Kapitel 3

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Ich hatte mich in die uralte Buche zum Schlafen hingelegt, die hinter unserem Haus stand. Schon als ich klein war und meine Trotzanfälle gehabt hatte, war ich immer zu dieser Buche gekommen um mich bei ihr über meine böse Mutter auszuheulen. Als sie mir mit 5 Jahren noch kein Pferd geben wollte. Irgendwann als wir kleiner waren, hatten Mari und Ich uns dort oben mit größter Mühe ein Nest aus Weidenrinden und Ranken und Gestrüpp gebaut. Wenn einer von Uns traurig war, kam er immer hierher.

Die halbe Nacht hatte ich nachgedacht, und mich auch nicht mehr bei meiner Mutter blicken lassen, ich hatte einfach keine Lust auf Gesellschaft gehabt. Zu viel irrte in meinem Kopf herum. Am bedrückendsten war jedoch diese eine Frage: Hatte dieser Typ gestern abend mich gesehen? Hat er gemerkt wie Anders ich aussah? Ich hatte für diesen einen Moment, in dem ich in seine Augen geblickt hatte, keine Gefühlsregung bemerkt. Sie hatten eine Seltsame Farbe, seine Augen… Noch nie hatte ich blaue Augen gesehen, es war einfach keine Farbe die bei uns vorkam.

Wie Alt mochte er gewesen sein? Nur ein, zwei Jahre älter als ich? Irgendwie hatte er mich fasziniert. Ausser den beiden Männern aus dem Dorf die manchmal vorbei kamen, hatte ich noch nie einen Typen gesehen, erst recht nicht in meinem Alter. Und obwohl er weit weg gestanden hatte, hatte ich doch Alle Einzelheiten bemerkt, wie als hätte ich durch ein Fernglas geschaut. Die Eisblauen Augen, das kantige Kinn, die breiten Schultern und braune, lässig verstrubbelte Haare. Ich ertappte mich dabei, wie ich darüber nachdachte, wie er wohl heißen mochte…

Fast hätte ich mich selbst geohrfeigt. Was waren das bitte für dämliche Gedanken? Männer waren doch nur dazu da, um die Nachfolgerinnen zu sichern. Jede Amazone angelte sich irgendwann ein möglichst gut aussehenden Typen, und verließ ihn dann, sobald sie schwanger war. Ganz schön hart für die Männer, wenn man so darüber nachdachte… Ich musste leicht kichern bei dem Gedanken, obwohl ich ,mich selber schon oft gefragt hatte, welche meiner Gesichtszüge wohl von meinem Vater stammten. Vielleicht die etwas zu buschigen Augenbrauen…?

„VANJA!“ rief jemand plötzlich, sodass ich fast aus dem Nest gefallen wäre. Seufz! Mutter!

Ich ließ mich fallen und hangelte mich in Sekundenschnelle den Baum herunter. Meine Mutter sah nicht sonderlich erbost aus, was mich echt erstaunte. Eigentlich kam es selten vor, dass ich einen Ganzen Tag und die Nacht weg blieb.

„Was gibt es Mama?“ fragte ich unschuldig.

„Ich muss dringend mit dir reden, es geht um den Auftrag. Kommst du?“

Ich spürte wie meine Hände schweißfeucht wurden. Okay, Durchatmen! Wir ließen uns an unserem kleinen Eichentisch nieder, dessen Oberfläche vom vielen Gebrauch schon sehr abgenutzt war.

„ookay, was gibt es denn so dringendes zu berichten?“ fragte Ich

„Ich habe den anderen noch nichts erzählt. Denn Ich möchte dass du gehst. Es ist Zeit für mich, dich ziehen zu lassen, das habe ich jetzt gemerkt. Es ist für dich auch besser, um dich auf die kommende Rolle als Anführerin vorzubereiten. Vielleicht hilft es dir, wenn du ein Mal ohne mich irgendwo bist. Ich weiß dass du an meiner Liebe zu dir zweifelst, aber sie ist da, mein Schatz! Aber halte dich von den Männern fern, sie würden dir nur das Herz brechen, wenn du dich auf sie einlässt. Morgen beginnen wir mit den Vorbereitungen.“

Mein Herz schien still zu stehen. Mir? Einfach so? Ich hatte Angst. Aber ich würde sie All nicht enttäuschen.

Unter den Zweigen der BäumeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt