5. Zaubertränke

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Mit hängendem Kopf verließ Harry den Klassenraum von Professor McGonnagal. Hatte er gestern wirklich gedacht, dass er gut in Verwandlung war? Harry fragte sich, woher er diese falsche Überzeugung gehabt hatte. Sogar in der Bibliothek war ihm kein Spruch gelungen. Warum war er also mit der festen Überzeugung schlafen gegangen, dass er es schaffen würde? Die Prüfung war ein Desaster gewesen. Sie hatten ein Stück Pergament in eine Feder und dann in eine Taube verwandeln müssen. Harry hatte nicht einmal den ersten Schritt geschafft. Sogar Ron, der eigentlich eine Niete in Verwandlung war, hatte bestanden. Er hatte die Feder zwar in einen Wellensittich verwandelt aber es war immerhin ein Vogel gewesen.

Doch das schlimmste war nicht, dass er durchgefallen war, sondern, dass Professor McGonnagal ihn nach der Stunde noch zu sich gerufen hatte, um mit ihm über seine aktuellen schulischen Leistungen zu sprechen. Harry wusste selbst, dass er sich verschlechtert hatte aber das bekam er wieder hin. Er brauchte keine dämliche Nachhilfe. Wegen dem Nachsitzen bei Professor Snape hatte er doch eh kaum Freizeit. Genervt fiel Harry auf, dass er nur noch Pech in den letzten Wochen hatte.

Frustriert trat er gegen das Treppengelände nur, um sich kurze Zeit später fluchend über den Fuß zu reiben. Er hatte völlig vergessen nochmal zu Madam Pomfrey zu gehen, um einen Heiltrank abzuholen. Die Prellungen vom Unfall waren noch nicht ganz abgeheilt.

„Gehts dir jetzt besser, Harry?", fragte Ginny, die an der Treppe angelehnt stand und ihn amüsiert betrachtete. Er musste ein klägliches Bild abgeben.
„Ein wenig" gab er zu.
„Wie war dein Date gestern?", fragte Ginny grinsend.
„Mein was?"

Harry hatte nicht die leiseste Ahnung wovon sie sprach. Er hatte sich nach Cho nicht mehr mit einem Mädchen verabredet und das war beinahe ein Jahr her gewesen. Er wusste auch überhaupt nicht wer dafür infrage kommen würde. Ginny grinste weiterhin wissend und Harrys Kopf begann zu rattern. Ginny meinte doch nicht seine Begegnung mit Malfoy in der Bibliothek oder doch? Wenn das der Fall war, war sein Leben vorbei. Harry mochte Ginny. Sie war lustig und man hatte Spaß mit ihr, doch sie konnte kein Geheimnis für sich behalten. Hermine hatte eine Woche nicht mit Ginny gesprochen, nachdem sie Ron erzählt hatte, dass sie mit Krum rumgeknutscht hatte.
Wenn sie wusste, dass er und Malfoy taten was auch immer sie gerade taten, könnte es sich nur um Tage handeln bis die ganze Schule davon erfuhr.

„Komm runter, Harry. Du siehst ja aus als hättest du eine Leiche gesehen. Hermine hat mich gefragt, ob ich mich gestern mit dir getroffen hatte und als gute Freundin habe ich dich natürlich gedeckt."
Seit wann war er so paranoid?
„Danke, aber es war kein Date."
„Erzählst du mir was es dann war? Uns fehlen fünfzig Hauspunkte und ich bin mir sicher, du hast etwas damit zu tun."

Harry war ein wenig beleidigt, dass sie ihn gleich verdächtigte.
„Ein anderes Mal okay? Ich muss mich beeilen, wenn ich noch rechtzeitig zu Zaubertränke kommen will."
Nicht ganz überzeugt nickte Ginny und ließ ihn gehen. Harry wusste, dass sie dieses Gespräch später in Gemeinschaftraum vorsetzten würden, aber bis dahin hatte er genug Zeit sich eine Ausrede einfallen zu lassen. Er konnte ihr kaum erzählen, dass er Malfoy gesucht hatte, um das was in der Bibliothek passiert war, vorzusetzen.

Die Tür zu Slughorns Klassenraum war geschlossen. Er klopfte und betrat dann den Raum. Die Aufmerksamkeit seiner Mitschüler lag augenblicklich auf ihm. Harry fragte sich, warum es so verdammt interessant war, wenn jemand ein paar Minuten zu spät kam.

„Harry, mein Junge du bist ein wenig zu spät", sagte Professor Slughorn lachend als hätte er einen Witz erzählt. Einige der Schüler fielen in das Gelächter ein. Nicht, weil es lustig war, sondern, weil das die beste Möglichkeit war sich bei Slughorn einzuschleimen.
„Ich hatte noch ein Gespräch mit Professor McGonagall", erwiderte Harry und suchte den Raum nach einem freien Platz ab.

Normalerweise saß er neben Ron in der vorletzten Reihe, da Dean aber mit einer Grippe im Krankenflügel lag (was nach dem Quidditchspiel am Samstag auch kein Wunder war) hatte Seamus sich auf seinen Platz gesetzt. Seltsamerweise fehlte der Tisch von Dean und Seamus. Professor Slughorn musste ihn weggezaubert haben, um mehr Platz im ohnehin schon kleinen Raum zu schaffen. Im gesamten Klassenraum war jetzt noch ein Platz in der zweiten Reihe frei und wie das Schicksal es wollte, war er neben Malfoy.

Harry schob seine Gedanken beiseite und marschierte auf den freien Platz zu. Er setzte sich und Malfoy räumte widerwillig seine Bücher zusammen, die zuvor über den ganzen Tisch verteilt lagen.

„Wer möchte Harry erklären, was wir in der heutigen Stunde machen?"
Einige Hände schossen in die Höhe, doch Slughorn entschied sich wie immer für Hermine. Harry hatte noch nie einen Lehrer gehabt, bei dem es so offensichtlich war, wer seine Lieblinge waren. Harry gehörte auch dazu. Jeder andere Schüler hätte bei einer Verspätung eine Standpauke erhalten.
„Wir brauen den Lecixas Ari. Die Basis besteht aus Diestelöl und Hibikuswurzeln."
„Es ist ein Stärkungstrank. Hatten wir schon im vierten Jahr bei Snape. Das Rezept steht im Buch, ist recht einfach", flüsterte Malfoy ihm zu und er dankte ihm innerlich. Hermine war brilliant aber sie hatte kein Talent dafür sich kurzzufassen.

Harry blendete ihre Stimme, die nun ausführlich die Wirkungen, der Zutaten erklärte aus und widmete Malfoy seine Aufmerksamkeit. Er kritzelte auf einem Stück Pergament herum und stützte seinen Kopf mit einer Hand. Als Harry ein Blick auf das Pergament werfen wollte, drehte Malfoy es um. Harry verdrehte die Augen und sah zurück zur Tafel. Hermine war mittlerweile fertig geworden und ihre Mitschüler begannen die Zutaten für den Trank herauszusuchen.

Als Harry den Trank beinahe fertig gebraut hatte, atmete der erleichtert aus. Jetzt sollte er einige Minuten ziehen, dann musste Harry elf Tropfen Salamanderblut hinzufügen und der Trank war fertig. Im Rezept standen zwar zehn Tropfen aber er vertraute den Anweisungen des Halbblutprinzen mittlerweile mehr als dem Buch.

Während Harry wartete, bemerkte er, dass Malfoy ihn aus den Augenwinkeln aus beobachtete, wenn er dachte Harry würde es nicht merken. Harry musste grinsend feststellen, dass Malfoy mindestens genauso auffällig war wie er selbst.

Als der Trank anfing zu dampfen, löschte er das Feuer und fügte das Salamanderblut dazu. Es zischte und die Flüssigkeit verfärbte sich in ein sattes lila. Harry lehnte sich zufrieden zurück. Er war sich sicher, dass nicht einmal Hermine es so gut hinbekommen hatte.

„Seit wann kannst du brauen?", fragte Malfoy plötzlich und studiere den Inhalt in Harrys Kessel.
„Ich war schon immer gut und du hast doch selbst gesagt, dass der Trank einfach ist", log Harry. Das Buch des Halbblutprinzen war sein Geheimnis und er hatte nicht vor es mit jemand anderen zu teilen. Er brauchte immerhin ein Fach, in dem er ohne großen Aufwand bestand.

„Einfach, wenn man ansatzweise Talent hat. Alleine letztes Jahr hast du fünf Tränke explodieren lassen. Ich hab mitgezählt", erwiderte Malfoy trocken.
„Harry, das sieht ja wieder wunderbar aus", sagte eine dröhnende Stimme hinter ihm.
„Etwas anderes habe ich nicht erwartet! Zehn Punkte für Gryffindor", fügte Professor Slughorn breit grinsend hinzu.
Malfoy, dessen Trank exakt aussah wie sein eigener ignorierte Slughorn. Malfoy schnaubte abschätzig, als Slughorn nun dabei war Hermine zu loben.
„Ich kann ihn auch nicht leiden", flüsterte Harry. Er wusste nicht, warum er den Drang hatte sich zu erklären aber aus irgendeinem Grund wollte er nicht, dass Malfoy dachte ihm gefielen die Sonderbehandlungen.
„Ich vermisse Snape", erwiderte Malfoy und Harry verzog das Gesicht als er wieder an das
Nachsitzen denken musste.

Als der Unterricht vorbei war, packte Harry schnell seine Sachen zusammen, um den Raum zu verlassen, bevor Slughorn noch auf die Idee kam ihn für ein weiteres Treffen des Slugclubs einzuladen. Harry wusste, dass er den Lehrer eigentlich nicht meiden sollte, da er noch die Erinnerung von ihm bekommen musste. Allerdings hatte er den Plan immer wieder verschoben, doch ab der nächsten Woche würde er sich damit beschäftigen. Diesmal wirklich.

good luck, potter | drarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt