Ohne den Blick abzuwenden weiß sie, dass es ihre Freundin ist.
Nein, das habe ich nicht vor.
Sie versucht ihren Kopf zu schütteln doch sie kann es nicht. Sie ist sich fast sicher, dass es stimmt, dass ihre Vermutung stimmt.

Ihr Rucksack wird mit samt der Jacke von ihr aufgehoben und sie begibt sich in das Klassenzimmer, das soeben von ihrer Leherin aufgeschlossen wurde. Ihre Beine tragen sie langsam zu ihrem Stuhl, ohne irgendjemand anderen wahrzunehmen. Das Mathebuch, das Matheheft und der Taschenrechner wird von ihren Händen mit perfekt lackierten, schwarzen Nägeln auf dem Tisch platziert. Doch sie kommt einfach nicht von ihrem Gedanken los. Sie ist sich so sicher.

"Die Hausaufgaben werden wir später vergelichen, ihr macht die Aufgaben an der Tafel.", nachdem ihre Leherin die Aufgaben an die Tafel schreibt, verlässt sie den Raum. Der Leher, der in der Klasse nebenan unterrichtet, weißt sie darauf hin, ruhig zu sein, sonst gäbe es Konsequenzen.

Sie denkt nicht, dass das irgendetwas mit ihr zu tun hat, denn sie ist eine gute Schülerin und hählt sich immer an Regeln. Immer.

Auf der Seite 111 sieht sie sich die Aufgabe 11 an, sie soll berechnen, ob ein LKW durch einen Tunnel passt. Sie nimmt ihren neon pinken Füller und spielt mit ihm in ihren Händen. Ihre Finger bewegen sich immer schneller und schneller, um den füller nicht auf den Tisch fallen zu lassen. Sie wusste, dass es hektisch und verrückt ausieht, doch ihre Finger hörten nicht auf, den Füller zu umschließen und ihn wieder loszulassen.

"Anna?", die Stimme kommt von dem Mädchen, dass neben ihrer Freundin sitzt.

Ein Schluchzen, ein kleines, leises Schluchzen kommt aus Annas Mund. Den Blick richtete sie auf die Rückenlehne des Jungen vor ihr.

"Anna?", fragt sie nocheinmal.

"Anna?", kommt jetzt noch die Stimme eines Mädchens dazu, dass auch in der selben Reihe wie sie sitzt. Dieses Mädchen war heute,im gegensatz zu jedem anderen Tag, ungeschminkt und sie sah wunderschön aus ohne Schminke. Aber würde Anna sagen, was Anna denkt würde das zweite Mädchen das Kompliment falsch aufnehmen. Sie weiß es.

Anna atmet hörbar ein und aus, das ist das Einzige, worauf sich Anna kontzentriert. Ein und aus, ein und aus, ein und aus...

"Anna? Was ist los?", fragt das erste Mädchen.

"Lass sie, sag einfach nichts.", beantwortet ihre Freundin die Frage des ersten Mädchens. Denn Annas Freundin weiß, dass man Anna am besten nicht anspricht oder anfäßt. Anna ist ihrer Freundin dafür dankbar, denn sie selbst kann nichts sagen, sie atmet.

Annas Atem wird schneller und lauter. Sie spürt, wie sie den Tränen nahe ist. Und die Stimmen um sie herum helfen nicht, es besser zu machen. Sie fühlt sich so, als ob alles in Watte gepackt ist und die Stimmen Kilometer entfernt sind.

"Anna, gehts dir gut?"
Offensichtlich nicht, oder sehe ich so aus?!

Heiße Tränen laufen Annas Wangen hinunter. Immer mehr Schluchzer entwischen ihrem Mund.Sie hählt das nichtmehr aus, der Stuhl auf dem sie sitzt wird von ihr zurückgeschoben und erst als sie durch die Tischreihen mit den anderen Schülern läuft, merkt sie, wie schwach sie das ganze Atmen gemacht hat. So schwach, dass sich ihre Beine wie Pudding anfühlen, so als wäre ihr Körper zu schwer führ ihre Beine, so als würde sie jede Sekunde umkippen.

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