Kapitel 7 ~ Freunde?

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PoV Leon

Ich hatte die Nacht bei Caspian und Erik in der Villa verbracht. Mein Zimmer dort war immernoch so, wie ich es verlassen hatte und es hatte sich gut angefühlt, Zeit mit meinem Bruder zu verbringen.
Dennoch konnte ich nicht zu lange weg bleiben. Ich vermisste Ron auch wenn ich öfters ernsthaft mit dem Gedanken spielte ihm eine reinzuhauen.
Es grenzte fast an ein Wunder, dass wir uns noch nie an die Gurgel gegangen waren, seit wir zusammen waren.
Auf dem Weg nach Hause spürte ich einen Druck auf den Augen und im Kopf, sodass ich verwirrt stehen blieb und meine Hand an die Kette an meinem Hals wanderte.
Dieses Gefühl hatte ich schon lange nicht mehr gehabt. Seit ich ein Dämon war nur einzelne Male.
Manchmal war eine Zukunftsvision einfach so intensiv und stark, dass nicht mal mein Dämonendasein und die Zauberkraft von Rons Kette sie aufhalten konnten.
Allerdings musste ich gestehen meine Kräfte selbst jetzt, nach so vielen Jahren, noch immer nicht kontrollieren zu können.
Ich wusste, irgendwann musste ich mich dem stellen.
Aber irgendwann war definitiv nicht jetzt.
Ich ging weiter und ignorierte das leichte Flimmern vor meinen Augen.
Nur noch um die Ecke. Ich hätte nur noch um die Ecke gemusst, dann wäre ich auf unserem Grundstück gewesen.
Aber nach wenigen Meter konnte ich kaum noch geradeaus sehen und bog halb blind in eine kleine Seitenstraße ein, schloss die Augen und drückte meine Hände gegen die Schläfen.
Neben einem Müllcontainer ließ ich mich zu Boden sinken. Es fehlte mir gerade noch, dass mich jemand so sah. Unwillkürlich fing ich an Bilder zu sehen, Szenarien, die noch nicht geschehen waren und hörte Worte, die noch nicht gesprochen wurden.
"Wenn mein tot der Preis für deine Freiheit ist, bin ich gewillt diesen Preis zu bezahlen." sagte Erik brüchig, er versuchte dabei zu Lächeln, aber eine Träne lief über seine Wange.
Ich drehte den Kopf weg, in der Hoffnung es würde aufhören. Die Kopfschmerzen trieben mich fast in die Ohnmacht.
"Wir hätten es nicht verhindern können. Nicht einmal du. Sie hat diesen Weg gewählt. Sie starb mit dem Wissen ihn zu retten. Ehre das."
Ich spürte wie eine Träne über meine Wange lief. Todesversionen waren mir nicht fremd, gerade für diese Art Zukunft schien ich sehr anfällig zu sein. Allerdings konnte ich nicht sagen, ob die Tränen von dem kamen was ich sah oder von meinen körperlichen Schmerzen.
"Wir haben nur noch diese eine Chance. Wenn es uns nicht gelingt zu ihm durchzudringen, wird er genauso verloren sein wie Jeremy."
Und plötzlich hörte es auf. Der Druck auf meinem Kopf verschwand, die Bilder verblassten, die Worte verstummten.
Im ersten Moment war ich nur dankbar dafür, dass es vorbei war, warum auch immer.
Dann öffnete ich die Augen und sah direkt in Leanders Gesicht. Seine Hand lag auf meiner Schulter und reflexartig zog ich die weg.
"Tut mir leid. Ich wollte dir nicht zu nahe treten. Ich war draußen und konnte deine Schmerzen fühlen. Alles in Ordnung?" Er klang wirklich besorgt, seine großen Augen musterten mich aufmerksam als ich aufstand und er wollte mir eine Hand reichen, schien sich dann aber doch nicht zu trauen und zog sie wieder zurück.
"Mir gehts gut, danke." sagte ich ohne in anzusehen und machte Anstalten an ihm vorbei zu gehen. Aber er stellte sich mir in den Weg.
"Ich will, dass du weißt, dass ich sehr froh bin, dass Ronald endlich jemanden gefunden hat. Die Gefährtenbindung ist heilig und selbst, wenn es nicht chancenlos wäre, würde ich es nie wagen, mich irgendwie dazwischen zu schieben. Ich kenne dich nicht. Du kennst mich nicht. Aber auch ich habe ein besonderes Band zu Ron und so wie ich deines zu ihm akzeptierte, bitte ich dich um den selben Gefallen. Vielleicht sollten wir uns kennenlernen. Und Freunde werden."
Leander klang bis zum letzten Satz sehr ernst, man hörte in seiner Stimme eindeutig die Jahre, die er schon gelebt hatte.
Beim letzten Satz allerdings breitete sich ein breites Grinsen auf seinem Gesicht aus, seine Augen strahlten fast und er verlor alles ernste. Es war fast unmöglich dieses Lächeln nicht zu erwidern.
"Vielleicht hast du recht. Komm, hier in der Nähe ist ein gutes Café."

Seher - Die GefährtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt