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Hastig stellte ich das Essen auf die Tische, als schon eine Gruppe von Soldaten in den Raum eintrat. Wir kamen gerade mit dem Schiff am Strand von Dünkirchen an, um die eingekesselten Soldaten hier zu evakuieren. Ich hatte die Aufgabe, mich um jeden in diesem Raum zu kümmern. Aber da es allen anscheinend gut ging, saß ich nun allein in der Ecke und wartete auf die Ankunft in England.

Eigentlich wollte ich nie hier sein. Aber ich musste. Meine Eltern sind bei einem Bombenangriff der Deutschen ums Leben gekommen, ich hatte kein Zuhause mehr, ich wusste nicht wohin. Einen Tag später erfuhr ich von der Evakuierung der Soldaten in Dünkirchen, und da ich nichts zu tun hatte, ging ich zum Staat und fragte, ob ich helfen könne. Nun saß ich also hier in dem überfüllten Raum.

,,Hey", sagte einer der Soldaten zu mir. Er hatte eine schöne und beruhigende Stimme, und wow, er sah verdammt gut aus.

Wohlgemerkt war ich hier die einzige Frau, aber da Engländer Frauen mit Respekt behandeln, machte es mir nichts aus. Erst recht nicht, wenn man von einem gut aussehenden Mann mit kurzen, braunen Haaren und schönen, grünen Augen angesprochen wird.

,,Hey", antwortete ich schüchtern.

,,Wie heißt du?", fragte er und setzte sich neben mich, was bei mir ein Kribbeln im Bauch verursachte.

,,Johanna, und du?"

,,Alex." Nach kurzem Schweigen sagte er: ,,Du bist sehr hübsch, weißt du das?"

,,D-danke", lächelte ich und wurde rot. ,,Das kann ich nur zurückgeben."

Er grinste, rutschte kaum merklich näher an mich heran und nahm dabei einen Schluck Wasser aus seinem Becher.

,,Wenn wir wieder Zuhause sind, hast du da vielleicht Lust auf ein D-", doch weiter kam er nicht, denn schon gab es ein gewaltiges Ruckeln und im nächsten Moment war aud einmal überall Wasser. Wir konnten noch rechtzeitig Luft holen, bevor der Raum komplett mit Wasser befüllt war. Es war stockdunkel und ich konnte gerade noch so den Umriss von Alex erkennen, welcher meine Hand nahm.

Vielleicht war es eine Sekunde. Vielleicht fünfzehn. Vielleicht auch vierzig. Jedenfalls fühlte es sich zwischen den Momenten wie eine Ewigkeit an. Zwischen dem Moment, als wir nach Luft schnappten und verzweifelt nach einem Ausgang suchten, und dem Moment, als endlich die Tür aufging und Licht herein strömte. Anscheinend begann das Schiff zu sinken, denn die Tür war über uns.

Alex, ich und die anderen schwammen zur Tür und Alex half mir aus dem Raum hinaus.

Als wir endlich über Wasser waren, schnappte ich nach Luft, und war erschöpft vom dem Anhalten meines Atems.

Es war dunkel hier draußen, aber da das Schiff brannte, konnte man dennoch etwas erkennen. Ich war in der Nähe von Alex, und vor uns sahen wir mehrere Boote, also schwammen wir zu denen, wobei Alex und die anderen Soldaten es leichter hatten, da sie Schwimmwesten trugen, trotzdem hielt ich mit.

Aber als wir an einem Boot ankamen, wollten sie uns nicht rein lassen.

,,Es sind schon zu viele hier drinnen!", rief einer der Personen auf dem Boot.

,,Ihr könnt uns doch nicht hier lassen!", schrie Alex.

,,Wir können euch nicht reinlassen. Ihr tragt doch Schwimmwesten, richtig? Das Wasser ist angenehm, lasst euch einfach bis zum Strand treiben!"

,,Ich habe aber keine Schwimmweste!", rief ich. Wie sollte ich mich treiben lassen, wenn ich mich kaum an der Wasseroberfläche halten konnte?

,,Dann halte dich an jemanden fest, der eine hat!", sagte er. Und schon fuhr das Boot weg.

Plötzlich war Alex neben mir und legte seine Arme um mich. ,,Mach die keine Sorgen, halte dich einfach an mich fest. Ich pass auf dich auf", sagte er leise, während ich meine Arme um seinen Nacken legte und mich an seinen Hals kuschelte.

Ich kannte ihn gerade einmal einen Abend, und schon hatte ich das Gefühl, seine perfekt geformten Lippen küssen zu wollen, für immer bei ihm bleiben zu wollen. Aber fühlte er auch das gleiche für mich? War die Vorstellung, mit ihm ein perfektes Leben nach dem Krieg zu führen, überhaupt realistisch? Würden wir es gesund nach England zurück schaffen oder werden wir vorher von den Deutschen gefangen genommen oder gar getötet?

Mit all diesen Fragen im Kopf wurde ich vor Erschöpfung ohnmächtig...

Dunkirk - a little fanfiction Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt