Kapitel 5 ~

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PoV Ronald

Leander trank kurz an dem Glas Wasser, welches ich ihm reichte, dennoch klang seine Stimme leicht kratzig.
"Nach unserem Streit war ich so sauer und verletzt. Ich dachte, du würdest empfinden wie ich." Schon bei diesen Worten wurde mir das Herz schwer. Ich war nicht darauf vorbereitet, mich mit Leander herumschlagen zu müssen, weswegen seine Worte mich wie Hammerschläge trafen.
"Ich weiß nicht mehr, wo ich hin gegangen bin. Jedenfalls hat mich jemand umgehauen und ich bin in diesem dunklen Raum aufgewacht. Zusammen mit deinem Vater." Bei der Erwähnung meines Vaters wurde ich sofort misstrauisch und stand auf, musterte Leander erneut. Vielleicht war es ein Trick? Eine Falle? Ein Zauber?
Er schien zu verstehen, was ich dachte und kurz blitzte Panik in seinen Augen auf.
"Ich arbeite nicht für deinen Vater, bitte glaube mir das. Bestimmt hat er etwas vor, sonst hätte er mich nicht jetzt rausgelassen, aber ich würde dich niemals verraten. Niemals." Ich glaubte ihm jedes Wort, aber nur weil Leander keine schlechten Absichten hatte, hieß das nicht, dass mein Vater nichts plante.
"Vermutlich hat er mich für einen bestimmten Moment gefangen gehalten, sonst hätte er mich nicht nach zweihundert Jahren Gefangenschaft gehen lassen. Ich war komplett isoliert, sogar den ersten Weltkrieg habe ich verpasst, so gut hatte er mich versteckt. Stell dir meine Verwirrung vor, als ich auf einmal vom zweiten hörte." Leander lachte kurz bitter auf.
"Ich weiß nicht, was er plant. Aber er hat bestimmt was vor." Ich musterte Leander. Er sah nicht schwer verletzt aus, aber da Leander als Dämon Kraft aus Schmerzen zog, konnten sie ihn wahrscheinlich auch nicht gefoltert haben.
"Haben sie dich verletzten? Hat mein Vater dich verletzt?" Leander sah zu mir hoch und sein Blick verschlug mir fast den Atmen. Er sah so verletzlich aus, dass es beinahe schmerzte.
"Nicht körperlich. Das konnten sie ja aufgrund meiner Fähigkeit nicht. Aber sie haben mich anders gefoltert. Ausgehungert. Drogen verpasst. Er hat eine Hexe, die deine Träume kontrollieren kann, so konnte ich nicht mal in den Schlaf oder die Ohnmacht fliehen. Körperlich haben sie mich nur selten verletzt. Einmal habe ich versucht zu entkommen. Dafür wurde ich bestraft." Leander hob seine linke Hand, an der der Ringfinger fehlte. Ich schloss die Augen und versuchte den Hass, den ich verspürte herunter zu schlucken. Jetzt loszustürmen und meinen Vater herauszufordern hatte keinen Sinn, auch wenn ich es gerne tun würde.
Mein Blick schoss nach oben, als ich bemerkte, dass jemand an der Türe stand.
Leon beobachtete uns und ich konnte seinen Blick nicht deuten. Aber ich spürte deutlich sein Missfallen.
"Entschuldige mich kurz." Ich ging ums Bett herum, schon Leon aus dem Zimmer und schloss die Türe hinter uns.
"Was ist dein Problem?" fuhr ich ihn gereizt an und er hob die Augenbrauen.
"Willst du mich verarschen? Ich sage dir, was mein Problem ist. Seit Tagen ignorierst du mich, weil du deinen Vater hinterher jagst wie ein Hund einem Knochen, ich sehe dich kaum noch, obwohl ich dein Gefährte bin und jetzt taucht Leander hier auf. Und Plötzlich ist er das Wichtigste. Scheinbar scheint ja alles wichtiger zu sein als ich. Immerhin liegt er ja jetzt auch in unserem Bett. Aber keine Bange, ich fahre gleich zu meinem Bruder und Crispin, mach dir keine Umstände."
Leon wollte sich abwenden und gehen, aber ich packte ihn am Handgelenk, zog ihn zu mir und drückte ihn mit meinem Körper an die Wand. Sofort überzog eine Gänsehaut meinen Körper. Er hatte recht, ich hatte ihn vernachlässigt und den Teufel würde ich tun, ihn jetzt so gehen zu lassen.
"Vergiss es, ich bin sauer auf dich." Leon versuchte mich wegzudrücken, aber seine Abwehr war schwach, und als meine Lippen kurz seine streiften, verschwand sie komplett.
"Tut mir leid. Ich werde Leander ins Gästezimmer bringen. Leonie kann nach ihm sehen. Dann holen wir nach, was ich die letzte Zeit versaut habe, okay?"
Kurz sah Leon mich noch trotzig an, aber ein Kuss auf den Hals reichte, um ihn zu besänftigen.
"Na schon. Beeil dich."

Seher - Die GefährtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt