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Behutsam wurde ich wachgerüttelt. Alex war über mir, seine Hand lag sanft auf meinem Arm. Ich war nicht tot, er hatte also wirklich die ganze Zeit auf mich aufgepasst.

,,Wie geht's dir?", fragte Alex besorgt. ,,Du warst gleich in Ohnmacht gefallen, als ich meine Arme um dich gelegt habe."

,,Es geht mir gut. Ich schätze, es war nur die Erschöpfung", sagte ich, während ich mich aufsetzte und mich umsah.

Wir waren wieder am Strand. Neben uns waren zwei weitere Soldaten, welche sich gerade aufsetzten, wahrscheinlich sind sie auch ohnmächtig geworden. Der ganz außen hieß Tommy, das hatte ich bei einem Gespräch auf dem Schiff mitbekommen. Der andere hieß, glaube ich, Gibson.

Aus dem Augenwinkel nahm ich eine Bewegung wahr. Ein weiterer Soldat legte sein Gewehr und seinen Helm ab, bevor er auf das Wasser zuschritt.

Ich wollte schon aufspringen, doch Alex hielt meine Hand fest und schüttelte mit dem Kopf. Ich sah zurück und konnte gerade noch sehen, wie er im Wasser verschwand und nicht mehr auftauchte. Er war tot.

,,Warum hast du mich nicht gehen lassen? Warum hast du einfach zugeschaut, wie er sich umbringt?", fragte ich Alex.

,,Du hast doch gesehen, dass er nicht mehr leben wollte, er hat die Hoffnung aufgegeben", sagte er mitfühlend.

,,Aber man kann doch nicht einfach die Hoffnung aufgeben! Es gibt immer eine Chance zu überleben!", sagte ich.

,,Würdest du tage- oder wochenlang hungern wollen, nur um dann in Kriegsgefangenschaft zu enden oder sogar getötet zu werden? Er wahrscheinlich nicht, und ich kann ihn verstehen."

,,Aber-", er hatte recht. Soetwas würde ich auch nicht wollen. ,,Du willst es aber nicht tun, oder?"

,,Was?", fragte er.

,,Du weißt schon. D-dich umbringen", ich konnte es kaum aussprechen. ,,Du hast doch noch Hoffnung, oder?"

,,Um Gottes Willen. Natürlich werde ich mich nicht umbringen! Klar, ich habe auch keine Lust bei den Deutschen zu enden, aber dennoch will ich mein bestes für mein Land tun."

Tiefe Erleichterung durchströmte mich. Als er sagte, er würde den Soldaten verstehen, hatte ich kurz Angst, er wolle auch nicht mehr leben wollen.

,,Was wolltest du mich eigentlich auf dem Schiff fragen, bevor es untergegangen ist?", fragte ich nach einiger Zeit.

,,Oh..., ich..., ähm..., ist nicht wichtig", stammelte er nun plötzlich. Alex war knallrot, und es war verdammt süß.

,,Komm schon! Sag's mir!", forderte ich ihn auf.

,,Also, ähh, ich wollte dich nach einem Date fragen", murmelte er sehr leise und kratzte sich dabei am Hinterkopf, immer noch rot wie eine Tomate.

,,Wie bitte? Ich habe dich leider nicht verstanden", zog ich ihn auf, wurde aber selber rot.

,,Du hast mich schon richtig verstanden", grinste er jetzt.

Ich fröstelte, als auf einmal ein leichter Windstoß vom Meer aus kam. Alex und die anderen Soldaten mussten es warm in ihrer Kriegsuniform haben, ich hatte nur eine Bluse, eine dünne Hose und Schuhe an. Untypisch für Frauen in den 40er Jahren, ich wurde deswegen schon sehr oft blöd angeschaut auf der Straße, aber mir gefiel es, es war bequem.

,,Ist dir kalt?", fragte Alex mich.

,,Ein bisschen", antwortete ich.

,,Komm her", sagte er und breitete seine Arme aus. Das ,Komm her' war wohl eher überflüssig, denn schon schlang er seine Arme um mich und zog mich zu sich, sodass ich mich an ihn kuschelte.

Dunkirk - a little fanfiction Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt