Hermine betrat die karge Zelle. Ihre Augen mussten sich erst an die Dunkelheit gewöhnen und so schweiften sie umher, um Draco Malfoy ausfindig zu machen.
Hinter ihr rumpelte der Riegel der Kerkertür, als das magische Schloss wieder absperrte und sie mit dem Gefangenen alleine ließ.
„Malfoy...?!"
Dann erspähte sie ihn auf einem großen Steinquader - auf Decken liegend hatte er es sich dort bequem gemacht. Draco schaute auf, sie erkannte seinen hellen Schopf in der Dunkelheit und wandte sich ihm zu.
„Granger, wie schön dich zu sehen", begrüßte er sie in süffisantem Ton und drehte den Docht der am Kopfende stehenden Öllampe ein wenig höher.
Hermine starrte genervt zur Decke.
„Malfoy, was ist es? Warum willst du ausgerechnet mich sehen?", ihre funkelnden Augen blitzten ihn jetzt gefährlich an.
„Nun ja, Potter wollte von mir wissen, wo Snape sich versteckt hält. Aber du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich es ihm verraten würde."
Malfoy schmunzelte.
„Er war kurz davor, den Cruciatus anzuwenden, um es aus mir rauszubringen."
„Das kann ich mir vorstellen, Malfoy, du hast eine unnachahmliche Art, Menschen auf die Palme zu bringen, insbesondere Harry", Hermines Stimme wirkte nun bedrohlich, ganz so, als würde sie selbst mit dem Gedanken spielen, Malfoy mit dem Cruciatus so lange zu foltern, bis er endlich das Versteck Snapes preisgäbe.
Malfoy erwiderte mit einem unverhohlenen, sarkastischen Lächeln auf den Lippen.
„Ja, aber ihr könnt diese Flüche nicht einsetzen. Eure angebliche Moral hält euch davon ab. Und weil meine Tante mir Okklumentik bis zu Perfektion beigebracht hat, werdet ihr es auch nicht anders aus mir rausbringen."
Hermine schluckte, er hatte Recht. Den unverzeihlichen Fluch konnten sie nicht anwenden und wenn Draco gegen jegliche Legilimens geschützt war, so würde auch dies nicht fruchten. Sie erinnerte sich, dass selbst Snape einst nicht in Malfoys Gedanken blicken konnte.
Es entstand eine lange Pause, in der sich die beiden ausgiebig musterten.
„Also Malfoy - schön und gut. Ich habe deine Einstellung verstanden. Du wirst uns nicht sagen, wo Snape sich versteckt. Und du hast mich kaum hergebeten, damit ich dich dennoch dazu überrede. Ich wiederhole also meine Frage: Sag endlich, warum du ausgerechnet mich sehen wolltest! Ich habe besseres zu tun, als dir in diesem armseligen Kerker Gesellschaft zu leisten."
Draco Malfoy erhob sich von dem Steinquader und sah Hermine nun stehend in die Augen. Diese wich unwillkürlich einen Schritt zurück, als er plötzlich nur wenige Yards vor ihr stand und obwohl sein rechtes Handgelenk über eine eiserne Kette mit einer großen, runden Öse an der Wand verbunden war.
Das Lächeln in seinem Gesicht wurde nun diabolisch und seine Stimme klang wie das Zischen einer Schlange.
„Ich will eure - oder besser gesagt deine Moral auf die Probe stellen, Granger."
Malfoy beobachtete sie genau, bevor er fortfuhr, ganz so als wolle er sie taxieren und bis ins Kleinste planen, was er nun sagen würde.
Hermines Gesicht nahm schon wieder den genervten Gesichtsausdruck an.
„Was meinst du, Malfoy?"
Dann endlich schoss er seine Breitseite ab.
„Ich werde euch Snapes Versteck verraten, wenn du mit mir schläfst", seine grauen Augen schienen bei den Worten im Dunkeln zu leuchten und wirkten noch diabolischer als zuvor.
Hermines Mund klappte auf, aber sie brachte zunächst kein Wort hervor.
„Wie bitte?", fragte sie schließlich stockend und durchbohrte ihn mit einem eiskalten Blick.
„Du hast mich schon verstanden!"
Seine Antwort kam trocken zurück.
„Malfoy, du spinnst wohl! Und außerdem hasst du mich genauso wie ich dich. Warum würdest du Sex ausgerechnet mit mir wollen? Mir, einem Schlammblut?", Hermine schüttelte ungläubig den Kopf.
„Oh, glaube nicht, dass ich es fordere, weil es mir Spaß machen würde", sein Lächeln wurde noch gemeiner.
„Und ich habe dir eben schon gesagt, warum ich es verlange: Ich will eure angebliche Moral auf die Probe stellen."
„Ich weiß nicht, wie du mit dieser unverschämten Forderung unsere Moral prüfen willst, Malfoy. Ganz im Gegenteil, ein derartig unmoralisches Ansinnen ist von vorneherein..."
„Granger, du bist doch sonst immer so aufgeweckt", unterbrach er sie.
„Muss ich es dir tatsächlich erst noch erläutern?"
Hermine starrte ihn nur verdutzt an.
Gespielt angestrengt atmete Malfoy tief durch.
„Nun gut - ich erkläre es dir. Ihr müsst Snape finden, um an den Dunklen Lord ranzukommen und ihn zu vernichten. Es ist eure letzte Chance, den Krieg noch zu gewinnen. Und ich bin der einzige, der euch dabei helfen kann. Ich weiß, wo Snape ist, doch selbst mit Legilimens werdet ihr es nicht aus mir herausbekommen. Es bleiben euch also zwei Möglichkeiten. Ihr foltert mich mit dem Cruciatus oder gar den noch widerwärtigeren Muggelinstrumenten, bis ich es euch gestehe oder aber ihr geht auf meinen Handel ein."