#Kapitel 2.

449 27 7
                                    

Meine Nackenhaare stellten sich auf und ich verspürte einen überwältigenden Krampf im Magen. Nicht diesmal. Nicht jetzt. Sowie Taubheit meinen Körper übernahm, verliehen die schweren Tränen, die meine Wangen küssten, Panik und Verzweiflung Ausdruck. Es reicht...

Ich hatte es satt. Ich hatte es satt, in Angst zu leben. Ich hatte es satt, immer davon zu laufen. Und ich hatte es vorallem satt, mein Unterbewusstsein in einem giftigen Fluss aus Alkohol ertränken zu müssen, um mich zu retten. Letzten Endes musste ich mich meinen Ängsten stellen, um sie zu überwinden. Und ich wusste schon, wie ich das anstellte.

Ich zog mich langsam an der Couchlehne hoch. Jetzt oder nie.

„Verdammten Bastarde!“, kreischte ich und schlug blind drauf los. Etwas hartes stieß auf meine, zu einer Faust zusammengedrückten, Hand, sodass ich verdattert aufschrie. Ich wedelte mit meiner entfalteten Hand ein wenig in der Luft herum, wobei die Schmerzen immer dumpfer wurden. Und rieb mir mit den Handwurzeln die Augen, da es mir meine verklebten Wimpern erschwerten, etwas zu erkennen.

Schockiert stellte ich fest, dass ich gerade einem echten Menschen wahrscheinlich seine echte Nase gebrochen hatte. Krächzend saß der Verletzte nun da und wischte sich mit dem Handrücken das Blut von der Nase. Fassungslos sah er mit seinen himmelblauen Augen zu mir auf. Doch in dem Himmel in seinen Augen hatten sich schon Wolken gebildet. Ich ging ein paar Schritte auf ihn zu. „Heilige Schei…“, ich hielt mir sofort die Hand vor dem Mund. „Ich meine Schande. Geht’s?“ Ich bot ihm meine Hand an, doch dieser musterte sie erst skeptisch, bevor er sie annahm und sich nach und nach hochhievte.

„Was ist denn hier passiert?“ Sofort ließ ich die schwitzige Hand los und fuhr herum. Auf den darauffolgenden dumpfen Knall und weiterem Gestöhne, achtete ich schon garnicht mehr. 

Ich bekam einen kleinen, blonden Jungen zu Gesicht, der erst mich, dann die Person hinter mir irritiert anschaute.

„Yatty!“ Ein rosa Lockenkopf, dem die nervtötende Frauenstimme von vorhin gehörte, zog „Yatty“ sachte am Arm hoch. „Hast du sie belästigt, Yato?“, erkundigte sich der blonde Junge. „Natürlich nicht! Nur erschreckt…“, raunte Yato, der sich von Kofuku los riss und sich taumelnd in einen anderen Raum begab. „Geht’s dir soweit gut? Ach und ich bin Yukine.“ Ein schwaches Lächeln hob Yukines Mundwinkel, während er mir seine Hand zur Begrüßung hin hielt. Ich nickte zaghaft und schüttelte langsam seine Hand. „Ich denke schon... Äh... Ich bin Haruhi.“ „Und ich bin Kofuku!“ Das Mädchen mit den Locken warf sich um Yukines Hals und brach unseren Handkontakt. Ich rieb mir bedenklich den linken Oberarm und beäugte meine, noch immer nackten, Füße an. „Entschuldige für die Unannehmlichkeiten.“ Beide schauten mich mit einer fragenden Miene an. Ich wusste nicht, wie ich ihnen meine derzeitige Situation erklären sollte. Ich kannte sie nicht einmal. Und wenn meine Familie mir schon nicht glaubte, wie konnte ich das von Fremden erwarten?

Ich räusperte mich. „Ich… Ich kann.. und möchte das nicht wirklich erklären… Würde ein einfaches Danke reichen?“ Yukine und Kofuku tauschten einen Blick aus, nickten dann schließlich zustimmend. Erleichtert von der Verständnis, zierte ein Lächeln mein Gesicht. „Danke.“

Ihre bohrenden Blicke in meinem Rücken konnte ich nur schwer ignorieren, während ich mir nebenbei meine wohligen, warmen Socken überstülpte. Ich konnte es nicht ausstehen, angestarrt zu werden. So konnte man nämlich Vorurteile, und teils Hass, förmlich spüren. Aber der Luxus, unsichtbar zu sein, stand mir leider nicht zu Verfügung.

„Warte Haruhi! Ich hole dir schnell was zum über ziehen.“ Ich öffnete den Mund einen Spalt, um abzulehnen, doch Kofuku sprintete schon die knarrenden Treppen hoch. Ich wandte mich Yukine zu, fand mich aber wieder allein im Raum vor. Ich schlurfte im Schneckentempo in den nächsten Flur. Das alles kam mir so unwirklich vor. Als wäre das alles nur ein Traum und ich könnte jeden Moment aufwachen.

„Haruhi!“ Kofuku stand nach Luft  ringend im Türrahmen. „Draußen ist es ziemlich kalt. Du brauchst eine Jacke.“ Sie hielt mir eine schwarze Samtjacke hin. Ich hob die Augenbrauen. „Wow… Danke.“ Sie nickte keuchend. Geschwind schlüpfte ich in die weiche Jacke.

Plötzlich fühlte ich einen eisigen Windhauch um meine nackten Beine wehen. Yato stand mit einem Pflaster auf der Nasenspitze und einem Taschentuch in einem Nasenloch, an der offenen Haustür gelehnt. Den Blick in die Ferne schweifend, streckte er seine Hand in meine Richtung aus.

„Es ist dunkel und gefährlich draußen. Wir gehen zusammen.“

Be My MessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt