Schneeflocken

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Als Bria am nächsten Morgen aufwachte, stand ihr Frühstück schon bereit. Wahrscheinlich war Schwester Luise da gewesen, denn ein hübsch verpacktes B aus Schokolade stand neben den zwei Scheiben Graubrot.
Brias Kopf brummte und ihre Gelenke schmerzten höllisch, die Schusswunde, welche mittlerweile nur noch von einem etwas kleineren Pflaster und einer Kruste bedeckt wurde, zwickte hier und da mal, war jedoch um Meilen besser als noch vor zehn Tagen.

Als ihr Blick auf die Zeitungsartikel fiel und das Gesicht von Magnus ihr entgegen starrte, erschauerte sie. Aber etwas anderes schien in ihr klick zu machen.
Wie konnte sie nur so doof sein? So richtig dumm und unglaublich? Sie hatte den Beweis schlecht hin um Magnus für alle Zeit hinter Gittern zu bringen, und den Mord an ihrer Mutter nicht nur zu lösen, sondern auch mit ihm abzuschließen und was tat sie? Hockte wochenlang in ihrem Krankenhauszimmer und machte einen auf Sherlock Holmes. Sie musste der Polizei den USB-Stick überbringen. Wie hatte sie nur jemals an dieser Tatsache zweifeln können.
Eifrig kramte sie nach ihrem Handy. Vor Erleichterung aufatmend strich sie über den Bildschirm und wählte die Rufnummer der Polizeistelle.

Wenige Minuten später zog sie sich gehetzt eine blaue Jeanshose und einen grauen Pullover an.
Ihre Socken hatte sie zwar seit zwei Tagen nicht mehr gewechselt, aber das war ihr herzlich egal. Sie schlüpfte in ihr Schuhe, klappte den Laptop zu und verstaute ihn zusammen mit dem USB-Stick in ihrem roten Rucksack. Als ihr Magen knurrte, griff sie nach den beiden Broten, wickelte sie in Taschentüchern ein und legte sie zu ihrem Laptop. Dann warf sie sich ihren Rucksack über die Schulter, schnappte sich das Schokoladen-B und lief zur Zimmertür.

Bria drehte sich noch einmal um und warf einen letzten Blick ins Zimmer. Sie hinterließ es so aufgeräumt wie möglich: das Bett war gemacht, die Zeitungsartikel und Notizen sorgfältig aufeinander gestapelt. Hoffentlich würde jemand sie entsorgen. Es lag weder Müll noch dreckige Wäsche herum.
Wehmut überkam Bria jedoch nicht, bei dem Gedanken ihren Zufluchtsort zu verlassen. Es war Zeit, dass sie sich ihrem Leben stellte.

Mit gestraften Schultern schloss sie die Tür, biss in die Schokolade und machte sich auf den Weg.
Es war leicht gewesen, die ersten beiden Etagen unerkannt hinunter zu kommen. Doch jetzt wo sie den Ausgang bereits sehen konnte und frische Luft ihre Lungen füllte, lief ihr ausgerechnet die Person über den Weg, die sie nie und nimmer übersehen hätte. Luise.
Ein Wimpernschlag hatte gereicht, um Bria klar zu machen, dass ihr Plan gerade eine gefährliche Biegung genommen hatte. Als Luises Blick ihren traf, rannte sie los.

"Bria!" Luises Stimme hallte durch den Raum und auch sie setzte sich in Bewegung.  Brias Tempo hatte nachgelassen über die Tage, die sie sitzend im Bett verbracht hatte, ihre Wille jedoch nicht.
Ihre Schritte hallten ebenso wie Luises Stimme. Mehrere Arzthelfer versuchte sie aufzuhalten, indem sie sich Bria in den Weg stellten. Immer wieder musste sie ausweichen, hielt ihren Blick aber immer auf die Ausgangstür gerichtet. Die Rufe vermischten sich zu einem undurchdringlichen Wirrwarr an Geräuschen und rückten immer mehr in den Hintergrund.
Das Einzige was zählte war, dass Bria hier heraus und zu ihrem Auto kam. Panik ergriff sie für einen Moment, als sie darüber nachdachte, ob das Krankenhauspersonal wohl die Türen schneller verriegeln konnte, als sie hindurch kam.
Glücklicherweise hatte Luise ihren Wagen auf den Krankenhausparkplatz gestellt und Bria die Schlüssel gegeben.
Diese umklammerte sie jetzt, als sie wie eine Geistesgestörte auf den Ausgang zu hielt. Kurz zuckten ihre Mundwinkel bei diesem Gedanken.
Ihre Hände krachten gegen die Glasscheibe und Bria drückte sie mit aller Kraft auf.

Kalter Wind biss ihr in die Wangen und zerrte an ihren Haaren. Sie hatte keine Ahnung wo ihr Auto stand und drückte einfach auf ihren Schlüssel. Das bekannte Klicken ertönte. Mit wehendem Haar sprintete sie in die Richtung.

Tatsächlich. Ihr kleiner Wagen stand einsam hinter einem schwarzen Bulli. Die Fensterscheiben war zugeschneit, aber die Tür ging auf.
Adrenalin raste durch ihre Adern, als sie sich auf den Fahrersitz fallen ließ. Er war noch für ihn eingestellt. Diese Tatsache drohte ein gewaltiges Loch in ihre Mauer zu reißen, doch sie verdrängte es.
Blitzschnell stellte sie den Sitz ein, drehte den Schlüssel um und startete den Motor. Es funktionierte nicht.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 16, 2021 ⏰

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