Bria war gebrochen. Leere erfüllte sie. Emotionslos ließ sie die Prozedur der Notärzte über sich ergehen. Irgendwer hatte sie gerufen. Wer, das wusste sie nicht.
,,Wir sind da, wir können dir helfen" oder ,,Du hattest unglaubliches Glück" waren Sätze, die sie in den letzten fünf Minuten tausend mal gehört hatte.
Doch sie hatte kein Glück. Das Glück war ihr entwichen, in dem Moment, als sie die Wut gepackt hatte.
,,Wie heißen Sie?", fragte eine Frau sie und drückte ihren Arm, als die Trage ruckelnd in den Wagen gehoben wurde.
Bria schlug die Augen auf. Gleißendes Licht nahm ihr die Sicht und ließ ihre Augen schmerzen, sodass sie sie wieder schloss.
Sie wollte antworten, wollte ihren Namen nennen, aber sie konnte es nicht. Die Kälte in ihrem Körper übernahm die Kontrolle und drohte sie zu ersticken.
"Können Sie mich verstehen?" Die Stimme der Frau war sanft und mitfühlend, so als spräche sie mit einem verschreckten Tier. Doch das war Bria nicht. Bria war eine Leiche. Auch wenn ihr Herz Blut durch ihre Adern pumpte und ihre Lunge nach dem Sauerstoff ächzte, war Bria selbst... tot.
Das Leben hatte sie mit dem Tod ihres Bruders verlassen und sie sah keinen Weg jemals wieder schmerzfrei atmen zu können.
Schwärze umhüllte sie. Langsam schwappend erfüllte sie jeden Zentimeter ihres Körpers.
Bria wollte nicht mehr. Sie wollte nicht mehr kämpfen, nicht mehr fragen, nicht mehr denken. Erschöpft empfing Bria die Schwärze, denn Wärme schien zum ersten Mal in ihren Körper zurückzukehren.
Die Dunkelheit verschluckte sie und Bria ließ sich fallen.Als Bria wieder zu sich kam, war ihr Kopf in weißen, luftigen Kissen gebettet und es roch nach frischer leichter Luft. Mit pochenden Schmerzen in der Stirn schlug sie langsam die Augen auf.
Warmes Licht schien durch das geöffnete Fenster. Vorsichtig atmete Bria ein und zuckte zusammen, als ein stechender Schmerz in ihrer linken Schulter einsetzte.
Blütenweiße Bettwäsche bedeckte sie vom Kinn ab an und ihre Silhouette verschwamm mit der weißen Inneneinrichtung des Zimmers. Es war sauber und rein, aber auch die bunten Blumen an der Wand ihr gegenüber und die zahlreichen Kissen am Fußende des Bettes konnten das unnatürliche des Krankenhauszimmers nicht vertreiben.
Rechts von Bria stand der Beistelltisch, auf dem sie die Fernbedienung für den kleinen Wandfernseher erkennen konnte und nach links schottete sie eine schwere Tür von der Außenwelt ab. Von der Realität, die sie wie eine rauschende Welle zu überrollen drohte.Plötzlich war alles wieder da; der Schuss und der kleine, so unschuldig wirkende Fleck auf Arlos Schulter, und der leere Blick. Dieser leblose Ausdruck in seinem Gesicht.
Tränen überströmten ihr Gesicht und ein Beben erfasste sie, als ihr Herz explodierte.
Feuer erfasste ihre Adern und rauschte durch sie hindurch, aber es war ein anderes Feuer, als das sie in ihrer Wut zum brennen gebracht hatte. Das Feuer hat sie bestärkt und gefestigt, aber jetzt fraß es sie auf. Es zerstörte sie und Bria konnte nichts anderes machen, als bibbernd dazuliegen und sich dem Feuer hinzugeben.
Es ist meine Schuld! Hätte ich einen kühlen Kopf bewahrt, dann wäre er jetzt noch am Leben. Die Schuldgefühle waren gefundenes Fressen für den Tornado und ein Schmerzensschrei bahnte sich seinen Weg nach draußen.
Bria durchlebet den Tod ihres Bruders wieder und wieder. Im Augenwinkel nahm sie eine Bewegung war, aber sie konnte nicht sagen, ob es eine Erinnerung war oder Realität, zu tief war sie in die toten Augen von ihm gesunken.
Besonders mache ich mir Sorgen um die Kleinen. Hatte in dem Brief ihrer Mutter gestanden. Oh wie falsch du lagst, Ma. Mach dir nicht um uns beide Sorgen, mach dir Sorgen um deinen Sohn, der durch deine Tochter stirbt. Jedes Wort schmerzte, doch Bria wusste, dass sie war waren. Ihre Mutter hatte so viel geopfert und immer nur an ihre Kinder gedacht, aber sie hätte Arlo als Priorität setzen sollen. Nicht beide, nicht Bria.Eine Hand legte sich auf ihren Ellbogen und ein Blitz durchzuckte sie. Die Luft anhaltend, riss Bria die Augen auf. Sie war bereit Magnus mit kalten Gesicht vor sich zu sehen, sie war sogar bereit dem Teufel höchstpersönlich in die Augen zu gucken, aber sicherlich nicht diese sanften grauen Augen.
,,Wie geht es Ihnen?", fragte die Arzthelferin sanft. Ihr rotes Haar steckte zurückgebunden in einem lockeren Zopf und ihre runden Wangen bekamen zwei kleine Grübchen, als sie lächelte.
Bria antwortete nicht. Sie blickte nur auf das Namensschild, das an dem hellen Shirt steckte.
Luisa Ragnarøk
Sie hatte den Vornamen ihrer Mutter. Und obwohl der Name wahrlich keine Seltenheit war, traf es Bria doch mit voller Wucht.
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Don't forget about me!
RandomBria und Arlo sind nicht nur Geschwister, sie verbindet auch der gemeinsame Drang mehr über den Tod ihrer Mutter zu erfahren. Also machen sie sich gemeinsam auf nach Norwegen und begegnen nicht nur alten Verwandten, sondern auch gefährlichen Gegner...